In den Tiroler Bergen erreicht die ÖVP wieder Ergebnisse jenseits der 80 Prozent.

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Die Österreicherinnen und Österreicher wählen immer seltener per klassischen Urnenwurf. Trotz deutlich rückläufiger Wahlbeteiligung gegenüber der Wahl 2017 – die Hochrechner gehen von Rückgang um fünf Prozentpunkte aus –, wurden so viele Wahlkarten beantragt wie nie zuvor. Die 1.070.933 Wahlkarten wurden bestimmt nicht alle rechtzeitig und korrekt ausgefüllt retourniert. Eines ist jedoch klar: Die reinen Gemeindeergebnisse werden – abgesehen von Wien – damit immer ungenauer, da Wahlkarten lediglich auf Bezirksebene ausgewertet werden.

Trends in traditionellen Hochburgen begeistern die Wähler dennoch jedes Mal. Nicht nur in der kleinsten Gemeinde Österreichs im Tiroler Außerfern – in Gramais – wollen die Menschen wissen, wer denn nun der einzige Nicht-ÖVPler war, der den Grünen seine Stimme gegeben hat – wobei die Person zumindest am lokalen Stammtisch "amtsbekannt" sein dürfte. Gramais holte sich damit jedenfalls den Titel ÖVP-Hochburg 2019. Vor zwei Jahren handelte es sich dabei noch um Hinterhornbach. Das liegt – Achtung, Überraschung! – ebenfalls in Tirol.

  • Spannend wird sein, ob die Wahlkarten auf Bezirksebene noch das eine oder andere Ergebnis kippen können. Bisher sieht es für alle außer der ÖVP nämlich ziemlich düster aus. Konnten Rote, Grüne und Blaue außerhalb Wiens 2013 noch fast 50 Bezirke für sich entscheiden, so waren es 2019 gerade einmal zwei oberösterreichische Bezirke, die noch nicht in türkiser Hand waren. Die türkise Welle überrollte die politischen Gegner vor allem auf dem Land. Dort holte man mit satten 46,7 Prozent fast eine absolute Mehrheit. In 646 Gemeinden legte man zweistellig zu. Mit 26,1 Prozentpunkten konnte man aber auch in den Städten um drei Prozent zulegen. In lediglich sechs Gemeinden konnte die ÖVP nicht die 20-Prozent-Marke knacken. Dabei handelte es sich vor allem um die grünen Wiener Hochburgen.

  • Der siebente Wiener Gemeindebezirk ist die zurückeroberte Hochburg der Grünen. Im Jahr 2017 stürzten sie in Neubau ab. Das damalige Minus von 20,3 Prozentpunkten holten sie am Sonntag zurück und bauten es sogar aus. Mit 37,5 Prozent (vorläufiges Wahlergebnis, zuletzt waren noch nicht alle Briefwahlstimmen ausgezählt) steigerte man sich um beeindruckende 25,4 Prozentpunkte gegenüber dem letzten Wahlergebnis. Für den Neubauer Bezirksvorsteher Markus Reiter ist das "geniale" Ergebnis ein Auftrag, bis zur Wien-Wahl im kommenden Jahr weiterhin "mutige Politik" zu machen, Straßenzüge zu begrünen und Maßnahmen gegen die Hitze zu setzen. "Das ist es, was die Bewohner wollen. Flächendeckend Tempo 30 wäre vor ein paar Jahren nicht möglich gewesen", sagt Reiter. Erster konnten die Grünen auch in voraussichtlich neun weiteren Bezirken werden. Damit führen sie in mehr Bezirken als irgendeine andere Partei. Montagnachmittag sah es so aus, als hätten die Grünen sich auch im zweiten Bezirk, der Leopoldstadt, den ersten Platz gekrallt. Mit 28,3 Prozent haben sie die SPÖ (27,6 Prozent) knapp überholt. Mit einem derartigen Ergebnis hat die dort amtierende Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) "nicht gerechnet", wie sie dem STANDARD sagt. Den Wahlerfolg sieht sie als Bestätigung der Arbeit im Bezirk. Was die Wien-Wahl betrifft, sieht Lichtenegger es als Auftrag, weiter stark auf Klima- und Umweltschutz zu setzen. Generell holte man in Städten dreimal so viel, nämlich knapp 20 Prozent. Auf dem Land bekannten sich diesmal immerhin 8,3 Prozent zu den Grünen.

  • Deutsch-Griffen blieb, wie vom STANDARD in seinen Vorwahlreportagen aus den Parteihochburgen vermutet, auch diesmal die FPÖ-Bastion schlechthin. Die 908-Einwohner-Gemeinde in Kärnten schrammte mit 48,9 Prozent am knappsten an einer freiheitlichen Absoluten vorbei. Die blauen Hochburgen liegen traditionell in Kärnten und Oberösterreich. So auch dieses Mal. Dazugewinnen konnte man lediglich in Jungholz und Raach am Hochgebirge. Auch Wien wurde für die FPÖ zum Debakel: In Simmering, dem einzigen Bezirk mit blauem Bezirksvorsteher, verlor die FPÖ 10,8 Prozentpunkte.

  • Die SPÖ kämpft an allen Ecken und Enden um ihre Wählerschaft. Ob jung, alt, urban oder ländlich: In den Städten wählt nur mehr etwas mehr als ein Viertel die Sozialdemokraten. Auf dem Land erreichte man diesmal nicht einmal mehr jede fünfte Stimme. In burgenländischen SPÖ-Hochburgen wie Draßburg oder Tschanigraben hielt man mit 52 beziehungsweise 56,8 Prozent noch die Absolute – die deutlichen Verluste dürften trotzdem schmerzen. In Wien, wo seit jeher die SPÖ den Bürgermeister stellt, war das Minus noch höher als auf Bundesebene. Den größten Verlust mit minus 15,8 Prozentpunkten verzeichneten die Roten in Neubau. Insgesamt ist die Wien-Karte seit 2017 wesentlich bunter geworden: Waren damals noch 19 der 23 Bezirke in roter Hand (vier in türkiser), so sind der SPÖ heuer zumindest elf Bezirke abhandengekommen – darunter Liesing und Penzing, die an die ÖVP gingen, und die Leopoldstadt, Wieden und Mariahilf, die grün wurden.

  • Die Vorarlberger Kleingemeinde Blons löste Matthias Strolz' Heimatort Dalaas als Hochburg der Neos mit mehr als einem Fünftel der Stimmen ab. Die 20-Prozent-Marke erreichten die Pinken beinahe auch in Mils bei Imst, wo sie nach wie vor ihren einzigen Bürgermeister stellen. Ansonsten war man wie immer in den Städten stärker als auf dem Land.

  • Jetzt, für die das Ergebnis relativ ernüchternd ausschaut, erreichte die bundesweit angestrebte Vierprozenthürde in gerade einmal sieben Gemeinden. 47-mal hingegen ging man komplett leer aus.

  • Die Bierpartei landete bei ihrem ersten Antreten in Wien mit einem Promille der Stimmen – oder halt 0,1 Prozent – und insgesamt 3.649 Stimmen (ohne Briefwahl) vor dem BZÖ, der CPÖ, der SLP und Gilt. "B'soffene G'schichten" sollte man Profis überlassen, hieß es. Man erreichte das historisch drittbeste Ergebnis einer europäischen Bierpartei. Unangefochten die Polish Beer Lovers, die 1989 3,3 Prozent erhielten, dicht gefolgt von Tschechiens Friends of Beer mit 1,3 Prozent. (Fabian Sommavilla, Oona Kroisleitner, 1.10.2019)