Foto: Standard/Riegler

Der Jö-Bonusclub von Rewe hat in den vergangenen Monaten ziemlich viel Staub aufgewirbelt. Daten- und Konsumentenschützer werfen dem Unternehmen vor, zu viele Daten zu sammeln. Das brachte Jö vergangene Woche auch einen Big Brother Award ein. Ein Entwickler will nun die Vorteile der Jö-Karte zur Verfügung stellen, ohne dass Nutzer ihre Daten preisgeben müssen – als Kritik an der Datensammlung des Kundenbindungsprogramms.

Karten fremder Jö-Mitglieder

Auf der Website Noe-Club.at des Entwicklers Roland Schütz werden über eine Web-App digitale Jö-Karten zur Verfügung gestellt. Die Idee: Nutzer können ihr Smartphone an der Kassa vorweisen, die fremde Jö-Karte einscannen lassen und Rabatte und Vorteile erhalten, auch wenn sie nicht Mitglieder sind. Die Karten stammen von anderen Nutzern und werden über die Web-App auf Zufallsbasis angezeigt.

"Daten sind nur wertvoll, wenn sie richtig sind", heißt es zur Erklärung auf der Website. Statt des Versuchs des "Datenminimalismus" ziele dieses Projekt auf "ein Maximum an Falschinformation". Indem man fremde Karten nutzt, soll das System quasi in die Irre geführt werden. Nutzer können auch ihre eigenen Karten einreichen, damit sie dem "Kartenlotto", wie es der Entwickler nennt, hinzugefügt werden können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Karten über die Mitgliedsnummern eindeutig Mitgliedern zuordnen lassen. Das Prinzip wird in einem (englischsprachigen) Video erklärt.

Pusher

Verstoß gegen Nutzungsbedingungen

Die Aktion erinnert an "Nocard", das vor einigen Jahren auf ganz ähnliche Weise gegen das Datensammeln vorgehen wollte und Nutzern Kundenkarten von Billa zur Verfügung stellte. Schon damals verwies Billa-Eigentümer Rewe darauf, dass die Nutzung fremder Kundenkarten gegen Nutzungsbedingungen und sogar das Gesetz verstoße.

Auch die Nö-Karte dürfte dem Konzern nicht schmecken. Zumal schon nicht akzeptiert wird, dass die Jö-Karte etwa zu Drittanbieter-Apps wie Stocard hinzugefügt wird. Dazu teilte das Unternehmen dem STANDARD vor einiger Zeit auf Nachfrage mit: Drittanbieter-Apps würden keine personalisierten Vorteile wie die Jö-Karte bieten. Im Sinn des Datenschutzes würde man zudem Daten nicht an Drittanbieter weitergeben.

Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kundenbindungsprogramms geht hervor, dass die Rabattpunkte – Ös genannt – nicht übertragbar sind. Die Vermittlung der Punkte ist ebenfalls untersagt. Ein Verstoß dagegen kann dazu führen, dass die gesammelten Punkte storniert und die Mitgliedschaft beendet wird. Auch das Kopieren beziehungsweise Vervielfältigen der Karte ist verboten.

Nicht alle Karten funktionsfähig

Ein Sprecher des Jö-Bonusclubs sagt dazu in einer Stellungnahme: "Uns ist die genannte Website bekannt. Aus unserer Sicht ist das Ziel dieser Initiative scheinbar, das Profiling zu verfälschen, indem mehrere Personen dieselbe Jö-Karte verwenden sollen. Es wird hier versucht, den Databar einer aktiven Jö-Karte in einem der Jö-App ähnlichen Template zu generieren. Nach unseren ersten Tests ist der angezeigte Databar jedoch nicht funktionsfähig und wird an keiner Kassa erkannt." Auch in einem einmaligen Testversuch des STANDARD hat das Ganze nicht funktioniert. Die vorgezeigte digitale Karte wurde vom Scanner an einer Billa-Kasse als "unbekannt" zurückgewiesen.

Entwickler Roland Schütz erklärt dazu auf Nachfrage, dass er prinzipiell alle Karten getestet habe, aber inzwischen zumindest eine Karte nicht mehr funktioniere. Grund könnte eine Sperrung durch Jö sein. Allgemein erklärt er, dass es anders als bei Nocard nicht grundsätzlich darum gehe, einen finanziellen Vorteil durch Rabatte herauszuschlagen, sondern es sich eher um ein ideelles Kunstprojekt handle. Rechtliche Konsequenzen erwartet er nicht. Auf seiner Website erklärt er auch, welche Konsequenzen Nutzern drohen können, wenn sie ihre Karte zur Verfügung stellen.

Jö weist Vorwürfe zurück

Der Jö-Bonusclub hat die Vorwürfe überbordenden Datensammelns bisher stets zurückgewiesen. Auf Kritik des Vereins für Konsumentenschutz (VKI), dass Daten "bei einer übergeordneten Stelle zusammenlaufen und man nicht genau weiß, was mit ihnen geschieht", meint das Unternehmen in einer Stellungnahme: "Bei dieser Aussage (...) wird dem Leser bzw. der Leserin suggeriert, dass der Jö-Bonusclub nicht klar kommuniziert, was mit den Daten passiert. Diese Aussage ist insofern falsch, als ein Blick auf unsere Datenschutzerklärung dieses Argument entkräftet." Auf der Seite werde erklärt, welche Daten gesammelt und verarbeitet werden. In Bezug auf das ebenfalls kritisiert Profiling verweist man darauf, dass Mitglieder selbst entscheiden könnten, ob sie diesem Punkt und dem damit verbundenen Sammeln personenbezogener Daten zustimmen. (Birgit Riegler, 31.10.2019)