Jener Pavillon mit der Kardiologischen Abteilung des SMZ Süd, des Kaiser-Franz-Josef-Spitals in Wien-Favoriten, in dem am 10. Juli 2019 ein Arzt von einem Patienten niedergestochen und schwer verletzt wurde.

Ein wartender Patient sticht in der Ambulanz des Kaiser-Franz-Josef-Spitals in Wien einen Kardiologen nieder. Dieser erleidet lebensgefährliche Verletzungen. Die Szene, die sich vergangenen Juli in Favoriten abgespielt hat, war für den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) der Auslöser, um sich dem Problem der Aggression und Gewalt, der seine Mitarbeiter ausgesetzt sind, zu widmen. Mehr als 7000 und damit mehr als ein Viertel der 30.000 Mitarbeiter nahmen an der Umfrage zu dem Thema teil. Befragt wurden alle, die im Verbund arbeiten, neben Ärzten und Pflegern beispielsweise auch Techniker. Am Dienstag wurden die Ergebnisse präsentiert.

85,4 Prozent der Befragten gaben an, im Laufe ihres Berufslebens Aggressionserfahrungen gemacht zu haben. 61,6 Prozent waren dem auch im vergangenen Jahr ausgesetzt. Die Spanne ist jedoch weit: von Beschimpfungen über Drohungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Der Großteil der Befragten war in den vergangenen zwölf Monaten von verbaler Aggression betroffen (57,8 Prozent). Noch rund ein Viertel litt in dieser Zeit sogar unter körperlichen Aggressionen wie Stoßen, Schlagen oder Ähnlichem. Auf das ganze Berufsleben gerechnet gaben mit 52,3 Prozent sogar mehr als die Hälfte der Befragten an, schon einmal körperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein.

Grundlage für Maßnahmen gegen Gewalt

Mit der Durchführung der Befragung beauftragt hatte die Personalvertretung Hauptgruppe II im KAV das Department Gesundheit an der Fachhochschule Bern. Ziel der Umfrage ist, eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für Maßnahmen gegen Gewalt an Wiens Spitälern zu erhalten. Die Ergebnisse seien nicht schockierend, sagte Personalvertreter Edgar Martin von der Hauptgruppe II. Man habe damit gerechnet.

Menschen in Gesundheitsberufen seien nach der Polizei jene, die am meisten Aggression im Job erleben, erklärte Sabine Hahn von der FH Bern. Das liege daran, dass sie vor allem mit Menschen in Krisen zu tun hätten, die noch auf die Diagnose warten und daher sehr emotional seien. Sie würden ihrer Aggression eher nachgeben und "sich ein Ventil" suchen, so Hahn.

Am stärksten von aggressivem Verhalten betroffen sind daher auch Angestellte mit Patientenkontakten. Notfallambulanzen sowie Psychiatrien seien die logischen Hotspots. Aber auch die Chirurgie ist unter den Spitzenreitern. Wobei die Übergriffe in gleichem Maße von Patienten, Angehörigen und Besuchern ausgehen.

Zwölf Prozent von Kollegen oder Vorgesetzten

Einen Geschlechterunterschied gibt es laut Befragung nicht, Frauen sind im gleichen Ausmaß wie Männer betroffen. Vier Prozent der befragten Mitarbeiter geben allerdings auch an, von ihren Vorgesetzten, acht Prozent von ihren Kollegen Aggression erfahren zu haben.

Ableitungen aus der Befragung sowie aus einem Sicherheitscheck des Franz-Josef-Spitals durch das BVT wolle man Anfang des kommenden Jahres vorlegen, erklärte Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb. (Oona Kroisleitner, 19.11.2019)