Vergessene Autorin phantastischer Kinderliteratur: Erica Lillegg (1907–1988).

ÖNB/Literaturarchiv

Der aus dem etablierten Kanon verdrängten Künstlerinnen, Filmemacherinnen oder Autorinnen gibt es viele. Sie alle harren der Erforschung und (Wieder-)Entdeckung. Im Bereich der Kinderliteratur blieb in Österreich keine so sehr vergessen wie die 1907 in Graz geborene und in Wien ausgebildete Erica Lillegg. Das Landestheater Vorarlberg ruft die Schriftstellerin nun mit einer Inszenierung ihres zentralen Romans Vevi zurück ins Gedächtnis. Regie führt Bérénice Hebenstreit.

Lillegg gilt mit Werken wie Erika und Erik, Die Spieldose, Feuerfreund, Jakob war ein Schusterjunge oder Peps als Wegbereiterin der deutschsprachigen phantastischen Kinder- und Jugendbuchliteratur. Türen ins Übernatürliche, ins Exorbitante, ins Irre und Traumhafte hat Lillegg ihren jungen Protagonisten darin aufgestoßen. In Vevi geht es um die Option der Persönlichkeitsspaltung. Eine wundersame Wurzel ermöglicht es dem bei seiner Tante wohnhaften Waisenmädchen Vevi, das artige wie auch das außer Rand und Band geratene Kind gleichermaßen zu sein. Die Bücher Lilleggs wurden mangels österreichischen Interesses zunächst in deutschen Verlagen gedruckt. Auf der Ehrenliste des Hans-Christian-Andersen-Preises 1958 schien Lillegg schließlich auch als deutsche Autorin auf. Für die Abenteuergeschichte Feuerfreund bekam sie im gleichen Jahr den Deutschen Jugendbuchpreis. Vevi wiederum erschien nach Übersetzungen in fünf Sprachen dann 1969 zwar doch im Wiener Obelisk-Verlag, allerdings mit schwerwiegenden Kürzungen.

Ihr Interesse für die Phantastik entwickelte Lillegg im künstlerischen Salon weiter, den sie mit ihrem Ehemann, dem Maler Edgar Jené, in Wien führte, bevor sie nach Frankreich auswanderte. André Breton und Paul Celan gehörten zu den Freunden. (Margarete Affenzeller, 20.11.2019)