Die FPÖ-Länderchefs machen gegen Strache mobil, in der Wiener Landespartei soll noch heute das zuständige Schiedsgericht zu seinem Ausschluss tagen.

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Wien – Die Entscheidung, ob Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aus seiner Partei ausgeschlossen wird oder nicht, fällt nicht mehr am Mittwochabend, so Parteikreise. Das Wiener Landesparteigericht braucht dem Vernehmen nach noch länger, weil man Zeugen befragen will. Möglicherweise soll auch Strache selbst vor dem Gremium aussagen.

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Neue Details zu Straches Spesenrechnungen

Mitten in der Debatte um einen möglichen Parteiausschluss Straches tauchten am Donnerstag neue Details zum Umgang des ehemaligen Parteiobmannes mit Parteigeldern auf. Strache soll Parteigelder nicht nur für private Einkäufe ausgegeben haben, sondern auch für Nachhilfestunden oder die Reparatur eines Whirlpools. Das berichtet das Ö1-"Morgenjournal" unter Berufung auf Einvernahmeprotokolle aus den Ermittlungen rund um die Spesenaffäre.

Der Verdacht, dem Staatsanwaltschaft und Sonderkommission Ibiza jetzt genauer nachgehen, lautet Untreue oder Veruntreuung durch falsche Abrechnung von Spesen mit mehreren 10.000 Euro Schaden für die FPÖ. Außerdem soll Strache die monatliche Spesenobergrenze von 10.000 Euro, die ihm das Parteipräsidium zugestanden hat, überschritten haben. Strache selbst hat zu den neu aufgekommen Details bisher keine Stellung genommen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Rascher Ausschluss gefordert

Nach der FPÖ-Spitze hat sich bereits am Mittwoch auch eine Reihe von FPÖ-Landesparteichefs für Strache Parteiausschluss ausgesprochen. "Je früher ein Trennstrich gezogen wird, desto besser", sagte Kärntens FP-Obmann Gernot Darmann. Ähnliche Worte kamen aus Tirol, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg. Darmann forderte einen raschen Ausschluss: "Für die FPÖ Kärnten erübrigt sich jede weitere Diskussion, Strache ist aus der FPÖ auszuschließen."

Im Büro des oberösterreichischen FP-Chefs Manfred Haimbucher verwies man darauf, dass dieser schon mehrmals einen Ausschluss gefordert habe. "Eine endgültige Trennung ist unumgänglich", bekräftige man am Mittwoch.

Längst überfällig

Auch der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger sprach sich für einen Parteiausschluss aus. "Das ist ein längst überfälliger Schritt. Es tut mir sehr leid, dass es so enden muss", sagte er der APA. Man habe Strache viele Möglichkeiten gegeben, sich zu besinnen, und Zugeständnisse gemacht – auch aufgrund seiner unbestrittenen Verdienste. Doch seit geraumer Zeit sei Strache "nicht mehr zugänglich". "Er hat Einflüsterer, die nichts Gutes mit ihm im Sinne haben", erklärte Abwerzger. Er glaubt, dass Strache schon seit längerem an einer eigenen Partei oder Liste bastle. "Doch das wird eine Totgeburt sein. Er ist kein Jörg Haider. Er steht allein da."

Auch Vorarlbergs FPÖ-Chef Christof Bitschi bekräftigte am Mittwoch seine Forderung nach einem Ausschluss Straches. "Ich habe bereits vor Wochen gefordert, dass hier ein klarer Trennstrich gezogen wird. Durch das inakzeptable Verhalten wurde der FPÖ und schlussendlich dem Land großer Schaden zugefügt, und ich erwarte, dass hier jetzt endgültig die notwendigen Konsequenzen gezogen werden", so Bitschi. Das sei erforderlich, "damit wir alle gemeinsam wieder den freiheitlichen Erfolgsweg einschlagen können".

Der burgenländische FPÖ-Chef Johann Tschürtz hat sich dagegen ausgesprochen, Strache zum jetzigen Zeitpunkt aus der Partei auszuschließen: "Ich hätte damit zugewartet, bis die Staatsanwaltschaft und die Gerichtsbarkeit entschieden haben", sagt er im Gespräch mit der "Tiroler Tageszeitung".

Eigene Liste als Provokation

Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek sprach sich klar für Straches Parteiausschluss aus: Es führe "kein Weg mehr daran vorbei", sagte sie dem ORF Salzburg. "In Wahrheit hätte man diesen Schritt schon vor zwei bis drei Monaten machen müssen. Die Vorkommnisse seit Mai waren so gravierend für die gesamte Partei, dass man nicht mehr darüber hinwegsehen kann." Sie habe den Eindruck, dass Strache den Parteiausschluss provoziere, so Svazek: "Eine eigene Liste in Wien zu gründen, das steht schon länger auf seiner Tagesordnung. Jetzt geht es darum, wer den ersten Schritt macht und wie er sich dann bestmöglich als Opfer inszenieren kann."

Rückendeckung bekam Strache am Mittwoch neuerlich vom Wiener Gemeinderatsmandatar Karl Baron, der bereits am Vortag für ein Strache-Comeback eingetreten war: Darüber soll bei einem Parteitag im März abgestimmt werden, um eine Parteispaltung zu verhindern, sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". "Wenn es zu keiner Einigung kommt mit Heinz-Christian Strache, wenn man ihm nicht die Möglichkeit gibt, dass er beim Parteitag der Freiheitlichen Partei sich einer demokratischen Wahl stellen kann, dann läuft die Sache tatsächlich aus dem Ruder, und dann ist die Spaltung mehr als wahrscheinlich."

Vorsitzender Sidlo

Vorsitzender ist just Peter Sidlo, jener FPÖ-Funktionär aus Wien-Alsergrund, dessen Bestellung im Zuge der Casinos-Affäre seit Wochen im Gerede ist. Sidlo nehme jedoch in der Causa von seiner Funktion im Schiedsgericht Abstand – weil er sich als "befangen" betrachtet, wie der "Kurier" aus FPÖ-Kreisen zitiert. Deshalb übernehme sein Stellvertreter Friedrich Stefan, Vater von FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan, den Vorsitz des Schiedsgerichts.

Parteikenner gingen davon aus, dass das Schiedsgericht dem Parteivorstand einen Ausschluss Straches empfehlen werde. Verlautbart werden solle die Entscheidung am Donnerstag. (APA, red, 27.11.2019)

Ein ORF-Beitrag über Straches FPÖ-Lage.
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