Prometheus (Ingo Paulick), an einen Fels gekettet, weil er das göttliche Feuer stahl.

Foto: Pertramer/Rabenhof

Epi ist kein statthafter Name für einen Titanen. Eigentlich heißt er ja auch Epimetheus, doch Epi steht ihm tatsächlich besser. Denn der Bursche kritzelt versonnen Fantasietiere wie Flügler, Flossler und Schlängler an die Wand, während seine Brüder Prometheus und Atlas Krieg gegen Zeus führen. Wir sind mitten in der griechischen Sagenwelt, und es geht in dem Kampf um die Vorherrschaft über Himmel und Erde. Als blauer Ball leuchtet der Erdball im Rabenhof auf der Bühne (Veronika Tupy), der Rest ist Götterhimmel.

Der Rabenhof erzählt in Prometheus die antike Sage rund um Prometheus, der den Menschen das Feuer bringt, um ihre Talente zu fördern, und damit den Göttervater Zeus erzürnt, nach seiner eigenen Fasson. Roman Freigaßner-Hauser (Buch und Regie) hat den Mythos von der Entstehung des Menschen in ein handliches Format gepackt und mit Eigenwilligkeiten versehen. Im Original ist Epimetheus etwa mehr ein Haudrauf als ein sanftes Gänseblümchen.

Geplagter Götterlehm

Während Prometheus (Ingo Paulick) sagengemäß den Helden des Stückes gibt, schlägt in Epi (Okan Cömert) das Herz des Abends. Ob er nun sein Liebeslied Titano (zur Melodie von Ti amo) singt oder aus Götterlehm seine Tiere formt, die dann auf der Erde lebendig werden. Der Mensch entsteht dabei mehr als eine Restlverwertung. Dass Epi die Tiere geschaffen habe, ist auch eine Ungenauigkeit der sehr freien Erzählung. Man sollte nach dem Theaterbesuch also nicht mit seinem Mythenwissen prahlen.

Dennoch bietet der Abend positive Rollenvorbilder für jeden anwesenden Knirps. Pandora (Saskia Klar) mit ihrer Büchse voller Plagen entscheidet sich in dieser Version, ihrer inneren Stimme folgend, für das Gute, auch wenn das letztlich das Unheil nicht abwendet. Pallas Athene ist schlau und gewitzt und schenkt den Menschen auch gegen Zeus’ Widerstand die Gnade der Weisheit. Und der mutige Herakles (Christoph Hagenauer) meistert auch die unmöglichsten Aufgaben.

Flotter Abend mit "F"-Wort

Zwischen reichlich vergoldeten antiken Kostümen (Anett Jäger) gehen die eineinhalb Stunden flott dahin. Atlas (Tobias Ofenbauer) zieht mit seinem mit Sternen bedruckten Luftballon Lacher auf sich – er muss ärgerlicherweise den Himmel tragen, seit Zeus (Bernhard Majcen) im Kampf gesiegt hat: ein verfluchtes Geschenk. Josch Russo (Sound) lässt es donnern. Nebenbei erklärt sich, wie Poseidon zu seinen Meeren kam oder was die Gaia-Oma den Titanen-Enkerln an Märchen erzählt hat.

Andererseits ist da die gemeine Göttin Hera, die den von ihrem Göttergatten Zeus mit einer "dreckigen" Nymphe gezeugten Herakles einen "Bastard" nennt und endlich "Fucking First Lady" werden will. Die Witze geraten in Anbetracht des Publikums ab zehn Jahren vielleicht gar zünftig.

Aber der Abend meint es, obwohl oft auf Action aus, gut. Die Menschen haben infolge der Plagen aus Pandoras Büchse Gier und Missgunst entwickelt und zerstören nunmehr den Planeten. Der hat ohne den Menschen begonnen, er kann auch ohne ihn enden, gibt Zeus dem Publikum mahnend mit auf den Heimweg. (Michael Wurmitzer, 29.11.2019)