Das grüne VerhandlerInnenteam.

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Konservative sind nicht feministisch. Das ist eigentlich schon eine Tautologie. So wie weißer Schimmel: weiß, das muss man bei Schimmel eigentlich nicht mehr dazusagen, ebenso wenig wie "nicht feministisch" bei Konservativen. Konservative Parteien stehen bekanntlich gesellschaftspolitisch fürs Bewahren, wirtschaftspolitisch fürs Deregulieren, für einen Rückzug des Staates. Dabei kann nur die Politik Benachteiligung regulieren, etwa auf dem Stellenmarkt. Denn für Unternehmen sind Frauen noch immer aufgrund von möglichen "Ausfällen" aufgrund von Schwangerschaften und Kinderbetreuung das größere Risiko, und das schlägt sich in niedrigeren Löhnen und anderen Diskriminierungen am Arbeitsmarkt nieder, wie die Autorin und Professorin für osteuropäische Studien, Kristen R. Ghodsee, in ihrem Buch "Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben" zeigt.

Frauen verdienen weniger, weil sie gesellschaftlich notwendige Arbeit übernehmen, etwa Kinder bekommen, Kinder betreuen, Kranke pflegen und Hausarbeit verrichten. Unternehmen bekommen diese Arbeit, die ihrerseits Arbeitskräfte produziert und diese Arbeitskräfte immer wieder auftankt – um "Familienarbeit" jetzt mal ganz unromantisch zu umschreiben –, umsonst. Und plötzlich liegt der Zusammenhang zwischen der Forderung nach weniger Staat und das Lob Konservativer für die traditionelle Familie, in der sie sich unentgeltlich um die Familie kümmert und er voll arbeitet, klar auf der Hand.

Wenige Ambitionen

Vieles davon spiegelte sich im Regierungsprogramm der türkis-blauen Kurzzeitregierung wider. Frauenpolitik wurde mit Familienpolitik zusammengespannt, von den angekündigten Maßnahmen wurde keine umgesetzt. Weder die angekündigte "finanziellen Absicherung" von AlleinerzieherInnen durch eine Reform des Unterhaltsgesetzes noch der Ausbau von Gewaltschutzzentren – und schon gar nicht die "Absicherung" des Frauenbudgets. Gut, das könnte man vielleicht noch mit der kurzen Regierungszeit argumentieren – andererseits zeugen diese Punkte an sich schon von den geringen Ambitionen auf dem Feminismus-Feld. Mit einer Ausnahme: Die geplante Durchforstung von Kollektivverträgen auf mögliche Benachteiligungen für Frauen stand auch im Programm. Die wäre tatsächlich wichtig und wurde von den Grünen schon lange vor diesem Regierungsprogramm gefordert. Hat sich da die ÖVP womöglich bei den Grünen eine Idee geholt?

Sollte es mit Türkis-Grün tatsächlich etwas werden, wird es bezüglich Frauenpolitik wirklich interessant. Immerhin treffen da, auch was Gesellschaftspolitik betrifft, Welten aufeinander. Die ÖVP hat seit ihrer Existenz jeden noch so kleinen geschlechterpolitischen Fortschritt versucht zu verhindern. Sei es die Kriminalisierung der Vergewaltigung in der Ehe, die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen oder die Änderungen im Scheidungsrecht, das bis in die 1970er-Jahre eine Scheidung nur ermöglichte, wenn ein Partner/eine Partnerin "schuld" war. Auch lag die Entscheidung beim Gericht, ob die genannten Scheidungsgründe ausreichen. Die strafrechtliche Verfolgung von Schwulen und Lesben – 95 Prozent der Verurteilten waren Männer – wollte die ÖVP auch nicht aufheben. All das brachte die SPÖ durch, gegen den Widerstand der ÖVP. Doch man muss gar nicht so weit zurückgehen, denn erst heuer wollten ÖVP und FPÖ die Ehe für alle verhindern.

Feminismus? Macht sonst keiner

Den Grünen standen stets auch für die Rechte von LGBTIQ-Menschen (lesbisch, schwul, bi, trans*, inter* und queer) und Feminismus. Jährlich legten sie einen umfassenden Frauenbericht vor, mit zahlreichen Vorschlägen zu Gleichstellungsmaßnahmen. Im Wahlkampf war diesbezüglich allerdings von grüner Seite sehr wenig zu hören, und das ist noch immer so. Sollten sich Grüne und ÖVP zusammenraufen, müssen die Grünen aber auf ihre feministische Kompetenz und Glaubwürdigkeit setzen. Denn eines ist sicher: Sonst tut es keiner. Die SPÖ ist anderweitig beschäftigt, und die Neos bewegen sich zu nah an einem liberalen Lean-in-Feminismus, als dass er nachhaltig sein könnte.

Davon abgesehen hat die türkis-blaue Regierung einiges angerichtet; von gekürzten und gestrichenen Budgets für feministische Projekte bis hin zu einem von Expertinnen und Justizminister scharf kritisierten Gewaltschutzpaket. Da gibt es einiges an feministischer Schwerstarbeit. Denn solange Frauen stärker von Armut betroffen sind, weniger verdienen, mehr unentgeltliche Arbeit leisten, öfter Opfer von Beziehungsgewalt sind, ist Sozial-, Wirtschafts- und Klimapolitik auch Frauenpolitik. (Beate Hausbichler, 11.12.2019)