Ein Kindergartenplatz, der mit keinen weiteren Sorgen wie hohen Kosten verbunden ist – darauf soll es einen Rechtsanspruch geben, so Korinna Schuhmann.

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Korinna Schumann vom ÖGB: "Wenn das Angebot da ist, wird es auch genutzt."

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Erst kürzlich rechnete die NGO Oxfam aus, dass das Vermögen von Männern um 50 Prozent höher ist als jenes von Frauen. Eine Ursache dafür ist die von Frauen geleistete unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Hausarbeit – Arbeit, in die weltweit täglich mehr als 12,5 Milliarden Stunden investiert werden.

Auch in Österreich ist die Vereinbarkeit von bezahlter Lohnarbeit und unbezahlter Sorgearbeit noch immer vorwiegend ein Problem von Frauen. 96 Prozent der Mütter beziehen Kinderbetreuungsgeld, und 39 Prozent mit Kindern unter 15 Jahren haben ihre Erwerbsarbeit wegen Kinderbetreuungspflichten reduziert – bei den Vätern waren es fünf Prozent.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Arbeiterkammer (AK) haben gemeinsam die Umfrage "Kind und Job – Wie schaffen Sie das?" durchgeführt, in der Eltern zur Vereinbarkeit von Familie und Job befragt wurden. Insgesamt nahmen 3.500 Personen an der Befragung teil. Zu den konkreten Fragen gab es für die Eltern die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit Kinderbetreuung und schulischer Nachmittagsbetreuung ausführlicher zu kommentieren, was 2.500 auch taten. Korinna Schumann, Vizepräsidentin des ÖGB, sieht darin eine wichtige Dokumentation der verschiedenen individuellen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Job und Familie, wie sie gegenüber dem STANDARD sagt.

Zu wenig Angebot für kleine Kinder

Konkret befragt wurden die Eltern etwa nach der Verfügbarkeit von Kinderbetreuung, deren Kosten, zeitlicher Nutzung und welche Gründe sie haben, um überhaupt keine Betreuung in Anspruch zu nehmen. Zu den zentralen Problemen, die Eltern angaben, gehören das mangelnde Angebot für Kinder ab einem Jahr, die Öffnungszeiten der Einrichtungen und auch deren hohe Kosten. Jenen Eltern, die gar keine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, gaben zu zweit Dritteln an, dass das keine freiwillige Entscheidung sei, sondern an den Kosten (25,7 Prozent) und den nicht passenden Öffnungszeiten (23,5 Prozent) liege. "Unser Kindergarten im Ort schließt um 13 Uhr ohne Verpflegung", erzählte eine Mutter. Nachmittagsbetreuung in der Volksschule gibt es auch nicht.

Für 43 Prozent der Befragen war es schwierig, einen Platz in einer Krippe für ihr Kind zu bekommen. Die Eltern wünschten sich in diesem Zusammenhang eine Garantie für einen Betreuungsplatz. Eine Mutter sagte etwa, sie könne ihr Kind erst mit zweieinhalb Jahren in den Kindergarten gehen, weil die Plätze für unter Dreijährige einfach zu teuer seien. Eine andere erzählte, die Gemeinde, in der ihre Familie wohnt, biete keine Kinderkrippe an und nur eine einzige Tagesmutter.

Sind Eltern allein verantwortlich?

Auch bei Schulkindern monierten die Eltern Engpässe bei der Nachmittagsbetreuung und dass aufgrund zu weniger Anmeldungen oft keine Nachmittagsbetreuung zustande komme – insbesondere im ländlichen Raum. Schumann betont in diesem Zusammenhang: Wenn das Angebot bestehe, würde es auch genützt werden. "Allerdings muss es ein Angebot sein, dass man sich weiter keine Sorgen machen muss – etwa weil die Kinderbetreuung nicht mit hohen Kosten verbunden ist und die Öffnungszeiten so sind, dass man Ganztags arbeiten kann."

Auch gab es Kritik daran, dass Kinderbetreuung noch immer allein als Verantwortung der Eltern gesehen wird. Eine der Befragten fordert etwa, dass der "Kindergarten von den Unternehmen mitfinanziert werden müsste", andere wünschen sich zumindest mehr Verständnis der ArbeitgeberInnen und der Gesellschaft allgemein. Sei es, was die Pflegetage betrifft, oder einfach dass für Eltern oft nicht alles nach Plan laufen kann.

Betriebe und Unternehmen müssten laut Schumann viel stärker dafür sensibilisiert werden, dass viele ihrer MitarbeiterInnen Betreuungspflichten haben – "und dass das ein Teil der gesamten Arbeitsstruktur ist". Dass man Beruf und Familie unter einen Hut bringen kann, das sei noch weit weg von der Realität, erzählt eine Frau, die noch immer diverse Vorurteile seitens der ArbeitgeberInnen gegenüber MitarbeiterInnen mit Betreuungspflichten sieht.

Kostenlose Plätze ab dem ersten Jahr

Doch egal, um welche Hürde es bei der Gestaltung von Arbeits- und Familienleben geht, seien es die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen, Pflegefreistellungen, zu lange Ferien oder zu hohe Kosten der Kinderbetreuung: Für AlleinerzieherInnen sind diese Hürden nochmal ungleich höher.

Helfen kann laut ÖGB der Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr, mit dem sich auch ein Vollzeitjob ausgeht. Woran es nach so vielen Jahren der Forderungen nach besseren Bedingungen für Vereinbarkeit noch immer scheitert? "An der Finanzierung, an den alten Rollenbildern – und es geht auch darum, wie hoch der Druck der Eltern ist, die diese Unterstützung einfordern", sagt Schumann. Im Regierungsprogramm von Türkis-Grün ist zwar der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze festgeschrieben, wie groß der Ausbau sein wird und wie viel in diesen investiert wird, ist aber noch offen. (Beate Hausbichler, 23.1.2020)