Taschen und Schuhe haben einen hohen Wiederverkaufswert. Dafür müssen aber Marke und Timing stimmen.

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Wer gern shoppen geht, kennt diese Fragen wohl gut: Brauche ich die neue Tasche wirklich? Sind die Schuhe nicht etwas teuer? Muss es wirklich das Tuch von Hermès sein? Doch Mann und Frau dürfen sich beruhigen: Wer beim Einkaufen zu guten Labels greift, kann diese später auch gut weiterverkaufen. Damit wird Shoppen quasi zum Investment.

Doch welche Labels sind gefragt und welche Produkte haben einen respektablen Wiederverkaufswert? Um diese Fragen zu beantworten, hat die globale Mode-Suchmaschine Lyst Suchanfragen nach sechs Millionen Modeartikeln von mehr als 12.000 Online-Shops sowie die Daten von Secondhand-Luxusplattformen ausgewertet.

Vom richtigen Zeitpunkt

Beim Weiterverkauf von Gucci-Taschen, Sneakers und Co gilt aber auch: Alles hängt vom richtigen Zeitpunkt ab – und den zu erkennen, ist nicht einfach. Die Schwierigkeit liegt darin, den Zeitpunkt zu erkennen, an dem die Nachfrage zu steigen beginnt, und dann zu investieren, wenn der Weiterverkaufspreis noch nicht zu hoch ist.

Am Beispiel einer Dior-Tasche – Modell "Saddle" – macht Lyst das Phänomen deutlich: Das Unternehmen brachte die Tasche auf Instagram wieder auf den Markt und erzeugte damit im Juli 2018 Aufmerksamkeit. Abzulesen ist das daran, dass die Suchanfragen in den Portalen nach diesem Modell zugenommen hat (s. Grafik). Das ist laut Lyst ein guter Moment, um ein älteres Modell zu kaufen. Im Dezember 2018 trug Kylie Jenner die Tasche in der Öffentlichkeit – das Interesse an dem It-Teil nahm plötzlich stark zu.

Wer wissen will, was er gerade gut verkaufen oder selber günstig erwerben kann, tut gut daran, dem Kardashian-Clan zu folgen. Die Schwestern haben ein Händchen dafür, einen Hype auszulösen. Laut der Lyst-Erhebung waren die Kardashian-Jenner-Mädels während der vergangenen Jahre die Wegbereiterinnen für die Rückkehr des Labels Fendi. Durch den Vintage-Look der Schwestern erfuhr die Marke im Dezember 2018 einen starken Interessenanstieg und verzeichnete einen Zuwachs von 155 Prozent im Vergleich zum Jahr davor.

Eine Frage der Größe

Der Wiederverkauf von Turnschuhen ist laut Lyst gerade ein Boom-Geschäft. Das Portal berichtet von einer regelrechten Parallelindustrie, deren Wert bei etwa einer Milliarde liegt. Wer hier einen Premiumpreis erzielen will, muss aber wissen, was wann auf den Markt kommt, was gefragt ist – und es kommt auch auf die Schuhgröße an. So erzielen bei Männern weniger gängige Schuhgrößen höhere Preise.

Apropos Schuhe: Modelle von Louis Vuitton oder Giuseppe Zanotti gelten als Best Performer. Nike Air Vapormax sind beliebt, und Treter von Golden Goose erleben ein Comeback.

Alles also eine Frage von Angebot und Nachfrage – zuzüglich des Trendfaktors. Wer hier mitspielen will, braucht freilich auch Kapital. Denn eine Tasche von Hermès oder Chanel, Luxussneakers oder Uhren erfordern beim Kauf einen tiefen Griff in die Börse – dafür lassen sich diese Goodies sehr gut wiederverkaufen.

Birkin-Bag stark gefragt

Denn das nachhaltige Denken kommt auch in der Welt der Luxusartikel an. Abzulesen ist das an der steigenden Anzahl an Webseiten für Luxusartikel aus zweiter Hand, die auch als neuartiges Phänomen in der Modeindustrie gesehen werden. Tote Bags, Sneakers, Schultertaschen, Jacken, Jeans, Kleider und Stiefel sind – in dieser Reihenfolge – die meistgesuchtesten Kategorien für Secondhand-Mode bei Lyst. Bei den Tote Bags aus zweiter Hand wird die Hermès "Birkin" am häufigsten nachgefragt. Für diese Tasche gibt es in den Boutiquen Wartelisten – der durchschnittliche Wiederverkaufspreis liegt dafür bei 80 bis 120 Prozent des Kaufpreises.

Gefragt sind auch trendige Streetwear-Artikel – etwa von Supreme. Ein T-Shirt, das anlässlich des 20. Geburtstags von Supreme erschienen ist und ursprünglich rund 37 Euro kostete, fand auf der Plattform StockX neue Besitzer für durchschnittlich 750 Euro – das entspricht 1900 Prozent des Originalpreises.

Doch selbst wenn mehr Modeartikel auf Plattformen ein zweites Leben finden, nachhaltig ist die Branche damit längst noch nicht. Doch der Nachhaltigkeitsdruck steigt auch in diesem Sektor stark an. 20 bis 30 Milliarden Dollar jährlich werden notwendig sein, um bis 2030 die erforderlichen Innovationen bei Materialien, Prozessen, Technologien und Geschäftsmodellen umzusetzen, rechnen Experten der Boston Consulting Group (BCG) vor, die gemeinsam mit der globalen Nachhaltigkeitsinitiative Fashion for Good den Bericht "Financing the Transformation in the Fashion Industry" erstellt haben.

Innovationen stecken fest

Der Branche selbst – nach Marktgröße zwei Billionen US-Dollar schwer – fehlt das Geld für neue Ansätze. Man stoße oft auch auf Hindernisse, weil das Bewusstsein etwa bezüglich Textilinnovationen noch fehlt. Bisher wird nur ein Bruchteil des gesamten verfügbaren Kapitals in die Bekleidungs- und Textiltechnologie investiert. Das meiste Geld wird am Anfang und Ende der Wertschöpfungskette, wo Rohstoffe und Anwendungslösungen das höchste Wirkungspotenzial haben, investiert. Die Branche hat das Problem, die "fehlende Mitte" der Finanzierung zwischen frühem Risikokapital und der Finanzierung in der Spätphase zu überbrücken. Dadurch bleiben immer wieder Innovatoren in einer Finanzierungslücke stecken. (Bettina Pfluger, 9.2.2020)