Ist die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gut für Österreich? Auf jeden Fall. Ohne die akribische Arbeit dieser Staatsanwälte hätten etliche spektakuläre Fälle von wirtschaftlicher und politischer Korruption nicht aufgearbeitet und vor Gericht gebracht werden können – man denke etwa an den Fall Birnbacher, der den Sumpf um Jörg Haiders Hypo-Alpe-Adria-Desaster so richtig schön freilegte. Die Arbeit dieser Sonderabteilung hat dazu geführt, dass Österreich im internationalen Korruptionsindex von Transparency International nur noch mittelmäßig auffällig ist. Immerhin.

Ist die WKStA deshalb über jegliche Kritik erhaben? Mit Sicherheit nicht. Die Ermittlungen rund um die BVT-Affäre verliefen, gelinde gesagt, eher unrund. An den permanenten Reibereien mit Christian Pilnacek, dem mächtigen Leiter der Strafsektion im Justizministerium, inklusive Anzeigen- und Gegenanzeigen-Eskalation, ist wohl auch nicht nur eine Seite schuld. Das weiß auch die neue Justizministerin Alma Zadić, die schon als Oppositionspolitikerin die Rolle dieser Sonderstaatsanwaltschaft zum Teil recht kritisch sah. Und auch wenn die Standesvertretung jetzt so tut, als sei das völlig unmöglich: Es ist nicht auszuschließen, dass das eine oder andere Detail aus geheimen Ermittlungen aus dieser Ecke nach außen dringt.

Kanzler Sebastian Kurz sagt unverhohlen, dass er mit "so manchen" Ermittlungen der Justiz ziemlich unzufrieden ist.
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Zadić weiß aber auch, dass es besonderen Feingefühls bedarf, wenn man hier Reformen anstoßen will. Denn die Staatsanwälte der WKStA bedürfen auch eines besonderen Schutzes. Wer hier ermittelt, steigt logischerweise den Herrschenden und Mächtigen auf die Zehen. Im Zusammenhang mit der Casinos-Affäre fuchst das vor allem die Kanzlerpartei ÖVP, die sich mit ihrem Ex-Partner FPÖ offenbar auf höchst undurchsichtige Postenschachereien eingelassen hat. Dass es nun im neuen Regierungsübereinkommen heißt, Reformen in der WKStA würden nur dann durchgeführt, wenn sie sinnvoll seien, ist wohl den Grünen zu verdanken. Einige in der ÖVP würden Kompetenzen und Eigenständigkeit der WKStA offenbar nur zu gerne beschneiden. Kanzler Sebastian Kurz sagt unverhohlen, dass er mit "so manchen" Ermittlungen der Justiz ziemlich unzufrieden ist. Er hält sie für einseitig und möglicherweise parteipolitisch motiviert. Der Kanzler vertraut diesem Teil des Rechtsstaats nicht. Anders sind seine öffentlichen Wortmeldungen kaum zu deuten – selbst wenn Kurz betont, dass er in den "Rechtsstaat insgesamt" Vertrauen habe.

Selbst in diesem Fall sollte ein Bundeskanzler jedoch andere Mittel und Wege finden, um sein Unbehagen zu äußern. Die Standesvertreter zu einem "runden Tisch" einzuladen, um "die Debatte zu klären", ist nicht gerade feinfühlig. Einige aus der Justiz empfanden dies als Vorladung.

Dass Zadić daraus flink ein "Treffen zur Aussprache" gemacht hat, ist der Sache hoffentlich dienlich. Dass diese überhaupt erst ruchbar wurde, weil sich Kurz in einem Hintergrundgespräch in Rage redete, das prompt die Runde machte, ist ein weiteres unschönes Detail. Der Sinn politischer Hintergrundgespräche ist, Entscheidungen und Gesetzwerdungsprozesse zu beleuchten, und nicht, über vermeintliche Gegner herzuziehen – nicht einmal im Vertrauen.

Apropos Vertrauen: Um jenes der Justiz in die Politik sollte sich Kurz in der Aussprache am Montag aktiv bemühen. Alles andere wäre schädlich für den Rechtsstaat Österreich. (Petra Stuiber, 7.2.2020)