Die Gliederung der Erdgeschichte beruht auf Veränderungen in Fauna und Flora. Der Übergang zwischen Erdmittelalter (Mesozoikum) und Erdneuzeit (Känozoikum) markiert das Ende der Dinosaurier und ist von großem Interesse. Genau genommen handelt es sich um die Kreide-Tertiär-Grenze (K/T) – benannt nach der Kreide (jüngster Abschnitt des Mesozoikums) und dem Tertiär (heute Paläogen, ältester Abschnitt des Känozoikums) vor 66 Millionen Jahren. Damals starben rund drei Viertel aller Tier- und Pflanzenarten.

Die gelbliche Tonschicht mit dem Iridium

Christian Köberl (Impaktforscher)
Foto: NHM/Kurt Kracher

"Es war 1980, als der Physiker Luis Walter Alvarez und sein Sohn, der Geologe Walter Alvarez, bei Gubbio in Umbrien eine wenige Zentimeter dicke, gelbliche Tonschicht ('boundary clay') mit auffallend hohen Iridiumwerten fanden", beginnt Christian Köberl, Geochemiker und Impaktforscher an der Universität Wien, seine Ausführungen für das Buch "Abenteuer Wissenschaft – Forschungsreisende zwischen Alpen, Orient und Polarmeer".

Am 6. Juni 1980 erschien in "Science" unter dem Titel "Extraterrestrial cause for the Cretaceous–Tertiary extinction" jene Arbeit, mit der die Suche nach der Ursache der Iridium-Anomalie begann. Die Autoren postulierten, das Iridium könnte durch Anreicherungen aus dem Meereswasser stammen oder – wohl eher – durch ein extraterrestrisches Ereignis kommen. Im Originaltext folgerten sie: "In brief, our hypothesis suggests that an asteroid struck the earth, formed an impact crater, and some of the dust-sized material ejected from the crater reached the stratosphere and was spread around the globe." Die damals aufgestellte These schien durchaus plausibel, doch damit nicht genug: "We would like to find the crater produced by the impacting object."

Der Geologe Walter Alvarez an der Kreide/Tertiär-Grenze in Gubbio (Italien), die sich als schmaler Spalt zeigt.
Foto: Christian Köberl

Geschockte Quarze beweisen den Meteoritenimpakt

Während man anfangs auch noch einen gigantischen Vulkanausbruch als mögliche Ursache für die Iridium-Anomalie diskutierte, war 1984 mit dem Fund von geschockten Quarzkörnern im "boundary clay", durch Bruce F. Bohor (USA) alles klar: es muss ein Impakt gewesen sein. Geschockte Quarze haben ein deformiertes Kristallgitter, sie entstehen unter extrem hohem Druck, wie er auf der Erde nur bei Meteoriteneinschlägen vorkommt. Den "boundary clay" gibt es auch in Österreich: In Gams bei Hieflau (Steiermark) und im Elendgraben bei Gosau (Oberösterreich). Wer es bequemer will, findet ein großes Gesteinsstück mit dem "boundary clay" auch im Naturhistorischen Museum in Wien (Saal 8).

Der Manson-Krater, ein erster Irrweg

Als Bevan M. French (Nasa) im östlichen Montana (USA) geschockte Quarze entdeckt hatte, meinte er auch gleich den möglichen Einschlagkrater gefunden zu haben: den Manson-Krater in Iowa (USA). Wieder war es die Zeitschrift "Science", wo seine These – "Impact Event at the Cretaceous-Tertiary Boundary: A Possible Site" – am 19. Oktober 1984 nachzulesen war. Er empfahl, den Manson-Krater genauer zu erforschen: "Should be studied in more detail". Und so kam es auch.

Auch der Kara-Krater in Russland wird diskutiert

Neben besagten Manson-Krater, dessen Forschungsergebnisse schlussendlich 1996 von Köberl zusammen mit Raymond R. Anderson herausgegeben wurden, war auch noch der Kara-Krater im Norden Russlands, hart an der Küste des nördlichen Polarmeeres, ein Thema für Forschungen. Er war einem Alter von 70 Millionen Jahren zwar zu alt, aber trotzdem von Interesse. Köberl publizierte die Ergebnisse 1990 zusammen mit Fachkollegen.

Parallel zu diesen Forschungen hatten sich die Hinweise, dass es der Chicxulub-Krater auf der Halbinsel Yucatán sein könnte, wo der Asteroid eingeschlagen hatte, verdichtet.

Der Chicxulub-Krater auf der Halbinsel Yucatán

Die Künstlerin Dona Jalufka hält den Moment des Aufpralls jenes Asteroiden fest, der in Mexiko den Chicxulub-Krater verursachte.
Foto: Dona Jalufka

Bereits in den 1970ern hatten Glen T. Penfield und Antonio Camargo-Zanoguera vom mexikanischen Mineralölkonzern Pemex mit geophysikalischen Methoden im Golf von Mexiko und auf dem Festland von Yucatán eine riesige kreisförmige Struktur im Untergrund gefunden. Sogar an einen Meteoriteneinschlag dachten sie damals. Erst als sie die oben erwähnte Arbeit von Alvarez Vater und Sohn und Koautoren in "Science" (1980) gelesen hatten, gingen sie 1981 bei einer Tagung in Tulsa (Oklahoma, USA) an die Fachöffentlichkeit.

Lage des Chicxulub-Kraters im Golf von Mexiko beziehungsweise auf der Halbinsel Yucatán.
Foto: NHM/Mellett/Claire L.

Hier hörte der Wissenschaftsjournalist Carlos Byars ihren Vortrag, griff deren Ergebnisse auf und schrieb 1981 "Mexican Site May be Link to Dinosaur’s Disappearance". Doch es las keiner. "An den richtigen Experten, den Impaktforschern, ging die Botschaft vorbei", so Köberl.

Erst 1991 erfolgte der entscheidende Schritt. Alan Hildebrand, Doktorand aus Arizona, hatte die Fachliteratur studiert und mit Penfield und Camargo-Zanoguera in der Zeitschrift "Geology" die These veröffentlicht, dass besagte Struktur mit einem Durchmesser von 180 Kilometern auf einen Einschlag zurückgehen müsse. Sie stützten sich auf wenige Proben früherer Erdölbohrungen, wo sie geschockte Quarze fanden. Sie schlossen: "This impact may have caused the K-T extinctions."

Drei wissenschaftliche Bohrkampagnen

Logo der wissenschaftlichen Bohrkampagne.
Foto: https://www.ecord.org/expedition364/

"Jetzt waren wissenschaftliche Bohrungen gefragt", so Köberl. Im Frühjahr 1995 unternahm die Universität von Mexiko (UNAM) zwei 700 Meter tiefe Bohrungen, die Brekzien (Trümmergesteine) zutage brachten, wie sie typisch für einen Einschlag sind. Dazu wieder Köberl: "Diese Proben waren für die internationale Fachöffentlichkeit kaum zugänglich, die Mexikaner hatten die Hände drauf." So folgten 2001/02 tiefere Bohrungen am südlichen Rand des Kraters, der am Festland lag, eine Kooperation zwischen der mexikanischen Universität und internationalen Experten (International Continental Scientific Drilling Program, ICDP). "Wir wollten aber wissen, wie sieht es im Zentrum des Kraters aus? Seine Ringstrukturen sind ja einzigartig auf der Welt", so Köberl, der beim dritten Bohrprogramm einer der Antragsteller war. Diese Bohrung (Chicx-03b), eine Kooperation zwischen dem ICDP und ECORD (European Consortium for Ocean Research Drilling), als Teil von IODP (Integrated Ocean Discovery Program), lief von 5. April bis 31. Mai 2016 unter dem Namen "Expedition 364, Chicxulub K-Pg Impact Crater". Gebohrt wurde im seichten Wasser (20 Meter) bis zu einer Endtiefe von 1.334,69 Metern.

Die Ergebnisse: Wissenschaftlich und verständlich

Mikroskopische Dünnschliffaufnahme eines geschockten Quarzes in grobkörnigem Granit bei polarisiertem Licht. Die Probe stammt aus der Bohrung (2016) im Chicxulub-Krater (Mexiko) aus 1.159,7 Meter Tiefe.
Foto: Ludovic Ferrière

Die Bohrproben von 2016 befinden sich in Bremen und stehen der wissenschaftlichen Community zur Verfügung. Bei der Detailbeschreibung der Gesteinsproben war mit Ludovic Ferrière ein Experte vom Naturhistorischen Museum dabei. "Ich selbst hätte mich damals als Generaldirektor nicht für einen Monat nach Bremen begeben können", entschuldigt sich Köberl förmlich. Von den Ergebnissen der Bohrung sei nur eines herausgegriffen. Jean-Guillaume Feignon berechnete im Rahmen seiner Dissertation an der Universität Wien den Druck beim Aufprall des Asteroiden im Chicxulub-Krater mit zwölf bis 15 GPa (Gigapascal). Nicht nur Quarze, auch Feldspäte, Apatite und Titanite waren geschockt, sprich im Kristallgitter deformiert. Neue Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Winkel des Aufpralls, wie jüngst im STANDARD unter dem Titel "Dino-Killer: Asteroid traf die Erde im 'tödlichsten Winkel'" gezeigt wurde.

Weitere Informationen über den Chicxulub-Krater und Impakte im Allgemeinen haben Köberl und Alwin Schönberger in ihrem Buch "Achtung Steinschlag. Asteroiden & Meteoriten. Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens" zusammengefasst. (Thomas Hofmann, 6. 6.2020)