Das bisherige ÖH-Vorsitzteam Desmond Grossmann, Adrijana Novakovic und Dora Jandl.

Foto: ÖH/Max Schwarzenbacher

Wien – Die linke Koalition in der Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) steht nach einer sich von Freitagmittag bis Sonntagfrüh ziehenden Marathonsitzung vor dem Aus. Grüne und Alternative StudentInnen (GRAS), Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und Fachschaftslisten (FLÖ) stimmten mehrmals gegeneinander, ein eigentlich vereinbarter Vorsitzwechsel scheiterte.

In der Sitzung hätte eigentlich unter anderem der im Koalitionsvertrag vereinbarte turnusmäßige Wechsel von Spitzenfunktionen vollzogen werden sollen: ÖH-Vorsitzende Adrijana Novakovic (GRAS) hätte etwa zur Halbzeit der Amtsperiode ihren Platz mit Stellvertreterin Dora Jandl (VSStÖ) tauschen sollen, umgekehrt wäre im Wirtschaftsreferat ein GRAS-Vertreter an die Stelle des VSStÖ-Amtsinhabers getreten.

Streit um Referat für Klimaschutz als Auslöser

Bereits Freitag Nacht manifestierten sich dann bereits im Vorfeld zutage getretene Unstimmigkeiten vor allem zwischen VSStÖ und GRAS. Vor kurzem war auch an der Uni Wien die Zusammenarbeit der beiden Koalitionspartner zerbrochen. Diesmal war eine Auseinandersetzung um die im Koalitionsvertrag vorgesehene Einrichtung eines Referats für Ökologie und Klimaschutz der Auslöser.

Der VSStÖ stimmte dem entsprechenden Antrag nicht zu, da die GRAS ihn mit einer Deckelung der Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter verknüpfte. Die nötige Mehrheit fand er nur deshalb, weil Oppositionsparteien dafür stimmten. Ab dann ging es bei der Sitzung drunter und drüber: Einmal stimmten die Koalitionspartner bei der im Raum stehenden Abwahl von Referenten miteinander, dann wieder gegeneinander – so beschloss etwa die GRAS gemeinsam mit der VP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) und den Jungen Liberalen Studierenden (JUNOS) gegen VSStÖ und FLÖ einen Plan zur Einschränkung der Printausgabe des ÖH-Magazins "progress".

Personalwechsel scheiterte

In Sachen Personal endgültig aus dem Ruder lief die Sitzung dann, als nach dem vereinbarten Rücktritt des aus dem VSStÖ stammenden Wirtschaftsreferenten sein aus der GRAS stammender Nachfolgekandidat nicht die nötige Mehrheit bekam. Kurz darauf kündigte dann sein aus der FLÖ stammender Stellvertreter ebenfalls seinen Rücktritt an.

Genau diesen verweigerten dann konsequenterweise sowohl Novakovic als auch Jandl – damit scheiterte der im Koalitionsvertrag vorgesehene Vorsitzwechsel. Nach der Sonntag Früh nach (ohne Einrechnung einer mehrstündigen Unterbrechung) 31 Stunden beendeten Marathonsitzung hat die ÖH damit zwar weiter einen Vorsitz, aber nur mehr eine äußerst wacklige Koalition.

ÖH ohne Wirtschaftsrefernten nicht handlungsfähig

Endgültig den Rest geben könnte ihr die nun anstehende Nachbesetzung des Wirtschaftsrerefenten, ohne dessen Unterschrift die ÖH vielfach nicht handlungsfähig ist. Die Stelle kann nun zwar von Novakovic interimistisch nachbesetzt werden – allerdings ist es in der ÖH eine Art No-Go, dafür einen Vertreter der eigenen Fraktion heranzuziehen.

GRAS, VSStÖ (beide 13) und FLÖ (fünf) verfügen über 31 Sitze in der 55-köpfigen Bundesvertretung, dem österreichweiten Studentenparlament. Die AG hält 15 Mandate, die JUNOS sechs, zwei konkurrierende Kommunistische StudentInnenverbände (KSV-KJÖ bzw. KSV LiLi) sowie der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) je eines. Die nächsten ÖH-Wahlen finden im Frühjahr 2021 statt. (APA, 21.6.2020)