Nach den Krawallen, die türkische Nationalisten in Favoriten veranstalteten, verspürte Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) offenbar den Drang, schnell etwas liefern zu müssen. Sie wird nicht müde zu verkünden, dass die Dokumentationsstelle politischer Islam noch im Juli starten soll, um problematische Netzwerke und Vereine zu durchleuchten. Seither herrscht Verwirrung.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) verkündet, dass die Dokumentationsstelle politischer Islam noch im Juli starten soll.
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Dafür dass die Dokustelle bald ihre Arbeit aufnehmen soll, weiß man fast nichts über sie. Der politische Islam ist in seiner Breite diffizil und geht über Favoriten weit hinaus. Die Stelle sollte mit Grundlagenarbeit beginnen und nicht mit einer angeordneten Vereinsforschung. Auch Raabs Ankündigung, dass sie den "Nährboden" für Gewalt, Segregation und radikales Gedankengut erklären soll, beginnt mitten im Thema und nicht bei der Frage: Worüber reden wir überhaupt? Eine Ausschreibung für die Leitung fehlt auch noch. Was da bald starten soll, ist völlig unklar.

Die Dokustelle hat nur eine Chance, wenn sich die Politik raushält. Dieser Spagat gelingt noch nicht. Raab sagt etwa, dass die Dokustelle "unabhängig" sein soll, aber auch, dass sie eine Frau an der Spitze will. Die Sorge unter Experten, dass die Dokustelle nicht frei von Parteipolitik sein könnte, ist da. Damit würde sie ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Eine solche Stelle könnte für einen komplexen Bereich endlich Fakten schaffen. Dafür muss die Wissenschaft aber sicher sein, dass sie frei arbeiten kann. (Jan Michael Marchart, 11.7.2020)