XB-1, ein Prototyp im Maßstab 1:3 des kommenden Überschalljets Overture von Boom.

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Ein Blick in den Hangar der in Texas ansässigen Firma Boom.

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X-59 QueSST: Das Überschallflugzeug wird von Lockheed Martin und der Nasa entwickelt. 2021 soll es erstmals abheben.

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Vor rund 51 Jahren hob die legendäre Concorde zum ersten Mal ab. Gerade einmal 29 Minuten dauerte der Flug des Überschallflugzeugs, aber er ging in die Luftfahrtgeschichte ein. Acht Jahre später nahmen Air France und British Airways den Linienverkehr nach New York auf. Dreieinhalb Stunden dauerte der Flug von Paris nach New York. Bis heute schwärmen frühere Passagiere von dem unvergleichlichen Flugerlebnis.

Rein wirtschaftlich war die Concorde nie ein Erfolg: zu teuer, zu laut, immens hoher Kerosinverbrauch. Und dann kam im Juli 2000 die Katastrophe: Kurz nach dem Start vom Flughafen Paris verunglückte eine Concorde, alle 109 Insassen sowie vier Menschen am Boden starben. Ursache des Unglücks war ein auf der Startbahn liegender Blechstreifen. Es war der Anfang vom Ende der "Königin der Lüfte". Hinzu kamen die Luftfahrtkrise nach dem 11. September 2001 und rasant steigende Wartungskosten. 2003 war Schluss mit der Concorde. Der legendäre Überschalljet ist nur noch in Museen zu bewundern.

Testflüge

Nun zeichnet sich eine neue Ära des Fliegens über der Schallgrenze ab. Das in Denver ansässige Start-up Boom will am 7. Oktober XB-1, einen 1: 3-Prototyp seines kommenden Überschall-Verkehrsflugzeugs namens Overture, präsentieren und mit den Testflügen beginnen. Mit der kommerziellen Produktion des neuen Jets mit 55 Plätzen zum Stückpreis von 200 Millionen Dollar will Boom in rund fünf Jahren beginnen. "Mit dem XB-1 beweisen wir unsere Bereitschaft, Überschall zurückzubringen", sagt Boom-Chef Blake Scholl in einem Statement. "Wir stellen sicher, dass der Überschallflug der Zukunft sicher und ökologisch wie auch wirtschaftlich nachhaltig ist."

Laut Boom besteht der Zweck von XB-1 darin, die Schlüsseltechnologien für Overture zu demonstrieren – etwa die Kohlefaserverbundkonstruktion und die computeroptimierte hocheffiziente Aerodynamik des Flugzeugs. Das Unternehmen hat außerdem Bilder des Versuchsflugzeugs, das als "das am schnellsten privat entwickelte Flugzeug der Geschichte" bezeichnet wird, im Hangar veröffentlicht, einschließlich der Fertigstellung seiner Flügelinstallation.

Mit den Ergebnissen des XB-1-Testprogramms, das zu 100 Prozent klimaneutral sein soll, will das Unternehmen das Design für Overture dann weiter optimieren.

Überschall nur über dem Meer

Vor der Pandemie hatte Boom Vorbestellungen im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar (5,2 Milliarden Euro) für das Flugzeug mit einem Preis von 200 Millionen Dollar (175 Millionen Euro) erhalten. Zu den Käufern gehören Virgin Group und Japan Airlines, die 2017 zehn Millionen Dollar (8,7 Millionen Euro) in das Unternehmen investierten.

Wenn alles nach Plan läuft, soll Overture ab 2030 mit Passagieren an Bord abheben. Man will sich auf transozeanische Strecken konzentrieren, auf denen der Überschalljet die Vorteile seiner hohen Reisegeschwindigkeit von Mach 2,2 voll ausspielen kann – beispielsweise von New York nach London. Reisedauer: drei Stunden und 15 Minuten.

Das Flugzeug wurde laut Boom mit den neuesten geräuschreduzierenden Technologien entwickelt und soll nur über den Ozeanen mit Überschallgeschwindigkeit unterwegs sei – um sicherzustellen, dass in besiedelten Gebieten nichts vom Überschallknall zu hören ist.

Wettlauf

Boom ist allerdings nicht das einzige Unternehmen, das versucht, das Überschallflugzeug zurückzubringen. So baut etwa die Aerion Corporation in Reno einen Überschall-Passagierjet, AS2, der bis zu zwölf Passagiere aufnehmen kann.

Weiters entwickelt die US-Raumfahrtbehörde Nasa gemeinsam mit Lockheed Martin den X-59 QueSST. Ein Testflug ist für 2021 angesetzt. Auch dort arbeitet man an einer Lösung für den Knall, der die Concorde bei Flughafenanwohnern so unbeliebt machte: Dank der superschmalen Form soll der X-59 beim Wechseln ins Überschalltempo kaum Lärm verursachen. (max, APA, dpa, 16.7.2020)