Im Gastkommentar tritt die Schriftstellerin Olga Flor für eine Debatte über Denkbequemlichkeit ein. Diese sehe aber anders aus als eine "als Satire verbrämte Drescherei verunglimpfendster Klischees".

Ja, in der Tat: Kultur braucht Konfrontation, Reflexion und Diskussion gerade dort, wo es intellektuell auch schwierig und emotional womöglich schmerzhaft wird. Im günstigsten Fall vermag Kunst, solche Prozesse anzustoßen und dabei zu helfen, das eigene Denken zu hinterfragen.

Lisa Eckhart.
Foto: Imago / André Havergo

Aber: Das schenkelklopfende Dreschen von sattsam altbekannten Klischees, die noch dazu den Muff von tausend Jahren aus sämtlichen ungelüfteten Falten verströmen, ist nicht unbedingt ein sinnvoller Ausgangspunkt einer diskursiven Auseinandersetzung, egal wie oft das auch behauptet werden mag. Es ist nichts anderes als ein Mittel zur selbstzufriedenen Herabwürdigung anderer mit fett aufgetragenen – und ach Jottchen, wie originell, angeblich "unkorrekten" – Sprachbildern, die nichtsdestoweniger längst im Mainstream herumschwirren: Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, you name it, bei Lisa Eckharts Bühnenfigurenäußerungen ist für jede(n) etwas dabei, vorgetragen im Ton zynischer Besserwisserei und triefenden Hohns. In besonders unerträglichem Ausmaß schwelgt die Figur in Antisemitismus, und die entsprechenden Passagen sollen hier nicht noch einmal zitiert werden, den Raum verdienen sie nicht.

Debatte über Denkbequemlichkeit

Festgehalten werden soll hier ebenfalls, dass die Auseinandersetzung mit einer Bühnenfigur eine völlig andere Sache ist als die literarisch kritische Auseinandersetzung mit einem fiktionalen Werk. Und ja, werbetechnisch hätte dem Verlag nichts Besseres passieren können als die Hamburger Ausladung der Autorin Lasselsberger/Eckhart – dabei steht es natürlich jeder Veranstalterin frei, ein- und auszuladen, wen sie will, sofern sie nicht eine Jury mit der Auswahl beauftragt, denn dann ist deren Entscheidung zu respektieren, sonst erübrigt sich das Juryprinzip. Und es ist kaum etwas Ungeschickteres vorstellbar, etwas, das mehr nach hinten loszugehen imstande ist, das mehr affirmative Aufmerksamkeit für die Einausgeladenen generiert (wie sich gerade wieder zeigt), als die Ausladung nach vorheriger Einladung.

Was allerdings sehr wohl Raum braucht, ist die Diskussion darüber, wie kritische Auseinandersetzung mit den Problemen der Zeit aussehen kann, und, das sei hier festgestellt: Ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Denkbequemlichkeit – die absolut zu fordern ist – sieht anders aus als eine als Satire verbrämte Drescherei verunglimpfendster Klischees, die ihr Spannungspotenzial aus dem angeblichen Tabubruch ziehen will, der längst keiner mehr ist, zu abgeschmackt oft wurde er bereits begangen. (Olga Flor, 12.8.2020)