Der Spielraum für beruhigende Fantasien über eine Rückkehr des Arbeitens in der Form wie vor Corona ist sehr gering. Die Umwälzungen, mit denen wir alle konfrontiert sind, gehen tiefer, als nach dem Sommerurlaub bloß ein paar neue Hygienemaßnahmen zu beachten oder mit ein paar Plexiglaswänden in Büros zurechtzukommen. Ob Corona tatsächlich einen so großen Digitalisierungsschub gebracht hat (oder nur gute Geschäfte für Videokonferenzanbieter), darf infrage gestellt werden. Dass Corona die bis jetzt gewohnte Arbeitswelt zu einem Bruch geführt hat, ist aber offensichtlich.

Was passiert ist, zeigt sich klar: Berufseinsteiger, also Junge zwischen 19 und 24, haben zu Tausenden ihre Beschäftigung verloren. Sie sind rausgefallen oder kommen nicht rein in das Jobkarussell. Homeoffice wird dort, wo es geht, fixer Bestandteil des neuen Arbeitens sein. Das klingt gut und nach Selbstbestimmung – tatsächlich wirken dadurch aber neue Selektionsmechanismen. Entscheidend für eine Karriere im Homeoffice wird sein, ob die Wohnung groß genug ist. Ob Kinder da sind oder nicht. Wie lange man schon in der Firma ist und wie gut man die Abläufe kennt, ins Informelle eingebunden ist.

Entscheidend für eine Karriere im Homeoffice wird sein, ob die Wohnung groß genug ist.
Foto: imago/Sven Simon

Diese "Erfolgskriterien" des neuen Arbeitens wirken nachweislich für Frauen exkludierend. Für Frischlinge im Unternehmen ebenso. Für alle, die in ihrem Job gut sind, aber allein nicht zurechtkommen, auch.

Überlebensmodus

Was noch passieren wird, lässt sich erahnen: Nebst fast 425.000 registrierten Arbeitslosen sind noch 450.000 Arbeitende in Kurzarbeit, die bis Dezember beansprucht werden kann.

Und Unternehmen sind jetzt, nach dem Überlebensmodus, heftig mit Umbauarbeiten beschäftigt. Unter welcher Devise die internen Umbauten stehen, zeigt eine Umfrage der Personalberater Amrop Jenewein unter den Personalchefs des Landes – sie nennen Restrukturierung, Kostensenkung und Kostenkontrolle als die Prioritäten der kommenden Monate. Ein Schelm, wer Böses denkt, aber dass jetzt nicht geschaut wird, wo "ausgeputzt" werden kann, ist unwahrscheinlich. Gleichzeitig klagen Firmenchefs hinter vorgehaltener Hand, dass sich die Leute (es waren über eine Million in Kurzarbeit) halt schon an 50 Prozent Arbeit bei 80 Prozent Gehalt gewöhnt hätten und dass Betriebsräte mit Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche respektive einer 30-Stunden-Woche in der Tür stünden. Das erklärt vermutlich auch die Umfrageergebnisse des Jobportals karriere.at, wonach sich die meisten jetzt eine 30-Stunden-Woche wünschen. Die Frage nach Lohnausgleich wurde wohlweislich erst gar nicht gestellt.

Faktisch ist sie bereits beantwortet. Die nächste Zukunft der Arbeit wird nicht nur weniger Arbeit sein, sondern vielfach eine Arbeit zu einem geringeren Preis und für weniger Menschen. Wer zu welchem Lohn wo arbeiten wird, das wird in Unternehmen gerade neu verteilt. Das ausgesprochen unbeliebte und zwanghaft vermiedene Stichwort für viele dazu wird Verzicht lauten. Verzicht auf (noch immer) gewohnte Sicherheiten. In diese Debatten muss sich die Politik jetzt einschalten, denn es kann nicht nur um eine neue Arbeit zum Wohle der Unternehmen gehen. Das Thema ist viel größer und ein zentraler Hebel für Verteilungsfragen. Angesichts der wenig rosigen Aussichten für Junge ist es vor allem auch ein Generationenthema. (Karin Bauer, 16.8.2020)