Aus Angst vor Repression lebt der Russe Pawel Durow im Ausland.

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Die App ist offensichtlich ein wichtiges Werkzeug für Umstürzler. So spielt der Messengerdienst Telegram auch bei den Protesten in Belarus eine wichtige Rolle. Aktivisten nutzen Telegram für eine blitzschnelle Verbreitung von Protestaufrufen, Nachrichten und Warnungen vor Gefahren und Hilfsangeboten für die Opfer. Dort sind auch bestürzende Videoclips von der Polizeigewalt gegen Demonstranten zu sehen. Telegram-Gründer Pawel Durow hat bei Twitter mitgeteilt, dass er die Proteste unterstütze.

Während viele Internetseiten immer wieder blockiert sind, funktioniert oft nur noch das von ihm gegründete Netzwerk – ohne staatliche Zensur. Auch bei den Protesten gegen den Kreml oder das Regime in Teheran nahm Telegram in den vergangenen Jahren wieder eine herausragende Stellung ein.

Der "russische Mark Zuckerberg"

In Medien wird der 35-jährige Durow gerne als "russischer Mark Zuckerberg" bezeichnet. Das passt. Er gründete im Jahr 2006 mit VK-Kontakten einen Klon von Facebook, der das Original in Russland und anderen Staaten in den Schatten stellt. 2013 folgte die Messengerplattform Telegram, die auf der ganzen Welt an die 400 Millionen Menschen nutzen. An der Seite von Durow steht sein älterer Bruder Nikolai, ein Wunderkind, das mit drei Jahren schon lesen konnte und später bei Programmier- und Mathe-Olympiaden abräumte. Die Brüder wuchsen in Turin sowie St. Petersburg auf, sie gehen arbeitsteilig vor. Pawel tritt als unbeugsamer, rebellischer Geschäftsmann auf, während Nikolai sich um die Technik kümmert.

Telegram betreiben die Brüder als eine Art Hobby. Das Geld für die Entwicklung stammt aus dem Verkauf von VK-Anteilen, die nicht alle ganz freiwillig abgegeben wurden. Nach dem Start von Telegram zerstritt sich Pawel Durow mit Investoren, die sich zuvor in das Unternehmen eingekauft hatten. Sie drängten ihn aus dem Unternehmen. Mittlerweile gehört VK dem russischen Internetkonzern mail.ru.

Untergetaucht

Aus Angst vor Repression lebt Durow im Ausland, neben der russischen hat er eine Staatsbürgerschaft des Inselstaats St. Kitts und Nevis. Kurz nach dem Verkauf seiner VK-Anteile im Jahr 2014 wurde gegen ihn ein Verfahren wegen "Gewaltanwendung gegen einen Vertreter der Staatsgewalt" eröffnet. Er soll einen Verkehrspolizisten angefahren haben. Durow bestritt dies und verließ Russland. Wo er untergetaucht ist, ist unklar, immerhin meldet er sich via Twitter regelmäßig zu Wort. Über Privates schweigt er. (Markus Sulzbacher, 18.8. 2020)