Der frühere Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) warnt in seinem Gastkommentar vor einer Holding oder einer Generaldirektion für die österreichischen Museen.

Es gibt traditionell im beginnenden Herbst ein "Ungeheuer von Loch Ness" zu beleben. Diesmal passiert es in der Kultur: Es ist wieder die Holding oder eine Generaldirektion für die österreichischen Museen. Als ich 1989 das Wissenschaftsministerium nach Hans Tuppy übernahm, stand diese Idee auch schon im Raum, die allerdings von mir erfolgreich "beerdigt" wurde. Man wusste zwar, wer diese Holding leiten sollte, was aber in Wirklichkeit geschehen sollte, war nicht klar. Es sind immer dieselben Gedanken: Zusammenlegung von Buchhaltung, Finanzierung, Personalangelegenheiten et cetera.

Nicht nur das Kunsthistorische Museum im Blick: Braucht es tatsächlich eine Holding oder Generaldirektion für Österreichs Museen?
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Es wundert mich auch daher nicht, dass die neue Staatssekretärin Andrea Mayer auch damit auftaucht, weil sie sich hier in einer Reihe von Aktivitäten gleicher Art befindet, die insbesondere bei einem Personenwechsel auftauchen. Hoffentlich gelingt es diesmal, eine sachlichere Diskussion zu führen, wobei ich den Ärger des Albertina-Generaldirektors Klaus Albrecht Schröder verstehe (Stichwort "gerechter Verteilungsschlüssel"), wenngleich ich seine Meinung über die Rolle der Theater nicht teile.

Was ist das eigentliche Resultat einer solchen Bemühung? Zunächst einmal mehr Personal, neue Leitungsstellen, Notwendigkeit zu mehr Koordination und Kontrolle – und natürlich Postenvergabe. Um es klar zu sagen: Eingespart wird damit nichts, im Gegenteil. Das konnte man schon bisher bei Zusammenlegungen in diesem Bereich sehen, etwa der Eingliederung des Theatermuseums in das Kunsthistorische Museum, die nur dazu geführt hat, dass eine selbstständige Linie des Museums gar nicht entstehen kann.

De facto geschlossen

Wenn etwa die Akademie ihre Sammlung wegen Reparatur unterbringen muss, wird dieses Museum de facto geschlossen, wobei gerade die Theaterstadt Wien eine solche Einrichtung dringend braucht. Beim 100-Jahr-Jubiläum der Salzburger Festspiele konnte man beobachten, dass bei der einschlägigen Landesausstellung auch wieder irgendwo das Theatermuseum auftaucht, was natürlich eine selbstständige und engagierte Leitung voraussetzt.

Was wäre das Ergebnis einer solchen Holding? Mit Sicherheit mehr Personal und höhere Kosten. Da muss es neben der Buchhaltung eine Oberbuchhaltung geben, wozu es natürlich ganz selbstverständlich auch weiterbestehende Abteilungen im zuständigen Ministerium geben wird, die erst recht wieder kontrollieren. Wir erleben am Mattersburger Beispiel: Kontrollorganisationen ohne Ende, aber eine Kontrolle findet wirklich nicht statt. Sie ist daher in der Nähe anzusiedeln und sollte der Autonomie einer Kultureinrichtung überlassen bleiben. Es gibt ohnehin mit Rechnungshof oder Parlament genügend Kontrolleure, sodass die berühmte Frage "Wer kontrolliert die Kontrolleure?" auch hier gestellt werden kann.

Gewachsene Einheiten

Es ist gar nicht erstrebenswert, eine einheitliche Ausrichtung der verschiedenen Museen zu erhalten, da alle ihre eigene Geschichte haben, ein eigenes Bild und eine Trademark entwickelten und gerade die für die Kunst so selbstverständliche Verschiedenheit symbolisieren. Es sind gewachsene Einheiten, nicht nur mit einer großen Tradition, sondern eben auch der Bündelung einer entsprechenden Fantasie!

Frage: Was hätte die Museumsholding anders gemacht im Falle der Besetzung des Kunsthistorischen Museums, nämlich des Scheiterns einer entsprechenden Nachfolgelösung? Hätte die Holding die Courage gehabt, rechtzeitig dem deutschen Kandidaten aus Florenz abzusagen? Wir haben auch nach wie vor viele Bauvorhaben und Notwendigkeiten von Erweiterung. Was wird durch eine zentrale Einheit besser, da es ja ohnehin noch die Bundesimmobiliengesellschaft und andere gibt, die hier mitzureden haben? Was wird die Holding gegenüber dem Finanzministerium ausrichten, wenn es nicht der Minister erreicht, dass notwendigerweise mehr Geld in die Museen geht?

Eine pädagogische Ausrichtung der Museen muss vor Ort in den einzelnen Instituten entwickelt werden, und ganz sicher nicht zentral. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, wobei man sich auch dann noch die Frage stellen muss, wenn eine solche Holding existiert, wozu es dann noch eigentlich ein Kunststaatssekretariat gibt? Wenn dieser Bereich schon zum Ministerium werden muss, wird das durch die Einrichtung einer Holding nicht befördert, denn eigentlich wäre es die Aufgabe des Staatssekretariats beziehungsweise eines Ministeriums, diese Holding selbst darzustellen. Die Holding wäre politiknäher als die jetzige Lösung – das tut der Kultur nie gut!

Genug Aufgaben

Aufgaben für die neue Staatssekretärin gibt es genug: Neben den Fragen der Finanzierung ist es vor allem auch die internationale Präsenz, die Schaffung von Austauschen, um der internationalen Qualität unserer Museen das Zeigen der Schätze aus anderen Ländern hinzuzufügen.

Liebe Frau Staatssekretärin, hier gibt es genügend Tätigkeiten, die durchaus möglich sind und dazu beitragen, Ihr politisches Profil zu stärken. Wir haben ohnehin zu viel Bürokratie, also ist die Schaffung neuer Einheiten alles andere als notwendig! (Erhard Busek, 16.9.2020)