Die Anklagebehörde WKStA wird das Urteil gegen Karl-Heinz Grasser und Co nicht bekämpfen.

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Wien – Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird das Urteil in der Causa Grasser nicht bekämpfen. Das hat DER STANDARD am Montagnachmittag auf Anfrage erfahren. Die Rechtsmittel, die zur Verfügung stünden, sind die Berufung gegen die Strafhöhe, für die im konkreten Fall das Oberlandesgericht (OLG) Wien zuständig ist. Zudem könnte Nichtigkeitsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof (OGH) eingebracht werden. Die WKStA wird beides nicht tun.

Sie hatte einen Vorhabensbericht bei den Oberbehörden (Oberstaatsanwaltschaft Wien und Bundesministerium für Justiz) eingebracht, die in derartige Entscheidungen eingebunden sind. Die Dreitagesfrist für die Anmeldung von Rechtsmitteln läuft am Montag um 24 Uhr ab.

Angeklagte empört

Rechtskräftig sind die Urteilssprüche in der Causa Buwog und Telekom gegen Karl-Heinz Grasser und andere, die am Freitag verkündet worden sind, nicht. Grasser hat, wie berichtet, acht Jahre Haft ausgefasst, sein Trauzeuge und Exlobbyist Walter Meischberger sieben und Exlobbyist Peter Hochegger sechs Jahre. Sie alle werden in Berufung gehen und Nichtigkeitsbeschwerden einbringen, das haben sie beziehungsweise ihre Verteidiger bereits erklärt.

Grasser und Meischberger sprechen von einem "krassen Fehlurteil" (Grasser) beziehungsweise einem "Justizskandal" (Meischberger) und haben auch angekündigt, sich an den Verfassungsgerichtshof beziehungsweise Menschenrechtsgerichtshof wenden zu wollen. Solange Urteile nicht rechtskräftig sind, gilt die Unschuldsvermutung. Rechtskräftig werden nun die sechs Freisprüche, die der Richtersenat unter Marion Hohenecker gefällt hat.

Hocheggers Teilgeständnis nützte nichts

Vor allem Hocheggers Verurteilung zu sechs Jahren hat für einige Überraschung gesorgt – hatte er doch ein Teilgeständnis abgelegt. Die Richterin hat ihm das Reumütige daran nicht abgenommen, es sei ein taktisches Manöver gewesen. Hochegger selbst (er sieht sich ja geläutert) nimmt es, wie immer, gelassen: Alles habe einen Sinn im Leben, sagt er, wobei er schon einräumt, dass er am Freitag bei der Urteilsverkündung diesen Sinn noch nicht habe erkennen können. Er bereue es jedenfalls nicht, das Teilgeständnis abgelegt zu haben. (Renate Graber, 7.12.2020)