Sich zu kümmern, das ist Frauensache. Um Alte, um Kinder, sowohl als Beruf als auch unbezahlt. Der Staat fühlt sich auch nach fast einem Jahr Corona-Krise nicht mehr fürs Kümmern zuständig als bisher. Und das ist zu wenig.

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Wir haben es in den ersten Monaten dieses Jahres festgestellt, und wir sehen es wieder in den letzten. Wenn Schulen und Kindergärten ausfallen, wenn alles aus dem Ruder läuft und komplett umgeplant werden muss, wenn nichts mehr funktioniert wie bisher, dann kommen vor allem Frauen zum Handkuss. Wissen wir längst? Stimmt. Schließlich gehen sie – Krise hin oder her – generell weit häufiger in Teilzeit, um dann für immer für die unbezahlte Arbeit zuständig zu sein. Sie hackeln schließlich weniger, heißt es dann oft. Nun ja, dass das eben nicht stimmt, wissen wir auch. Sie hackeln sogar mehr –und mehr Stunden davon unbezahlt. Wissen wir auch schon. Aber jetzt, nach zehn Monaten Corona-Krise, bekamen wir hautnah die aktualisierte Neuauflage alter Probleme präsentiert.

Keine Debatte über echte Veränderung

Laut einer Sora-Umfrage hat sich die Situation im zweiten Lockdown für Familien sogar noch weiter zugespitzt. Weniger Menschen waren in Kurzarbeit, die Möglichkeit von Homeoffice war auch weniger gegeben. Gleichzeitig blieb die Betreuungssituation prekär, Großeltern als das bisher oft übliche Kinderbetreuungssicherheitsnetz sind weiter keine Option. Diese große Krise spiegelt sich auch in den vielen kleinen Krisen wider, die Familien jeden Tag so haben. Und sei es nur, wenn ein grippaler Infekt ausbricht oder das Kind wegen Lausbefalls nicht in die Kinderkrippe darf. Schon diese Kleinigkeiten werden dann vor allem in Familien mit Alleinerziehenden, in ärmeren Familien (Babysitter sind dann keine Option) und bei solchen auf dem Land mit teils jenseitigen Kinderbetreuungsangeboten zum Problem.

Das Erschütternde in diesem Jahr war auch, dass die Situation praktisch keine Debatte darüber ausgelöst hat, wie man die Verteilung der Sorgearbeit endlich langfristig angehen könnte. Wenn es Hilfen gab, tat man gern so, als ob halt jetzt Hilfe nötig sei. Der Subtext, der daran hängt, lautet somit: Eigentlich passt es eh so, wie es ist. Es passt aber generell nicht, nicht nur in Krisenzeiten. Die Journalistin Chris Köver hatte dafür dieses schöne Bild parat.

Die vorwiegende Zuständigkeit von Frauen muss endlich ursächlich angegangen werden. Schlicht weil sie keine private Entscheidung ist. Es ist eine gesellschaftlich forcierte. Die Karenzmodelle sind veraltet und müssten viel stärker darauf setzen, dass deutlich mehr Monate zwischen Müttern und Vätern verpflichtend aufgeteilt werden müssen. Dann hätten Männer auch weniger ein Problem damit, ihre längeren Karenzen im Job zu rechtfertigen.

Beschämender Zustand

Und der Ausbau der Kinderbetreuung auf dem Land müsste ernsthaft vorangetrieben werden. Und warum gibt es eigentlich keine 24-Stunden-Hilfe für Alleinerziehende, wenn diese selbst krank werden oder wenn sie keinen Pflegeurlaub mehr haben? In Erzählungen von Alleinerziehenden ist immer wieder von dieser großen Angst die Rede, was ist, wenn sie selbst ausfallen. Dass sich dann niemand um das Kind kümmert. Ein solcher Zustand ist beschämend für ein reiches Land wie Österreich, für seine Prioritäten und die Haltung, dass unbezahlte Sorgearbeit schon irgendwer erledigen wird, weil der Staat sich fürs Kümmern nicht zuständig fühlt. (Beate Hausbichler, 16.12.2020)