Der Bikepark Innsbruck war mit kaufentscheidend, heißt es seitens des TVB.

Foto: Innsbruck Tourismus / Tommy Bause

Im Winter ist die Muttereralm ein beliebtes Familienskigebiet.

Foto: Innsbruck Tourismus / Tom Bause

Innsbruck – Die Muttereralmbahn wechselt Ende April 2021 den Besitzer. Das freut Karin Seiler-Lall, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Innsbruck (TVB), der mit 58 Prozent Hauptgesellschafter ist: "Wir haben die Bahn 2012 übernommen, um die Insolvenz zu verhindern. Schon damals war klar, dass wir sie wieder verkaufen." Jahrelang habe man sich bemüht, schwarze Zahlen zu schreiben, um in den Verkauf gehen zu können.

Dazu wurde in den Sommer investiert, weil die Winter in der Region zu kurz und zu wenig schneesicher sind, um davon leben zu können. So entstand unter anderem der Bikepark Innsbruck auf der Muttereralm. Mit Erfolg, wie Seiler-Lall sagt: "2019 konnten wir erstmals positiv abschließen, heuer auch." Neben dem Bikepark ist Mutters auch seit 2017 Europas Austragungsort des größten Gravity-Bikefestivals der Welt: Crankworx. Diese sommerliche Angebotserweiterung, so Seiler-Lall, sei neben der Stadtnähe ein Kaufargument für die neuen Besitzer gewesen.

Für den TVB sei der Verkauf der Bahn auch deshalb wichtig, weil man als Hauptgesellschafter in einen Interessenkonflikt komme. Denn die anderen Bergbahnen der TVB-Region sahen diese Rolle sehr kritisch, so Seiler-Lall: "Wir gerieten immer unter Beschuss, wenn wir in diese Bahn investierten."

Kritik an Intransparenz

Neben dem TVB sind die Gemeinden Mutters und Götzens Gesellschafter. Aus den Gemeinderäten beider Ortschaften kommt Kritik am Verkauf. Zwar haben beide Kommunen mehrheitlich zugestimmt, doch die Oppositionsfraktionen fühlen sich übergangen, wie der Mutterer Grünen-Gemeinderat Johannes Fritz erklärt: "Wir sind erschüttert über die Intransparenz."

Fritz kritisiert, dass die Gemeinderäte und Öffentlichkeit zu spät über den geplanten Verkauf informiert worden seien, offiziell erst vergangene Woche. Dennoch wurde diese Woche in den Gemeinderäten von Mutters und Götzens abgestimmt, Fritz' Antrag auf Verschiebung wurde abgelehnt. Auch der TVB-Aufsichtsrat sprach sich am Dienstag für den Verkauf aus, die Vollversammlung folgte dieser Empfehlung.

Zu billig ins Ausland verkauft?

Neben mangelnder Transparenz kritisieren die Gegner, dass der Zuschlag an den slowakischen Konzern Tatry Mountain Resort ging. Vom "Ausverkauf der Heimat" wird gewarnt. Und dass man zu billig verkauft habe.

Die Tatry-Gruppe bezahlt 3,25 Millionen Euro für die "schuldenfreie" Bahn. Weitere 1,25 Millionen sollen fließen, wenn die Muttereralm mit der Axamer Lizum, dem benachbarten Skigebiet, zusammengeschlossen wird. Diese Verbindung ist seit Jahren Thema und soll die Region für Touristen attraktiver machen. Der TVB hatte schon 2012 beschlossen, für eine Zusammenlegung fünf Millionen Euro beizusteuern. Diese Zusage wurde nun im Rahmen des Verkaufs erneut bestätigt, sollte der Zusammenschluss in den kommenden fünf Jahren umgesetzt werden. Gespräche dazu sollen nun bereits zwischen der Tatry-Gruppe und dem Besitzer der Axamer Lizum, dem Bauunternehmer Eduard Fröschl, laufen.

Seitens des TVB verweist man darauf, dass die öffentliche Hand durch den Verkauf gut wegkomme. Von den drei Angeboten, die es im anonymisierten Bieterverfahren in die Endauswahl geschafft haben, sei es mit Abstand das beste gewesen. Doch die Kritiker bemängeln, dass der Schuldenstand der Bahn derzeit rund 5,7 Millionen Euro betrage und somit immer noch ein Minus von mindestens 1,3 Millionen für die Gemeinden und den TVB bliebe, selbst wenn Tatry die vollen 4,5 Millionen bezahlt.

Konzern vs. Steuerzahler

In Innsbruck weiß man nur zu gut um die Gefahr, als Kommune eine Seilbahn zu betreiben. Das 80-Millionen-Euro-Debakel am Patscherkofel beschäftigt noch heute die Politik. In Mutters und Götzens wird nun aber befürchtet, dass man jegliches Mitspracherecht bei der Entwicklung abgetreten habe und einem ausländischen Konzern, der auf Gewinnmaximierung aus sei, ausgeliefert sei.

Die Tatry-Gruppe, die an den Börsen von Bratislava, Prag und Warschau notiert ist, betreibt in Zentral- und Osteuropa zahlreiche touristische Unternehmungen. Im Vorjahr kaufte sie erstmals in Österreich die Bergbahnen am Mölltaler Gletscher und am Ankogel in Kärnten. Dort ist auf Nachfrage zu hören, dass man sehr zufrieden sei und es seither "besser ginge", weil die Slowaken investieren wollten. Tatry gibt an, mit Ende 2019 insgesamt 400 Millionen in die Entwicklung seiner Resorts investiert zu haben.

Zukunft des Bikeparks ist gesichert

Auf Nachfrage bestätigt der TVB Innsbruck, dass die Tatry-Gruppe großes Interesse habe, den Bikepark auf Mutterer Seite weiter auszubauen. Die Pläne dafür existieren längst, lagen aber bislang in einer Schublade. Aus Mountainbike-Sicht birgt auch der geplante Zusammenschluss mit der Axamer Lizum Potential. Denn der dortige Eigner Fröschl hatte in jüngerer Vergangenheit bereits konkretere Pläne, ebenfalls in diese Sommernutzung zu investieren. Bislang wurde daraus aber nichts. Mithilfe eines Investors wie Tatry sowie den für den Zusammenschluss in Aussicht gestellten fünf Millionen Euro seitens des TVB könnten diese Pläne wieder Thema werden.

Aufseiten der Kritiker des Verkaufs sieht man all dies aber skeptisch, wie Gemeinderat Fritz erklärt. Er glaubt nicht daran, dass der Zusammenschluss jemals Realität werden könnte. Derzeit prüfe man, ob es noch rechtliche Schritte gibt, die den Verkauf verhindern. Fritz spricht sich für einen Verbleib der Bahn im Besitz der öffentlichen Hand aus, um dann eine nachhaltigere Nutzung anzustreben.

Grüne wollen nachhaltiges Konzept

Konkret schwebt ihm ein Naturpark Kalkkögel vor, in den die Bahn integriert werden solle. Zugleich tritt er für ein "Gesundschrumpfen" der Muttereralm ein. Das hieße laut Fritz "weniger Lifte, weniger Events und weniger Angebote". Nur so sei gesichert, dass man ein "klimaverträgliches Angebot" schafft und den CO2-Abdruck klein hält. All dies sei aber eben mit einem Konzern als Eigner nicht möglich, da für diesen nur der wirtschaftliche Erfolg im Vordergrund stehe.

Dass allerdings auch ein Verbleib der Bahn im Besitz der öffentlichen Hand keine Garantie für eine solche Art der Nutzung sei, räumt aber auch Fritz ein. Denn die Mehrheitsverhältnisse in den Gemeinderäten sind keineswegs grün. Dort dominieren ÖVP-nahe Fraktionen mit handfesten wirtschaftlichen Interessen, deren Ideen wiederum die Steuerzahler bezahlen müssten. (Steffen Arora, 16.12.2020)