Uniko-Chefin Sabine Seidler begrüßt die geplante ECTS-Hürde, die Beschneidung der Senate lehnt sie weitgehend ab.

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Die türkis-grüne Regierung hat eine weitreichende Reform des Universitätsgesetzes (UG) geplant. Die Novelle wird noch bis Mitte Jänner begutachtet, danach soll sie im Parlament beschlossen werden. Einer der strittigsten Punkte ist die geplante Machverschiebung an den Unis. Hier sieht die Novelle auf zahlreichen Feldern Kompetenzverluste des Senats vor, in dem zur Hälfte Professoren und zu je rund einem Viertel Studierende und der akademische Mittelbau vertreten sind.

Künftig soll etwa der Senat bei der ersten Wiederbestellung von Rektorinnen und Rektoren seine Mitsprache verlieren: Für eine Verlängerung um weitere vier Jahre würde eine Zustimmung des Universitätsrates ausreichen, der zur Hälfte von der Regierung und zur Hälfte vom Senat beschickt wird. Der Senat selbst wird laut Novelle aber nur mehr "angehört" und nicht mehr mitstimmen. Im Gespräch mit dem STANDARD erklärten Verfassungsrechtler am Montag, dass diese Ausschaltung des Senats verfassungswidrig sei, weil dadurch die Autonomie der Unis ausgehebelt werde. Ziel des Wissenschaftsministeriums von Heinz Faßmann (ÖVP) ist eine Stärkung der Rektoren bei der Steuerung der Unis. Wenn Rektoren sich erst nach acht Jahren wieder einem Senat stellen müssten, könne dies für mehr Kontinuität in der Führung der Unis sorgen, so die Erwartung.

Vertrauen nicht beschädigen

Nun wenden sich allerdings auch die Rektoren selbst gegen diese Art ihrer Aufwertung. In einer Aussendung vom Dienstag lässt die Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko), Sabine Seidler, wissen: "Die vorgeschlagene Änderung würde das Zusammenwirken der universitären Leitungsorgane und das wechselseitige Vertrauen, das die Grundlage für die erfolgreiche Leitung einer Universität darstellt, nachhaltig beeinträchtigen." Die Uniko, in der die Rektorinnen und Rektoren aller 22 öffentlichen Unis vertreten sind, fordert daher, eine Neuregelung des Wahlmodus zu unterlassen.

Das geplante Initiativrecht der Rektorate zur Erlassung von Curricula begrüßt die Uniko-Präsidentin zwar grundsätzlich, warnt aber, dass dieses "keinesfalls in den Dienst einer direkten Durchsetzung der Leistungsvereinbarungen" genommen werden dürfe. In den Erläuterungen der Novelle wird genau dies jedoch als Motivation des Ministeriums für die avisierte Richtlinienkompetenz des Rektorats gegenüber dem Senat bei Studienplänen angeführt. Die Uniko erblickt darin einen massiven Eingriff in die Autonomie, man lehne eine solche Durchgriffsmöglichkeit ab.

Uniko gegen Altersgrenze, Faßmanns Ressort beharrt darauf

Der geplanten Altersgrenze von 70 Jahren für Rektoren kann die Uniko nichts abgewinnen. Für diese Regelung sehe man keine Notwendigkeit: "Die Einziehung einer Altersgrenze für universitäre Funktionen wird generell als nicht sinnvoll erachtet." Die Innsbrucker Rechtsprofessorin Anna Gamper und ihr Kollege Peter Bußjäger erblicken in dem Vorhaben eine unhaltbare Altersdiskriminierung. Das Ministerium gibt sich von den juristischen Bedenken auf STANDARD-Anfrage unbeeindruckt: Man prüfe Übergangsbestimmungen, halte die 70er-Grenze aber prinzipiell für verfassungskonform.

Zustimmung zur ECTS-Pflicht

Die in der Novelle festgeschriebene Mindeststudienleistung von 24 ECTS-Punkten binnen der ersten vier Semester eines Studiums begrüßt die Universitätenkonferenz. Dieser "Erhöhung der Verbindlichkeit" stünden verbesserte Regeln zugunsten der Studierenden etwa bei der Anerkennung von ECTS-Punkten entgegen, befindet Uniko-Chefin Seidler.

Von den Grünen Studierenden (Gras) kam an dieser Aussage prompt heftige Kritik. Die Uniko beweise erneut, dass sie "keine Ahnung" von den Lebensrealitäten der Studierenden habe, und befeuere Leistungsdruck und soziale Selektion.

Innerhalb der Uniko gibt es veritable Meinungsverschiedenheiten zu studienrechtlichen Verschärfungen. Im November hatten sich die Rektoren der Kunstunis per Aussendung noch gegen eine Mindeststudienleistung – damals war von 16 ECTS-Punkten jährlich die Rede – ausgesprochen. Zur generellen Frage, ob man den Druck auf ein rasches Fortkommen im Studium erhöhen solle, war eine öffentliche Debatte in der Rektorenschaft entbrannt. (Theo Anders, 22.12.2020)