Obwohl hunderte Gastronomiebetriebe vorübergehend geschlossen sind, werden Köche aus dem Ausland gesucht.

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Wien – Mehr als eine halbe Million Menschen ohne Erwerbsarbeit hindern die Regierung nicht daran, weitere Facharbeiter ins Land zu locken. Zwei Tage vor Weihnachten wurde die Liste an Mangelberufen für das Jahr 2021 beschlossen. Sie erlaubt es Unternehmen, Fachkräfte aus Drittstaaten ins Land zu holen.

Unter den als Mangelberufe aufgelisteten Branchen findet sich im Lichte seit Wochen geschlossener Gastronomie- und Hotelbetriebe durchaus Originelles: So werden für Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg Gaststättenköche und -köchinnen gesucht, obwohl hunderte Arbeitnehmer dieser Branchen in Kurzarbeit oder arbeitslos gemeldet sind. Für sie ist die Wintersaison de facto gelaufen.

Verkäufer ohne Handelsbetriebe

Irritierend wirkt aufgrund geschlossener Geschäfte und zahlreicher Pleiten von Handelsbetrieben auch, dass im Land ob der Enns Händler und Verkäufer gesucht werden, vornehmlich von Parfümerien, Wasch- und Haushaltsartikeln, Farben und Lack. Das erschließt sich aus der von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) herausgegebenen Verordnung, mit der die Beschäftigung von ausländischen Fachkräften im Jahr 2021 erlaubt wird.

An Kellnern herrscht seit der Corona-Krise offenbar kein Mangel.
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Die massiv unter der Flaute in der Hotel- und Tourismusbranche leidenden Bäcker haben ebenfalls Bedarf an Arbeitskräftezuzug angemeldet, selbigen übrigens bundesweit, nicht nur für einzelne Bundesländer.

Auch die Friseurbranche, mangels Bällen, Faschings- und Konzertveranstaltungen ohnehin eines Gutteils ihrer Umsätze verlustig gegangen, hat offenbar Bedarf an Fachpersonal. Der Zuzug von Friseuren und Maskenbildnern wurde für Oberösterreich zugelassen.

Medizin und Dachdecker

Logisch erscheint hingegen die Freigabe des Fachkräftezuzugs im medizinischen Bereich. Pflegefachassistenten werden ebenso händeringend gesucht wie Ärzte, Pflegepersonal und diplomiertes Krankenpflegepersonal. Ob die Politik damit erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Denn weltweit ist Pflegepersonal Mangelware, manche Länder prüfen angesichts der Corona-Pandemie inzwischen, die Abwanderung von Pflegepersonal einzuschränken, um den Bedarf im eigenen Land decken zu können.

Zu den Fixstartern auf der Liste an Mangelberufen gehören Dach- und Schwarzdecker, Bautischler, Zimmerer und Spengler ebenso wie Fliesenleger, Schweißer und Fräser sowie diverses Fachpersonal aus dem Bereich Metall und Maschinenbau. Als Mangelberuf qualifiziert ist auch der Triebfahrzeugführer. Die Bahnen in Europa suchen händeringend Lokführer, obwohl der Schienengüterverkehr krisenbedingt unter Vorjahresniveau rangiert.

Schlechte Jobs perpetuiert

Der Gewerkschaft stößt die Zulassung von Fachkräften aus Drittstaaten naturgemäß sauer auf. Branchen, die kaum Beiträge zu mehr Ausbildung leisteten und auch noch unattraktive Arbeitsbedingungen und Bezahlung böten, würden davon profitieren. So würden schlecht dotierte Arbeitsverhältnisse perpetuiert, kritisiert die Dienstleistungsgewerkschaft Vida. Zudem werde von der Politik die dramatische Lage am Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt. Derzeit seien mehr als 13.000 Köche ohne Arbeit, aber Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg hätten Bedarf an Köchen angemeldet. Und: Obwohl 70.000 Personen in der Tourismusbranche ohne Arbeitsplatz seien, werde durch die Verordnung der Zuzug von Dienstnehmern aus Drittstaaten als Saisonkontingent ermöglicht. (Luise Ungerboeck, 5.1.2021)