Alma Zadić (Grüne, links) und Karoline Edtstadler (ÖVP) haben das Paket in der Regierung verhandelt.

Foto: apa / roland schlager

Es ist einer der gewichtigsten Kritikpunkte am türkis-grünen Entwurf für die Informationsfreiheit: der fehlende Beauftragte für ebendiese. Transparenzaktivisten, Neos und SPÖ wünschen sich eine solche Stelle, die nach der Abschaffung des Amtsgeheimnisses zwischen Antragstellern und Behörden vermittelt und diese auch berät. Transparenzvorbilder wie Slowenien haben einen Informationsfreiheitsbeauftragten eingeführt.

Auch die Grünen wollten ihn haben, sind bei der ÖVP aber schon während der Regierungsverhandlungen abgeblitzt. Die Volkspartei wollte keine neuen Strukturen schaffen. Der Kompromiss hört auf den Namen Datenschutzbehörde: Sie soll, so der von der Koalition verhandelte Entwurf, Behörden "beratend" zur Seite stehen.

Damit sind die Grünen allerdings alles andere als glücklich. Denn die Datenschutzbehörde (DSB) handelt wie aus dem Namen ersichtlich für den Datenschutz. Und dieser wird von Behörden sehr gerne pauschal vorgeschoben, um heikle Anfragen nicht beantworten zu müssen.

Das De-facto-Amtsgeheimnis

Zuletzt verweigerte etwa sogar Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Parlament die Auskunft darüber, welche Gemeinden wie viel Geld aus dem Corona-Hilfstopf der Bundesregierung erhalten – unter Verweis auf den Datenschutz. Während das Amtsgeheimnis also formal aus der Verfassung gestrichen werden soll, droht der Hinweis auf angeblich schützenswerte Daten weiterhin als De-facto-Amtsverschwiegenheit missbraucht zu werden. Denn diese gelten auch im türkis-grünen Gesetzesentwurf als Ausnahmegrund für die Informationsfreiheit, die Interessen müssen aber abgewogen werden.

Das Forum Informationsfreiheit, das seit Jahren für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses lobbyiert, fürchtet, dass die DSB "im Zweifel zum Zurückhalten der Informationen rät und so Geheimhaltung stärkt". Bürgerinnen und Bürger dagegen hätten aber keine Stelle, "die sie berät und Transparenz vorantreibt", kritisiert die NGO in einer Aussendung. Wer von einer öffentlichen Stelle keine oder nur eine unvollständige Antwort erhält, müsste in Zukunft – wie schon jetzt – den Weg zum Verwaltungsgericht antreten.

Informationsfreiheitsstelle durch die Hintertür

Die Grünen haben deshalb mit der Volkspartei eine Informationsfreiheitsstelle durch die Hintertür paktiert, wie aus dem grünen Klub im Parlament zu erfahren war: Innerhalb der DSB soll eine eigene Einheit geschaffen werden, die sich ausschließlich mit Informationsfreiheitsangelegenheiten befasst. Organisatorisch soll sie von den Datenschutzagenden strikt getrennt und dafür auch personell entsprechend ausgestattet werden.

Die DSB untersteht dem grün geführten Justizministerium und kann von dort aus auch umorganisiert werden. Für den notwendigen Ausbau brauchen die Grünen aber die Zustimmung des Koalitionspartners, weil zusätzliche Planstellen gemeinsam vereinbart werden müssen. "Das Ausmaß der Aufstockung der Datenschutzbehörde ist noch in Abklärung. Grundsätzlich wird bei der Ausgestaltung darauf zu achten sein, dass jene Personen, die eine Behörde bzw. Einrichtung beraten, nicht dieselben Personen sind, die über datenschutzrechtliche Beschwerden in derselben Sache entscheiden", heißt es aus dem Justizministerium.

Verhandlungen mit Rot und Blau

Für die Umsetzung des geplanten Pakets braucht die Koalition aber auch eine der beiden größeren Oppositionsparteien, da die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Rechts auf Information eine Verfassungsänderung bedeutet und deshalb einer Zweidrittelmehrheit bedarf. Volkspartei und Grüne werden deshalb mit SPÖ und FPÖ verhandeln. Dass diese einen Informationsfreiheitsbeauftragten ins Gesetz hineinverhandeln, ist unwahrscheinlich: Die FPÖ ist, ähnlich der ÖVP, gegen eine gänzlich neue Behörde. Die SPÖ kann sich das schon eher vorstellen, ist aber auch nicht mit Verve dahinter – ihr ist eine parallele Stärkung des parlamentarischen Fragerechts wichtiger.

Bis die Reform schlagend würde, dauert es aber ohnehin seine Zeit: Wegen der grundlegenden Umstellung der Verwaltung ist eine lange Übergangsfrist von eineinhalb Jahren geplant. Wirksam wird die Informationsfreiheit also frühestens 2023. (Sebastian Fellner, 3.3.2021)