In Wien startete der Protestzug gegen die Uni-Novelle am Mittwoch an der Mariahilfer Straße beim Westbahnhof.

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"Bildung für alle, sonst gibt's Krawalle", "Wir brennen für freie Bildung" oder "ECTS kann man nicht essen" steht auf den Plakaten: Auch am Mittwochnachmittag (siehe Infobox unten) protestierten wieder Studierende – wie bereits im Jänner – für freie Bildung und gegen die umstrittene Reform des Unigesetzes (UG). Sie folgten dem Aufruf der Protestbewegung Bildung brennt, die sich wegen der Novelle formiert hatte, und zahlreicher Hochschulvertretungen.

Auch wenn die Studierenden auf rechtlich sicherem Terrain demonstrierten, hatten sie keine Unterstützung von der bundesweiten Spitze der HochschülerInnenschaft (ÖH). ÖH-Chefin Sabine Hanger von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft distanzierte sich von der Demo im Jänner: "Mitten im Lockdown sollten Studierende Vorbilder sein, statt das Image Studierender als verantwortungslose Superspreader zu befeuern."

Aufgeladene Debatte um Protestformen

Da stellt sich die Frage: Ist Aufstand in der Pandemie nun weniger wichtig als unter "normalen" Umständen in "normalen" Zeiten? Monika Mokre, Politikwissenschafterin an der Akademie der Wissenschaften, sieht keinen Fehler im Demonstrieren. "Es ist legitim und wichtig, auch während einer Pandemie demokratische Rechte zu verteidigen, indem man sie ausübt", sagt Mokre. Zumal ihrer Beobachtung nach die Hygienemaßnahmen bei den Demos der letzten Zeit eingehalten worden seien – mit Ausnahme jener der Corona-Leugner. Da Corona aber fast die gesamte öffentliche Wahrnehmung beanspruche, sei es grundsätzlich schwierig, mit anderen Themen durchzukommen.

Ideologisch aufgeladen wird die Debatte um Protestformen durch den Zwist zwischen konservativem ÖH-Vorsitz und linken Fraktionen in den lokalen Vertretungen, die in der Bildung-brennt-Bewegung mitmischen. Politikwissenschafterin Mokre sagt dazu: "Selbstverständlich gibt es erhebliche Divergenzen über die Interessen. Diese ähneln durchaus denen in der österreichischen Politik und werden zum Teil von der Parteinähe der jeweiligen Studierendenfraktionen bestimmt."

Reform mitten in Pandemie

Auch unter den Studierenden sind die Meinungen gespalten: Der Medizinstudent Clemens R. wünscht sich zwar eine vor allem serviceorientierte ÖH, bewertet aber den Protest gegen die Novelle als "sehr sinnvoll", da es keinen Grund gebe, derart umstrittene Reformen in einer Pandemie durchzupeitschen. Armin L. studiert an der Pädagogischen Hochschule Wien und findet es "gut, dass sich die ÖH auf Bundesebene von Demos distanziert, weil Massenveranstaltungen pandemiebedingt fragwürdig und riskant sind". Jedoch wäre es im Gegenzug wichtig, dass Studierende online stärker mitbestimmen können und es dafür Plattformen gibt.

Kritik gegen die Novelle gab es nicht nur auf der Straße, sondern auch online: Knapp 600 Stellungnahmen waren bei deren Begutachtung eingegangen. Hinzu kommt die Petition "Bildung darf nicht weiter prekarisiert werden" der Bildung-brennt-Bewegung, die sich auch für einen fairen Zugang zu Bildung und eine Demokratisierung der Unis ausspricht. Über 25.700 Menschen haben bislang unterzeichnet. Widerstand auf digitalem Weg könne laut Lisa S., Studentin an der Uni für angewandte Kunst, die öffentliche Resonanz nicht steigern: "Bilder von Online-Protesten gehen nun einmal nicht um die Welt."

Druck teilweise erfolgreich

Der öffentliche Druck hat jedenfalls gefruchtet. Auf den letzten Metern weichte die Regierung die Novelle auf. So sollen etwa statt der 24 ECTS-Punkte in den ersten beiden Studienjahren nun 16 ECTS erreicht werden. Und wer diese Anzahl nicht schafft, wird nicht wie vorgesehen für zehn Jahre, sondern nur für zwei für das Studium gesperrt.

Für ÖH-Chefin Hanger wurde laut Aussendung bewiesen, "dass konstruktive Gespräche am Verhandlungstisch mehr bringen als illegale Raves unter dem Deckmantel von Demonstrationen". Die Forderungen von Bildung brennt sind durch die überarbeitete UG-Novelle aber noch nicht gänzlich erfüllt. Man stelle sich auf einen "Protestfrühling" ein – unter dem Motto "Bildung brennt weiter". (Adrian Bauer, 3.3.2021)