Washington – Knapp zwei Monate nach seinem Amtsantritt hat US-Präsident Joe Biden ein gewaltiges Wahlversprechen wahrgemacht. Nach dem Senat stimmte auch das Repräsentantenhaus dem Konjunkturpaket in Höhe von 1,9 Billionen Dollar (rund 1,6 Billionen Euro) zu. "Amerikanischer Rettungsplan" nennt sich das Gesetz zu den Corona-Hilfen und soll am Freitag mit Bidens Unterschrift in Kraft gesetzt werden.

Der Umfang des Pakets entspricht fast zehn Prozent der jährlichen US-Wirtschaftsleistung. Viele Republikaner hatten sich gegen derart umfangreiche Hilfen gesperrt. Biden will damit die Wirtschaft ankurbeln und Millionen neuer Jobs schaffen. Was genau beinhaltet das Paket, und wo liegen die Schwachpunkte?

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US-Präsident Joe Biden verbucht nach rund zwei Monaten im Amt mit dem Konjunkturpaket einen großen wirtschaftlichen Erfolg.
Foto: AP Photo/Andrew Harnik
  • Schecks (ohne Namen): Vorgesehen sind unter anderem Schecks über 1.400 Dollar für Millionen Bürger, was mit insgesamt mehr als 400 Milliarden Dollar zu Buche schlagen wird. Nicht empfangsberechtigt sind Menschen, die mehr als 80.000 Dollar im Jahr verdienen sowie Paare mit einem gemeinsamen Jahresgehalt von mehr als 160.000 Dollar. Als Millionen Amerikaner im Vorjahr erste Corona-Hilfsschecks erhielten, prangte darauf der Name des damaligen Präsidenten Donald Trump. Biden hält offenbar wenig von dieser Art der Selbstdarstellung und verzichtet auf dieses "Branding".
  • Hilfen für Arbeitslose und Arme: Nach derzeitigem Stand würde eine in der Pandemie beschlossene Erhöhung der Arbeitslosenhilfe um 300 Dollar pro Woche am 14. März auslaufen. Mit Bidens Hilfspaket soll die Hilfe bis 6. September verlängert werden. Vorgesehen ist auch eine Ausweitung von Steuernachlässen für Familien mit Kindern sowie für Erwerbstätige mit geringem Einkommen.
  • Impfungen: Die Impfkampagne soll durch das Hilfspaket drastisch angekurbelt werden. 15 Milliarden Dollar sollen für Impfstoffe bereitgestellt werden. Außerdem sind 50 Milliarden Dollar für Tests und die Kontaktverfolgung vorgesehen.
  • Schulen und regionale Behörden: Für die Öffnung von Kindergärten und Schulen sind in dem Hilfspaket 126 Milliarden Dollar eingeplant. 40 Milliarden sollen zudem an Universitäten und andere Hochschulen gehen, 39 Milliarden in die Kinderbetreuung. Städte und Bundesstaaten sollen 350 Milliarden erhalten, damit sie mit den Auswirkungen der Pandemie umgehen können.

"Hilfe ist hier", schrieb Biden auf Twitter nach der Verabschiedung seines Rettungsplans. Experten erwarten, dass die Maßnahmen die US-Wirtschaft nach dem dramatischen Einbruch im vergangenen Jahr kräftig anschieben werden. Das Weiße Haus versprach, das Vorhaben "mit voller Kraft" umzusetzen.

Zwischen Schulden und Wachstum

Wirtschaftsexperten erwarten sich von den Hilfen in Kombination mit den Fortschritten bei der Impfkampagne erhebliche Wachstumsimpulse. Die OECD etwa hob ihre Prognose für 2021 diese Woche deutlich an. Sie geht jetzt von einem Wachstum von mehr als sechs Prozent in den USA aus, nachdem sie vor drei Monaten lediglich um die drei Prozent für möglich gehalten hatte. Manche Volkswirte sind sogar noch optimistischer als die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Doch es herrscht nicht nur Optimismus. Einige Ökonomen zeigen sich skeptisch. Das Paket sei zu groß und zu wenig zielgenau, heißt es. Der Demokrat Larry Summers zum Beispiel befürchtet, dass das Paket inflationären Druck mit sich bringe, wie man in seit Generationen nicht gesehen haben. Worauf Summers anspielt: In den 1970er-Jahren stießen zwei Ölpreisschocks einen Inflationsschub an, der die Teuerung in den USA gegen Ende des Jahrzehnts auf etwa 15 Prozent pro Jahr hochschaukelte.

Schuldenberg

Nach der Zuspitzung der Pandemie hatte das Parlament im vergangenen Frühjahr außerdem schon Konjunkturpakete in Höhe von fast drei Billionen Dollar beschlossen. Der Schuldenberg der US-Regierung ist seither rasant angestiegen und wird das noch weiterhin tun. Umfragen zufolge begrüßen aber 70 Prozent der Amerikaner das Hilfspaket, selbst wenn es zur Folge hat, dass die Verschuldung des Landes bei mehr als 100 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt – das höchste Level seit dem Zweiten Weltkrieg.

Wieder andere Experten gehen mittlerweile aber davon aus, dass ein Teil der Empfänger das vom Staat verteilte Gratis-Geld gar nicht wie vorgesehen in Konsumartikel stecken wird, sondern damit lieber auf den boomenden Aktienmarkt setzt. "Ich denke, dass ein großer Teil der Stimulierungsgelder in den Markt fließen wird, und ich denke, dass es vor allem ein Katalysator für Zuwächse sein wird", sagt Randy Frederick, Vizepräsident für Handel und Derivate beim Finanzmakler Charles Schwab. Mittlerweile verzeichnen US-Aktienfonds rekordverdächtige Zuflüsse von etwa 15 Milliarden Dollar pro Monat.

Republikaner gegen das Paket

Die Republikaner, von denen viele massive Hilfsprogramme unter Bidens Vorgänger Donald Trump unterstützt hatten, stemmten sich geschlossen gegen Bidens Vorhaben. "Das ist der falsche Plan zu einer falschen Zeit aus so vielen falschen Gründen", sagte der Abgeordnete Jason Smith. Seine Kollegin Marjorie Taylor Greene nannte das Paket "eine Verschwendung von Geld und Zeit". Viel besser wäre es, die Corona-Einschränkungen wieder aufzuheben. Die Republikaner befürchten eine weitere Aufblähung des Schuldenbergs der USA und verweisen darauf, dass sich die Corona-Lage zuletzt gebessert und die Wirtschaft einen Erholungskurs eingeschlagen habe.

Rest der Welt helfen

Kurz nach der Verabschiedung des Pakets im Kongress kündigte Biden mit den Chefs der US-Impfstoffhersteller Johnson & Johnson und Merck eine Initiative zur Steigerung der Impfstoffproduktion an. Zuerst werde sichergestellt, dass Amerikaner versorgt werden. "Aber dann werden wir dem Rest der Welt helfen. Wenn wir einen Überschuss haben, werden wir ihn mit dem Rest der Welt teilen", sagte Biden.

Biden hat die Bekämpfung der Pandemie zur Priorität in der ersten Phase seiner Präsidentschaft erklärt. Die USA sind weltweit mit Abstand am stärksten von der Pandemie betroffen. Mehr als 528.000 Menschen starben dort inzwischen an oder mit dem Virus. In den vergangenen Wochen machte Biden Druck, die Impfkampagne auf Touren zu bringen. (and, APA, 11.3.2021)