Der Nationalrat hat am Donnerstag einer Novelle zugestimmt, mit der Zutrittstests im Handel verordnet werden könnten. Doch die Länderkammer des Parlaments, der Bundesrat, wird am Dienstag nicht zustimmen. Dort gibt es keine türkis-grüne Mehrheit

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Wien – Nach dem kurzen Lockdown von 1. bis 6. April – vulgo "Osterruhe" – soll es im Osten Österreichs zwischen 7. und 10. April im nicht-lebenswichtigen Handel Zutrittstests geben. Das haben jedenfalls die Regierung sowie die Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich, ÖVP), Michael Ludwig (Wien, SPÖ) und Hans-Peter Doskozil (Burgenland, SPÖ) nach dem Ostgipfel zu Beginn dieser Woche angekündigt.

Wie schon bei den gescheiterten Plänen zum "Freitesten" aus dem dritten Lockdown im Jänner, könnte es bei einer Ankündigung bleiben. Für die Verordnung einer solchen Testpflicht für Kunden gibt es nach Ansicht des Gesundheitsministeriums von Rudolf Anschober (Grüne) momentan nämlich noch keine gesetzliche Grundlage. Die Novelle, die das ändern soll, wurde am Donnerstag im Nationalrat von den türkis-grünen Regierungsfraktionen beschlossen, braucht aber kommenden Dienstag noch eine Zustimmung im Bundesrat. Dort haben allerdings die Oppositionsparteien gemeinsam ein hauchdünnes Übergewicht von 31 zu 30 Stimmen. Sie können das Inkrafttreten der Novelle zwar nicht verhindern, aber immerhin um bis zu acht Wochen – und damit weit über den 7. April hinaus – verzögern.

Ausweichen auf Online-Handel

Die FPÖ ist bei Corona-Beschränkungen ohnedies auf Fundamentalopposition getrimmt. Die Neos könnten der Regierung mit ihrem einzigen Mandatar im Bundesrat zum Durchbruch verhelfen, das wird aber nicht passieren, wie der pinke Gesundheitssprecher Gerald Loacker im Gespräch mit dem STANDARD sagt. Das liegt vor allem daran, dass in der Novelle die Kriterien für die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen aufgeweicht werden – ein Machtzuwachs für Anschober, den die Neos ablehnen.

Doch auch den Zutrittstests im Handel kann Loacker wenig abgewinnen: "Ich glaube nicht, dass man die Menschen so dazu bringen wird, sich mehr testen zu lassen. Bücher oder Kleidung kann man auch online bestellen. Viele werden ihre Einkäufe ins Internet verlagern, anstatt sich für den Handel testen zu gehen." Zutrittstests seien als Testanreiz dort sinnvoll, wo es um Erlebnisse geht, für die man nicht ins Internet ausweichen kann, meint Loacker und nennt etwa den Besuch eines Fußballstadions oder Theaters.

Bedingung Wohnzimmertests nicht erfüllt

Auch die SPÖ (* Update zum Burgenland unten) will der Novelle im Bundesrat wegen diverser darin enthaltener Punkte nicht zustimmen. Am Grünen Pass – dem geplanten digitalen Ausweis, der immunen oder getesteten Personen eine Befreiung von Beschränkungen ermöglichen soll – stört die Sozialdemokraten etwa, dass Nicht-Geimpfte trotz mangelnder Impfangebote weniger Rechte hätten als Geimpfte.

Mit einer Ausweitung der Zutrittstests könnte man sich zwar anfreunden – allerdings unter der Bedingung, dass auch die Wohnzimmertests dafür zugelassen werden. Ein entsprechender Antrag der SPÖ wurde im Nationalrat aber von der Türkis-Grün abgelehnt, daher sei es nun das Problem der Regierung, wenn die verkündeten Zutrittstests im Handel nicht verankert werden können, argumentiert man auf roter Seite.

Zudem fordert Chefsozialdemokratin Pamela Rendi-Wagner ohnehin einen längeren Lockdown als die "Osterruhe" Anfang April. Angesichts der massiven Belastung der Intensivstationen halten auch zahlreiche Pandemie-Fachleute einen längeren Lockdown für unabdingbar. Eine Öffnung des Handels ab 7. April könnte demzufolge – mit oder ohne Tests – bald abgeblasen werden. Näheres wird man vielleicht schon nach dem neuerlichen Ost-Gipfel am Montag erfahren.

Andauernde Interaktion

Bleibt noch die rechtliche Frage, ob es die Novelle überhaupt braucht, um die Zutrittstests für den Handel zu verordnen. Verfassungsjurist Heinz Mayer ist der Auffassung, dass es schon auf Basis von Paragraf 3 des geltenden Covid-Maßnahmengesetzes möglich wäre, einen negativen Corona-Tests als Auflage für den Besuch von Betriebsstätten des Handels festzulegen. "Man kann sich durchaus eine gesetzliche Präzisierung wünschen, aber prinzipiell ist das jetzt schon zulässig", erklärt Mayer im Gespräch mit dem STANDARD.

Verfassungsjurist Peter Bußjäger, Professor an der Uni Innsbruck, widerspricht. Er verweist auf einen Passus im Gesetz, wonach es "zu einer länger andauernden Interaktion mit anderen Personen" kommen muss, damit ein negativer Test verlangt werden kann – wie das jetzt schon bei Friseuren der Fall ist, die naturgemäß längeren Kundenkontakt haben. Bei Geschäften, in denen man alleine durchgeht und bloß an der Kassa engeren Kontakt hat, sei die genannte Anforderung hingegen nicht erfüllt. Es sei daher "stark zu bezweifeln", dass Zutrittstests für den Handel ohne Gesetzesänderung rechtskonform wären, sagt Bußjäger zum STANDARD.

Da auch das Gesundheitsministerium – auf Anfrage am Samstag – bei dieser Auffassung bleibt, dürfte es durch die rot-blau-pinke Verzögerung im Bundesrat bis Juni keine Zutrittstests im Handel geben. (Theo Anders, 27.3. 2021)