Angemessene Bezahlung? Im Tanz sind Kleinsthonorare oder minimale "Aufwandsentschädigungen" durchaus üblich.

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Kunstschaffende im freien Tanz-, Theater- und Performancebereich hatten es schon vor Corona schwer, seit einem Jahr wächst die existenzielle Unsicherheit noch. Jetzt liegen Ergebnisse von Erhebungen vor, die belegen, wie prekär die Lage in der österreichischen Szene tatsächlich ist. Die Gewerkschaft Vida führte von Jänner bis März eine auf den freien Tanz konzentrierte Umfrage durch, die Interessengemeinschaft freie Theaterarbeit (IGFT) befragte im März die gesamte Szene. Das Ergebnis in beiden Fällen: Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Was die Corona-Folgen betrifft, scheinen aktuelle Nachrichten für die Betroffenen nicht so schlecht. Die Überbrückungsfinanzierung von 3000 Euro der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) wird ab 1. April um weitere drei Monate verlängert, die SVS vergibt auf Antrag für März und April einen "Lockdownbonus", und der Künstler-Sozialversicherungsfonds (KSVF) verdoppelt seine Beihilfe für 2021 ab Beginn des laufenden Monats auf 3000 Euro. Kein Anlass zur Sorge also?

Die Probleme liegen tiefer. Aus den Befragungen geht hervor, dass sich die Mehrzahl der Berufstätigen im Tanz durch Mischbeschäftigungen über Wasser hält.

Künstler und Coach

In der Praxis muss man sich also vorstellen, dass die meisten Künstlerinnen nicht nur in verschiedenen Projekten auftreten, sondern zudem unterrichten oder coachen. "Das führt oft zu hohen Nachzahlungen bei Finanzamt und Krankenkassen, die nicht selten zur Existenzbedrohung werden", sagt Christoph Lipinski von Vida.

Dass selbstständige Tätigkeiten und Angestelltenverhältnisse in der freien Szene parallel laufen, dokumentiert auch die IGFT-Umfrage, in der sich etwa 40 Prozent von 514 Befragten als Tänzer oder Performer bezeichnen. 83,4 Prozent arbeiten selbstständig auf Werkvertragsbasis, und 46,4 Prozent sind oder waren (auch) angestellt. Dabei erwirtschaften 57,8 Prozent einen Jahresumsatz von bis 18.000 Euro brutto. Auf mehr als 35.000 Euro kommen nur 2,7 Prozent.

Beim freien Tanz erreichen laut Vida 63 Prozent der 503 von der Gewerkschaft Befragten ein Einkommen bis 17.999, und lediglich drei Prozent nehmen über 31.000 Euro ein. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Brutto-Jahreseinkommen der unselbstständig Tätigen in Österreich belief sich laut Statistik Austria 2019 auf 29.458 Euro.

Kampf gegen Kleinsthonorare

Im Tanz sind Kleinsthonorare oder minimale "Aufwandsentschädigungen" durchaus üblich. Die Corona-Zeiten haben bisher "praxisferne Regelungen und wiederholte Ungleichbehandlungen gegenüber ähnlichen Branchen" gebracht, berichtet Tänzerin und Pädagogin Nadja Puttner. Sie hat im Vorjahr mit der Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich eine Protestveranstaltung in Wien organisiert, an der auch die Vida-EPU-Abteilung Vidaflex beteiligt war.

Den Tänzern geht es laut Vida-Umfrage vor allem um besseres Krankengeld. Das bestätigt auch die IGFT-Untersuchung, in der von 76 Prozent auch eine Mindestgagen-Garantie als sehr wichtig bezeichnet wird. 90 Prozent würden ebenfalls eine Arbeitslosenversicherung für freie Kunstschaffende als wichtig erachten. Erstaunlich: Solche Mindeststandards sozialer Absicherung sind bis heute nicht erreicht. (Helmut Ploebst, 7.4.2021)