Der Immunitätsausschuss beschäftigt sich mit einer möglichen "Auslieferung" des blauen Klubobmanns Herbert Kickl. Ihm wird vorgeworfen, sich bei einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstration nicht an die Masken- und Abstandsregeln gehalten zu haben.

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Die Plenarwoche des Nationalrats beginnt am Mittwoch und steht (beinahe) ganz im Zeichen der Coronavirus-Krise. Dies gilt diesmal umso mehr, als es einen neuen Gesundheitsminister gibt, der den Parlamentariern vorgestellt wird. Die Forderungen an ihn sind einige, die Opposition gab am Dienstag einen Vorgeschmack.

Neos mit eigenem Öffnungsplan

Den Auftakt der Plenarvorschauen machten am Dienstagmorgen die Neos. Bei einer Pressekonferenz stellte deren Abgeordneter Gerald Loacker seinen eigenen Öffnungsplan auf – an dem tüftelt bekanntlich auch die Regierung gerade in einer Klausur. Geht es nach den Pinken, so machen am 26. April alle Schulen auf, ohne Schichtbetrieb. Eine Woche darauf sollen Fußballplätze folgen, am 8. Mai dann die Schanigärten – mit Zutrittstests. Die Gastro im Innenraum würde, geht es nach Loacker, am 13. Mai und nicht wie kolportiert am 17. Mai starten, allerdings mit Zutrittstests und einer Sperrstunde um 23. Uhr.

Und: Eine weitere Herausforderung für den neuen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sei es, die Impfbereitschaft zu erhöhen. Loacker fordert in dem Zusammenhang Kampagnen, mit denen auch migrantische Communitys besser erreicht werden können, etwa mit Testimonials. Auch für Lehrerinnen und Lehrer müsse man sich etwas überlegen, nachdem sich in Vorarlberg und in Salzburg bisher nicht einmal die Hälfte von ihnen impfen lassen wollte.

SPÖ: "Politik der Show schafft keine Arbeitsplätze"

Der Klubvize der Sozialdemokraten, Jörg Leichtfried, schoss sich auf den sogenannten Comebackplan der türkis-grünen Regierung ein. Am Montag sei zwar die Erhöhung der Investitionsprämie "pompös" präsentiert worden. Aber in Wahrheit sei das nicht mehr als ein Beschluss aus dem vergangenen Jahr, den der Finanzminister aufbessern musste, weil die bisherigen Mittel nicht ausgereicht hätten, befand Leichtfried.

"Diese Politik der Show rettet und schafft keine Arbeitsplätze", moniert der Steirer. Österreich leide unter einer Rekordarbeitslosigkeit, viele Menschen seien noch in Kurzarbeit, auch die Zahl der Langzeiterwerbslosen steige. Hier vermisst Leichtfried jegliche Antwort von ÖVP und Grünen. Den kriselnden Lastwagenhersteller MAN sieht er von der Regierung alleine im Regen stehen gelassen.

Die SPÖ fordert einmal mehr eine Erhöhung des Arbeitlosengelds und eine Aktion 40.000 für Langzeitarbeitslose. Außerdem setzen sich die Roten für einen ausgeweiteten Beschäftigungsbonus ein. Konkret verlangen sie, dass eine solche Förderung zur Gänze für Erwerbslose ab 45 Jahren und nicht erst ab 50 gilt. Auch die darunter liegenden Altersgruppen sollen die Mittel nach den roten Plänen schon nach einer kürzer dauernden Erwerbslosigkeit beantragen können. "Über die Höhe muss man noch reden", sagt Leichtfried.

Die SPÖ will auch einen Antrag einbringen, der für konkretere Impftermine sorgen soll. Abgesehen davon wollen sich die Roten für eine Sonderprüfung des Rechnungshofs in Sachen Impfstoffbeschaffung einsetzen.

FPÖ fordert verstärkten Einsatz von Sprays

Auch die Freiheitlichen konnten mit dem Comebackplan der Regierung gar nichts anfangen. Im Gegenteil: FPÖ-Klubchef Herbert Kickl und der blaue Wirtschaftssprecher Axel Kassegger fehlte jegliche Substanz in der Pressekonferenz der Regierung. Der Plan sei das "Recycling von alten Dingen, daran ist überhaupt nichts neu". Zur Digitalisierungsoffensive merkte Kickl an, er frage sich, was das einem Wirt, einem arbeitslosen Kellner oder einem Friseur, der sein Geschäft zusperren hat müssen, helfen soll.

Kickl sieht ÖVP und Grüne an der "Coronafront" nachhaltig gescheitert. Er hätte erwartet, dass mit dem neuen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) auch ein Kurswechsel in der Krisenpolitik kommt. Doch auch der Nachfolger von Rudolf Anschober sei ein Dogmatiker des Lockdowns und des "Impfzwangs". Damit schlage Mückstein in die selbe Kerbe, die Österreich in Schieflage gebracht habe, poltert Kickl.

Kickl fragt sich auch, warum nicht viel stärker auf Asthmasprays mit dem Wirkstoff Budesonid gesetzt wird, die laut einer Studie aus Oxford schwere Verläufe der Corona-Erkrankung zu einem hohen Prozentsatz verhindern können sollen. Das sei immerhin eine erfreuliche Nachricht, mein Kickl.

Auch weil der blaue Klubchef beim Thema Impfen Probleme sieht. Er referiert etwa über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen durch die verwendeten Impfstoffe und bezieht sich dabei auf Daten der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA): EudraVigilance. So wurden in Österreich 4680 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen durch den Wirkstoff AstraZeneca gemeldet, 3186 durch Biontech/Pfizer und 233 durch Moderna.

Was Kickl aber nicht dazusagt, ist eine wesentliche Information, die auf der Webseite der EMA angeführt wird. Nämlich, dass die Verdachtsfälle von Nebenwirkungen "nicht notwendigerweise mit dem Arzneimittel in Zusammenhang stehen oder von ihm verursacht wurden". Es dürfe daher auch nicht so verstanden werden, dass der Wirkstoff "nicht sicher in der Anwendung" sei.

Themen der Plenarwoche: Auslieferung Kickls ...

Beschlossen werden soll in der Plenarwoche ab Mittwoch jedenfalls, dass der Kostenersatz für Länder und Gemeinden für Corona-bedingte Zusatzausgaben bis September verlängert werden soll. Außerdem – das steht für Donnerstag auf der Tagesordnung – soll der Covid-19-Überbrückungsfonds für selbstständige Künstler um 20 auf 140 Millionen Euro aufgestockt werden. Die Koalition bringt auch einen Entschließungsantrag ein, Maßnahmen zu setzen, die negativen Krisenfolgen für Frauen entgegenwirken. Die temporäre Aufstockung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes wird ein weiteres Mal verlängert, diesmal rückwirkend mit 1. April bis Ende Juni.

Abseits der Gesundheitskrise geht es etwa um die Auslieferung von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Im Raum stehen Vorwürfe, er habe sich bei einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstration nicht an Masken- und Abstandsregeln gehalten, nun ist der Immunitätsausschuss am Zug. Bis zum Wochenende wurde in mehreren Klubs noch überlegt, ob sie den Freiheitlichen "ausliefern", also ob ein Zusammenhang zu seiner politischen Tätigkeit gegeben war oder nicht.

... und eine neue Weltraumstrategie

SPÖ und Neos bringen je einen Entschließungsantrag zum Thema Gleichberechtigung ein: Die Roten wollen in jedem Bundesland zumindest ein Berufszentrum für Mädchen und junge Frauen, die Pinken wollen, dass Daten zur Verteilung der Elternkarenz in den Gleichbehandlungsbericht aufgenommen werden. Ein von allen Fraktionen getragener Entschließungsantrag hat zum Ziel, bei der Neugestaltung der Richteramtsanwärter-Ausbildung verstärkt Inhalte zur Sensibilisierung zum Thema Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verankern.

Für Donnerstag steht unter anderem auch das Thema Weltraum auf dem Programm: In einem Entschließungsantrag wird Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) aufgefordert, eine neue Weltraumstrategie zu erarbeiten. Ratifiziert wird eine Erklärung europäischer Regierungen zum Einsatz der Trägerraketen Ariane, Vega und Sojus. (APA, jan, elas, 20.4.2021)