Nicht nur die Solarpaneele, auch die Kabel und vor allem die Wechselrichter sind begehrtes Diebesgut. Der Sachschaden bei einem Einbruch in einen Solarpark kann schnell bis zu 100.000 Euro betragen.

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Geht am Abend die Sonne unter, wird es still auf dem Photovoltaik-Feld. Das Surren der Wechselrichter (sie wandeln den Gleichstrom aus den Paneelen in Wechselstrom um) verstummt. Denn ohne Sonne wird keine Energie erzeugt. Das heißt aber noch lange nicht, dass es wirklich ruhig wird zwischen den Paneelen, die in langen Reihen auf dem Feld stehen.

Hier und da hoppeln nachts ein paar Hasen umher, auch Rehe streifen durch die Felder. Mitunter spaziert auch eine Wildschweinfamilie durch die Solarzellenreihen. Und dann gibt es noch jene, die versuchen, einzelne Paneele oder die Wechselrichter abzumontieren. Diebstähle dieser Art sind längst keine Seltenheit mehr.

Fälle häufen sich

In Deutschland etwa wurden im Jänner 20 Wechselrichter eines Solarparks in Wittstock gestohlen. Der Schaden betrug rund 50.000 Euro. Im Solarpark Zepel wurden ebenfalls im Jänner Wechselrichter entwendet. Der Schaden liegt bei 70.000 Euro. Kabeltrommeln und Notstromaggregate waren für Diebe im Solarpark Atzendorf begehrt. Rund 100.000 Euro Schaden hat die Entwendung von 40 Wechselrichtern im März aus dem Solarpark Glaubitz angerichtet.

"In Österreich ist diese Problematik noch eher jung", sagt René Steinkellner, Gründer des Sicherheitstechnikunternehmen Styx. Vorfälle hat es aber auch hierzulande schon gegeben. So wurden 2018 etwa 160 Solarmodule aus dem Photovoltaik-Park der Wien-Energie in Guntramsdorf gestohlen. Der Schaden betrug damals 40.000 Euro. In Horn wurden im selben Jahr 273 Paneele aus einem Ökopark gestohlen. Der Schaden belief sich auf 50.000 Euro.

Über Osteuropa nach Afrika

International seien Diebstähle dieser Art laut Steinkellner mittlerweile an der Tagesordnung. Die gestohlenen Paneele und Wechselrichter werden rasch weiterverkauft und landen über Osteuropa letztlich oft in Afrika. "Anlagen in Italien und Spanien werden oft ausgeraubt, dort ist das Problem schon groß", sagt Steinkellner.

In Österreich halten sich Einbrüche in Solarparks noch in Grenzen. "Anlagen in Italien und Spanien werden oft ausgeraubt", sagt René Steinkellner, Chef der Sicherheitsfirma Styx.
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Es sind Profibanden, die sich auf den Diebstahl dieser Materialien spezialisiert haben. Wer nicht entdeckt, dass Diebe sich Zutritt zum Gelände verschafft haben, hat auch schon verloren. Warum? Das zeigt ein Lokalaugenschein in Spielberg.

In diesem steirischen Ort – rund zwei Kilometer vom Red-Bull-Ring und nur etwa einen Kilometer vom Eurofighter-Standort entfernt – betreibt das Sicherheitstechnikunternehmen Styx ein Testgelände. Dort werden immer wieder verschiedene Kamerasysteme getestet.

Zwischen März und Mai fand in Spielberg der europaweit bisher umfangreichste Test von Sicherheitsinstallationen statt. Um Eindringlinge rasch zu erkennen, muss man diese erwischen, wenn sie versuchen, den Abstand von der Sicherheitsbarriere – etwa einem Schutzzaun – bis zur ersten Paneele zu überwinden. Hier sind sie am leichtesten zu erkennen.

Kaum wahrnehmbar

Haben es die Täter geschafft, diesen Abstand zu überwinden, finden die Diebstähle meist unbemerkt statt. Die Paneele werden abmontiert, auf den Boden gelegt, mit Leinen befestigt und langsam von hinter dem Zaun stehenden Komplizen nach außen gezogen.

Ein Schutzwall aus Nebel, Tarnkleidung oder über den Boden robben: Diebe sind beim Betreten eines gesicherten Geländes durchaus kreativ.
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Für einen Sicherheitsbediensteten, der nachts vor vielen Bildschirmen sitzt und mehrere Anlagen zeitgleich überwacht, sind diese Bewegungen auf dem Boden oft kaum wahrnehmbar. Haben die Täter ihre Beute und werden erkannt, wenn sie das Feld verlassen, ist es meist zu spät: So schnell, wie sie dann im Fluchtauto sitzen, kann kein Sicherheitsdienst vor Ort sein. Bezüglich dieses sogenannten Perimeterschutzes – also jenes Streifens, der überwacht wird – läuft quasi ein Match Technik gegen Mensch.

Einerseits werden die Kameras immer besser. Sie liefern Rundumaufnahmen, Wärmebilder, Infrarotaufnahmen, reagieren auf die Lichtverhältnisse, zoomen und schwenken. Aber auch die Täter lernen ständig dazu.

Sie bewegen sich oft ganz langsam auf die Paneele zu. Robben oder rollen auf dem Boden. Für den Weg zu den Paneelen hin, nehmen sich die Täter viel Zeit. Sie verhalten sich möglichst unauffällig, damit die Kameras keinen Alarm auslösen. Würden die Kameras schon auf kleinste Bewegungen reagieren, würde jeder Vogel, der im Feld hüpft, oder jedes Blatt, das der Wind verweht, zu Fehlalarmen führen. Das könnte dazu führen, dass echte Alarme übersehen werden. "Die Intelligenz des Sicherheitssystems liegt in der Software und der Analysefunktion", sagt der gerichtlich beeidete Sachverständige Markus Piendl. Je feiner die Software auf die Bedürfnisse des jeweiligen Schutzes abgestimmt ist, desto besser werden Alarme angezeigt. Es liegt also auch am Betreiber des Solarparks, wie fein er die Kontrolle auslegt.

Piendl dokumentiert an diesem Tag genau, wann welche Kamera auf welche Bewegung reagiert. Nicht jedes System löst die gleichen Signale aus. Für die Hersteller der Kameras sind das ebenso wichtige Informationen wie für deren Kunden. Für die Sicherheitstechnik fallen auch hohe Kosten an. Wie stark der Schutz in welcher Preisklasse ist, ist daher ein wichtiges Element.

Robben und Rollen

Getestet wird am Tag und in der Nacht, bei unterschiedlichen Wetter- und Lichtverhältnissen. Piendls Kollege ist an diesem Tag im Feld. Er geht, robbt und rollt Richtung Paneele, Stunde um Stunde. Einmal geht er stehend, ein andermal kriecht er auf allen vieren. Mal langsamer, mal schneller. Tarnt sich mit Ästen, wechselt die Kleidung. Denn es gibt bereits Textilien, die von bestimmten Kameras nicht gut aufgenommen werden. Die Täter können sich damit mittlerweile auch sehr gut tarnen.

Wie sehr Feuerwerkskörper, Nebelgranaten in unterschiedlichen Farben oder der Schaum eines Feuerlöschers die Kameras überlisten können, hängt wie gesagt viel von der jeweiligen Technik und Software ab. "Bei den Tests geht es auch darum, die Kameras an ihre Grenzen zu bringen", sagt Piendl.

Gelingt es, sich hinter einem Ast zu verstecken und so langsam zu bewegen, dass Kameras nicht erkennen, dass ein Mensch sich Zutritt zu dem Solarpark verschafft? Alles eine Frage von Technik und dahinterliegenden Systemen, sagen die Experten.
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Die Sachverständigen haben einen großen Requisitenkoffer dabei. Es gibt scheinbar nichts, was Täter nicht schon versucht haben, um sich unbemerkt Zutritt zu verschaffen. So lässt es sich erklären, dass Pieldls Kollege in der Nacht auf allen vieren mit einer Wildschweinmaske durch die Wiese schleicht. Ein gutes System kann aber erkennen, dass die Körperproportionen hier nicht stimmen.

Dass die Einbrüche auf Photovoltaik-Felder seit Jahresbeginn wieder deutlich zugenommen haben, liegt laut Steinkellner auch an den Lockerungen in der Pandemie. Im Vorjahr haben die stärkeren Grenzkontrollen und die Lockdowns auch die Täter zurückgehalten. Die gestiegenen Preise für Kupfer lockten diese aber wieder hervor. Daher stehen Kabel derzeit ganz oben als Diebesgut.

Werden die Täter beim Eindringen erkannt, gibt es mehrere Möglichkeiten. Licht kann eingeschaltet werden, um die Diebe abzuschrecken. Über Lautsprecher kann mit ihnen geredet werden. Sicherheitsteams oder die Polizei rücken an.

Neben Kameras werden auch Drohnen, die sicher auf dem Feld verstaut sind, für die Zweitüberwachung verstärkt getestet. Die Drohen seien mittlerweile schon so leise, dass sie die Täter im Fall nicht stören würden. Sie liefern aber präzise Bilder. Getestet werden auch Zaun-Sensoriken, Bodendetektionen und Radaranlagen.

Kosten und Schaden

Je besser ein Solarpark gesichert ist, desto weniger Schaden wird passieren. Doch der Schutz aus Kameras, Software und Sicherheitsfirmen kostet. Rund 100.000 Euro Startkosten sind mit einem Mix aus Kameras und Bodensensorik verbunden. Drei bis fünf Prozent Betriebskosten fallen zusätzlich an. Doch der Schaden ist ebenso schnell sehr hoch. Ein durchschnittlicher Einbruch dauert drei bis fünf Stunden. In dieser Zeit kann von den meist fünf bis acht Beteiligten ein beträchtlicher Schaden angerichtet werden. Daher verlangen auch Versicherungen bereits bestimmte Sicherungsstandards, bevor sie ein Feld versichern. (Bettina Pfluger, 31.5.2021)