Burgtheater-Direktor Martin Kušej (Mitte), flankiert von Vizedirektorin Alexandra Althoff und dem kaufmännischen Geschäftsführer Robert Beutler, bei der Spielplan-Präsentation im Bühnenbild von "Maria Stuart".

Foto: Marcella Ruiz Cruz

Wien – Das Burgtheater hat die längste Schließzeit seiner Geschichte hinter sich. Mit merklichen Folgen. Ein äußerst dicht bepackter Spielplan steht für die Spielzeit 2021/22 ins Haus. 29 Neuinszenierungen sind geplant – zu betrachten bei neuem Sitzkomfort (die Platzbreite wurde von 74 auf 85 Zentimeter angehoben) und neuer Klimaanlage, die derzeit im Haupthaus eingebaut wird. Einige Arbeiten sind schon lange in der Pipeline, etwa Maria Stuart (mit Birgit Minichmayr und Bibiana Beglau), die Direktor Martin Kušej nun mit einem Jahr Verzögerung bei den Salzburger Festspielen erstpräsentieren kann. Oder der "Voraufführungskaiser" Richard III., Rainald Goetz’ Reich des Todes oder Handkes Zdenĕk Adamec in der Regie von Frank Castorf.

Die Nachfrage nach Karten sei riesig, betonte Kušej bei der Pressekonferenz am Dienstagvormittag und würdigte daran anschließend die Bedeutung des Theaters als öffentlicher Raum, als Ort der Gemeinschaft und des gedanklichen Austauschs. Dazu passend zitiert er aus Elfriede Jelineks neuem, in wenigen Tagen in Hamburg uraufgeführtem Stück Lärm. Blindes sehen. Blinde sehen!, das am 4. September in der Regie Frank Castorfs die Saison am Akademietheater eröffnen wird: "Alle stehen allen gegenüber und schreien sich an."

Viele neue Regiekräfte

Die kommende Spielzeit führt überdurchschnittlich viele Regisseurinnen und Regisseure zum ersten Mal ans Burgtheater, darunter etwa das Regieduo Peter Jordan / Leonhard Koppelmann, das sich im Oktober mit der Komödie Der Selbstmörder von Nikolai Erdmanim Haupthaus vorstellt. Selbiges macht der Brite Robert Icke einen Monat später im Akademietheater, mit einem nach Arthur Schnitzlers Professor Bernhardi gearbeiteten Stück namens Die Ärztin. Adena Jacobs reicht Die Troerinnen nach, und Lilja Rupprecht inszeniert im Februar die österreichische Erstaufführung Am Ende Licht von Simon Stephens.

Bewährte Regiekräften kehren wieder. Darunter Simon Stone mit Komplizen, einem neuen Stück, das er auf Basis zweier Dramen Maxim Gorkis entwickelt. Barbara Frey, die im Oktober den Untergang des Hauses Usher ins Visier nimmt und dabei mit einem mehrsprachigen Ensemble der internationalen Ausrichtung des Hauses entspricht. Johan Simons widmet sich kurz darauf Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald. Miroslav Krležas Kammerspiel In Agonie, das von einer Unternehmerfamilie am Ende des Ersten Weltkrieges erzählt, verantwortet Mateja Koležnik. Itay Tiran inszeniert eine weitere Österreich-Premiere der Britin Lucy Kirkwood, Moskitos. Und mit Sartres Geschlossene Gesellschaft legt der Hausherr im November schon eine zweite Arbeit nach.

Marianne Fritz

Lily Sykes wechselt mit einer Neufassung von Cyrano de Bergerac von Martin Crimp vom Kasino, wo sie im Herbst Stolz und Vorurteil zeigte, ans große Haus. Thorleifur Örn Arnarsson zeigt ebenda Shakespeares Sturm . Noch nie waren so viele Regisseurinnen in einer Spielzeit vertreten. Und auch der Verantwortung, den Dramenkanon zu erweitern, stellt sich das Haus weiterhin und hat für Dezember eine Bühnenfassung von Marianne Fritz’ Debütroman Die Schwerkraft der Verhältnisse (1978) anberaumt. Regie führt Bastian Kraft. (Margarete Affenzeller, 2.6.2021)