In "Reif für die Insel" geht es heiter zu.

Foto: HERWIG PRAMMER

Wien – Österreich im Allgemeinen und das Theater an der Wien im Speziellen sind bekennenderweise "reif für die Insel" – Letzteres von der Kommandobrücke des luxuriösen Opernschiffs deckabwärts bis zum Rumpf. Dort unten malocht nun schon im zwölften Jahr eine kuriose Kleinmannschaft, die sich auf die Bergung musikkabarettistischer Schätze aus dem Ozean des Vergessens spezialisiert hat.

Unter dem Kommando von Georg Wacks wird seit vergangenem Wochenende erneut in See gestochen. Erst werden in Reif für die Insel die britischen Inseln angesteuert, dann geht es in die Südsee. Ob die Temperaturen im Kellerraum des Opernhauses aus diesem Grund tropische Hitzegrade erreichten? Oder um an die "Hölle" zu erinnern, das legendäre, luxuriöse Kabarettetablissement, das hier einst logierte? Man weiß es nicht.

Jedenfalls entspann sich bei der Premiere am Samstagabend wie immer ein sympathisch wirrer, krauser Erzählfaden, mit dem Wacks als befrackter Conférencier die bunten Nummern zu verbinden suchte. Darunter befanden sich einige etablierte Standards, die dem treuen Besucher vielleicht schon etwas abgenutzt erschienen. Doch vieles erfrischte auch: etwa Christoph Wagner-Trenkwitz‘ Lesung aus dem komödiantischen Oeuvre Fritz Grünbaums, das Lob des Zahnschmerzes.

Vom Sportreporter bis zum Rotkäppchen

Der Chefdramaturg der Volksoper muss überhaupt als Perle der fünfköpfigen Darstellermannschaft (inklusive Elena Schreiber und Martin Thoma) beschrieben werden. Vom bodenständigen Sportreporter über das Rotkäppchen bis zum irischen Saufschädel: alles traumhaft. Und wer hoffte, dass Wagner-Trenkwitz anlässlich der Südsee-Thematik wieder den legendären Kokosnuss-BH aus dem 2011er-Programm Rouge et Noir anlegen würde, hoffte nicht vergebens.

Wundervoll auch die Nummer über "politisch korrigierte Märchenfiguren" oder das kleine Irland-Finale mit großem Filmchorkitsch samt mächtigem Tenorsolo von Stefan Fleischhacker. Ob man allerdings das Weihnachtsfinale – das Programm war eigentlich für den Spätherbst geplant – im Juni nicht besser hätte streichen sollen, sei dahingestellt. Das Ensemble Albero Verde musizierte stürmisch und fallweise auch etwas windschief, das Publikum kam auch ohne alkoholische Stimulanzien in eine freudig-erhitzte Stimmung. Jubel unter den Insulanern. (sten, 13.6.2021)