Stadt, Land ... nein, den Fluss kriegen wir hier wirklich nicht mehr unter, aber die ersten beiden stimmen. Denn so unterschiedlich die beiden Autos, der Fiat 500e und der Mazda MX-5, sind, genauso unterschiedlich sind ihre natürlichen Habitate, nämlich die Stadt und das Land.

Am besten wäre es natürlich, beide zu kaufen: den Fiat 500e für die Stadt...
Foto: Stockinger

Beginnen wir im Betondschungel. Die Elektrovariante des italienischen 500ers war in den vergangenen Jahren und Monaten wohl eine der am heißesten erwarteten Neuerscheinungen auf dem Markt. Gefühlt fährt der kleine Flitzer in seiner Benzinform ja eh schon zigtausendfach durch die engen Gassen Wiens. Das sollte mit dem E-Abklatsch nicht anders werden – im Gegenteil. Und wäre das gut?

Ja, das wäre definitiv gut. Denn der 500e ist wie für die Stadt gemacht, was an sich niemanden verwundern dürfte. Aber in Kombination mit dem 87 kW starken Elektromotor? Unvergleichlich. Nur, woran liegt das?

Foto: Stockinger

Nun, da wäre einmal die Größe. Mit seinen 3,63 Meter tut man sich leicht, überall einen Parkplatz zu finden, gleichzeitig passen aber auch vier Leute den Wagen – wie bequem das ist, dazu gleich mehr.

Eine volle Batterie war bei uns mit 260 Kilometern Reichweite angegeben. Das ist für ein Stadtauto ordentlich und hat sich im Test auch als recht wahrheitsgetreu ergeben. Vorausgesetzt, man verlässt die Stadt- und 50er-Tempolimit-Grenze nicht. Denn sobald der 500e die Landstraße oder Autobahn berührt, rattert die Reichweite gewaltig nach unten. Unser Eindruck nach der Testtour Wien, Neusiedler See und zurück: 180 bis 200 Kilometer sind bei der Mischung aus Stadt, Land und Autobahn realistischer.

Auf einer etwas längeren Strecke wird es dann für die beiden Insassen hinten enger, aber für so ein kleines Auto ist das Platzangebot im Inneren durchaus in Ordnung.

Foto: Stockinger

Zurück in der Stadt ist der Cinquecento eine Freude, aber wirklich eine Freude zum Fahren. Der Elektromotor ist spritzig genug, um fix zwischen den Gassen hin und her zu flitzen, die Lenkung wunderbar präzise, und auch die Übersicht stimmt zum großen Teil. Für größere Personen (ich bin 1,86 Meter) gilt: Der Rückspiegel hängt leider etwas zu tief, sodass er doch einen Teil der Frontscheibe verdeckt. Das führt hie und da zu ruckartigen Kopfmanövern, um zu schauen, was da vorne rechts eigentlich los ist.

Gib mir Bremskraft!

Zudem hat der 500e einen One-Pedal-Drive, der diesen Namen auch verdammt nochmal verdient hat. Da kratzt sich die Batterie nicht nur die letzten Energiekrümel zusammen, sondern man merkt, wie der Kasten alles an Bremskraft wiederverwenden will, was da ist.

Da muss man sich am Anfang dran gewöhnen, wenn man es aber beherrscht, kann man der Anzeige fast dabei zusehen, wie sie sich bei jeder Hebung des Gasfußes wieder auflädt. Ein Traum.

Foto: Stockinger

Das führt auch dazu, dass der Weg zur Arbeit und zurück bei uns im Test locker zwei Wochen ohne Anstecken funktioniert hätte.

Aber gut, zu meckern gibt es natürlich auch noch ein wenig, wenn auch vor allem subjektiv. So elegant das neue Design des Fiats von außen ist, das Interieur, und damit ist das nach Plastik ausschauende Armaturenbrett gemeint, ist für unseren Geschmack etwas zu billig. Die Farbe generell, die eine Freundin mit "Altrosabraun" abgestempelt hat, ist nicht so der Hingucker. Die Tür, die per elektronischen Knopfdruck aufgeht, wirkt auch mehr wie Schikane als Feature und der Spurassistent rammelt einem gern in den Fahrstil rein. Kann man aber ausschalten, also halb so wild.

Insgesamt, trotz der Kritikpunkte, macht der 500e sehr vieles richtig. Den würde ich gerne in Zukunft öfter in der Stadt sehen.

...den Mazda MX-5 in der 100er-Jubiläumsausgabe für das Land. Aber wer hat das Geld?
Foto: Stockinger

In freier Wildbahn

Zu dem Fahrverhalten des anderen, des Mazda MX-5, hier in der 100-Years-Edition, zum – wer hätte es gedacht – 100-Jahr-Jubiläum, brauche ich wahrscheinlich nicht viel sagen. Der Roadster fährt sich immer noch, aber auch immer wieder gerne fantastisch.

Foto: Stockinger

Während ich kurz nach dem Wechsel beim Kollegen Stockinger noch geschimpft habe, dass E-Autos sich so viel angenehmer bewegen lassen, lächelte er nur süffisant: "Wir sprechen uns, wenn du in freier Wildbahn bist."

Und recht sollte er behalten. Auf meiner Tour über das Salzkammergut und die Großglockner-Hochalpenstraße bis nach Kärnten bewies der im wunderschönen Weiß gehaltene und mit weinrotem Interieur ausgestattete Geburtstagswagen, was so ein straffes Fahrwerk und vor allem eine unfassbar knackige Schaltung so alles ausmachen können.

Foto: Stockinger

"Nur a Mazda"

Zumal ist der MX-5, obwohl der US-Name Miata eh viel cooler ist, einfach eine Erscheinung. Das neue Design, mitsamt der wesentlich aggressiveren, gemeineren Front, tut dem früher eher harmlos wirkenden Roadster sehr gut. Und der kommt wirklich überall gut an.

Auf 2132 Metern, genauer gesagt beim Glocknerhaus, sprach mich ein älterer Herr im Wohnmobil an, der mir erzählte, er hätte noch einen aus der ersten Generation. "Des is des Lebn", murmelte er vor sich hin, als ich in meinen wieder einstieg.

Foto: Stockinger

Am Altausseer See traf ich auf dem Parkplatz eine junge Schulklasse. Einer der Buben tippte seinen Freund an, zeigte auf den Miata und sagte: "Schau, was für a geiles Auto!" Die Augen des anderen wurden kurz groß, ehe er enttäuscht entgegnete: "Ist nur a Mazda."

Ich musste mir kurz verkneifen, einen Siebenjährigen darauf hinzuweisen, dass der MX-5 ein Traditionsauto und die Spaßkanone des mittelständigen Genießers sei, aber kleine Kinder auf einem Parkplatz anzuschreien, das kommt nicht so gut an, fürchte ich.

Grafik: Der Standard
Grafik: Der Standard

Dafür waren die Kinder der Pensionsleitung am Attersee Feuer und Flamme für das Auto. Ständig fragten sie mich nach dem Schlüssel und seitdem man nichts mehr aktiv in ein Schlüsselloch stecken muss, sondern alles per Knopfdruck funktioniert, bin ich da vorsichtig.

Foto: Pollerhof

Trotzdem sind die alten Macken der Serie auch durch diese Ausgabe nicht magisch verschwunden, wie auch. Man sitzt immer noch fast auf dem Asphalt, was zum einen cool ist, zum anderen aber zu vielen zugekniffenen Augen beim nächtlichen Fahren führt. Darüber hinaus muss man sich, entweder im gehobenen Alter oder in meinem Falle mit einem fiesen Muskelkater nach einer Attersee-Radtour, hin und wieder in das Auto regelrecht reinfallen lassen – und über das Rauskommen sprechen wir lieber nicht. Unschöne Szenen.

Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich gerne beide nehmen. Den einen für die Stadt, den anderen für das Land. (Thorben Pollerhof, 28.06.2021)