Plastik im Meer dürfte sich von 2016 bis 2025 fast verdoppeln und ist für viele Lebewesen eine Todesfalle.
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Selbst in entlegenen Gegenden wird die Umwelt immer mehr durch Plastik belastet: In der Arktis, am Mount Everest und in Tiefseegräben konnten Forschende beispielsweise Mikroplastik nachweisen. Der Blick in die Zukunft bringt keine Erleichterung: Geht es weiter wie bisher, so könnte sich die jährliche Plastikverschmutzung – im Wasser und an Land – ausgehend vom Jahr 2016 bis 2025 fast verdoppeln. Davon geht ein Forschungsteam aus Deutschland, Schweden und Norwegen aus, das im Fachjournal "Science" in einem Übersichtsartikel eindringlich vor den Folgen der Kontamination durch Kunststoff warnt.

Die Spannweite der wissenschaftlichen Schätzung ist relativ breit, aber selbst in ihrem Minimum bei den oft besonders leichten Materialien beunruhigend. Allein im Jahr 2016 gelangten etwa neun bis 23 Millionen Tonnen Plastik in Flüsse, Seen und Ozeane. Ähnlich viel dürfte an Land in der Natur abgelagert worden sein.

Kein Recycling auf "magische Weise"

Auch, wenn ab Juli einige Einwegplastikprodukte EU-weit verboten sind und nur noch bereits vorhandene Trinkhalme, Einweggeschirr und Rührstäbchen aus Kunststoffen verkauft werden dürfen: Die globale Plastikemission steigt. Das ist vor allem angesichts der Langlebigkeit von Kunststoff problematisch. Und obwohl das Material – nach ersten Experimenten im 19. Jahrhundert – erst ab den 1950er Jahren die Weltmärkte eroberte, ist es mittlerweile tief in unserem Alltag und unserer Gesellschaft verwurzelt. "Es sickert überall in die Umwelt, selbst in Ländern mit einer guten Infrastruktur für die Abfallbehandlung", sagt der Umweltchemiker Matthew MacLeod von der Universität Stockholm.

Dabei nehmen die Emissionen tendenziell zu, obwohl das Bewusstsein für Plastikverschmutzung in Wissenschaft und Öffentlichkeit in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Mine Tekman vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven warnt vor dem Eindruck, dass alles auf "magische Weise" recycelt werden könne, wenn Plastikmüll richtig getrennt werde: "Technologisch gesehen hat das Recycling von Plastik viele Einschränkungen, und Länder, die über eine gute Infrastruktur verfügen, exportieren ihren Plastikmüll in Länder mit schlechteren Einrichtungen."

Keine Aufräumarbeiten in abgelegenen Landschaften

Zudem gebe es ein grundsätzliches Problem mit biologisch nicht abbaubaren Materialien. Tekman, die Polarmeerforscherin ist, fordert daher drastische Maßnahmen, wie etwa ein Verbot des Exports von Kunststoffabfällen, es sei denn, er erfolge in ein Land mit besserem Recycling.

Abgelegene Landschaften sind besonders von Plastikmüll bedroht, betont die Umweltchemikerin Annika Jahnke vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Dort könne Plastikmüll nicht durch Aufräumarbeiten entfernt werden. Auch führe die Verwitterung großer Plastikteile unweigerlich zur Entstehung einer großen Anzahl von Mikro- und Nanoplastikpartikeln sowie zur Auswaschung von Chemikalien, die dem Plastik absichtlich zugesetzt wurden.

Stressor im Meer

Zusätzlich zu den Umweltschäden, die Plastikverschmutzung allein durch das Verheddern von Tieren und toxische Wirkungen verursachen könne, warnte das Forscherteam auch davor, dass sie in Verbindung mit anderen Umweltstressoren in abgelegenen Gebieten weitreichende oder sogar globale Auswirkungen auslösen könnten. Ein Einfluss auf die Artenvielfalt im Meer und auf dessen für das Klima wichtige Kohlenstoffpumpe ist wahrscheinlich. Plastik wirkt dort als zusätzlicher Stressor.

MacLeod kommt zu dem Schluss: "Die Kosten, die entstehen, wenn man die Anhäufung von langlebiger Plastikverschmutzung in der Umwelt ignoriert, könnten enorm sein. Das Vernünftigste, was wir tun können, ist, so schnell wie möglich zu handeln, um den Eintrag von Plastik in die Umwelt zu reduzieren." (red, APA, 2.7.2021)