Auf dem Weg zur Berufszulassung müssen einige Hürden überwunden werden.
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Nach zwei Jahren gab der Chilene Christian Diesel auf. Er beendete ohne Ergebnis das Berufsanerkennungsverfahren für sein Zahnmedizinstudium. Zu viele Hürden wurden ihm in den Weg gelegt, die Anforderungen laufend verändert, sagt er. So hätte er beinahe das gesamte Studium in Österreich noch einmal machen müssen, um als Zahnmediziner eine Berufsanerkennung zu bekommen. Er übersiedelte nach Deutschland. Dort war er mit seiner Vorbildung nur eine Prüfung von der Anerkennung entfernt.

Zahnmedizin gehört wie alle medizinischen Berufe in Österreich zu den reglementierten Berufen. Auch der Gesundheits- und Pflegebereich, Architekten, Rechtsanwälte oder Lehrer zählen etwa dazu. All diese Berufe setzen eine bestimmte formale Bildung in Österreich voraus. Wer also nach Österreich kommt – egal ob aus einem EU-Land oder aus einem Drittstaat – und in einem dieser reglementierten Berufe arbeiten möchte, muss seine Qualifikationen vorher anerkennen lassen. Das Verfahren an sich darf laut Gesetz maximal vier Monate dauern.

In vielen Fällen würden aber Unterlagen fehlen, sagt Norbert Bichl, Koordinator der Anlaufstellen für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen (AST). Diese zu bekommen und auch von anerkannten Stellen übersetzen zu lassen, kann zu Verzögerungen führen. Darüber hinaus hänge die Anerkennung und damit die Berufsausübung auch davon ab, unter welchen Auflagen der Antragsteller die Anerkennung bekommen würde, ergänzt Bichl. Das Nachholen dieser Auflagen könne zu deutlichen Verzögerungen führen. "Denn oft gibt es kein passendes Bildungsangebot, und die Antragsteller müssen beispielsweise warten, bis die reguläre Ausbildung für diesen Beruf beginnt, und erst dann können sie die fehlenden Lehrveranstaltungen absolvieren."

Unterschiedliche Auflagen

Welche Auflagen der Antragsteller erfüllen muss, entscheidet bei Drittstaatenangehörigen die jeweilige vergleichbare Ausbildungsstätte in Österreich. Für die medizinischen Berufe sind das die Medizin-Unis. Ärzte aus dem EU-Ausland bekommen die Berufsanerkennung von der Ärztekammer. Für Drittstaatenangehörige gilt: "Egal welche Praxis ein Mediziner mitbringt, es wird der Studienplan von damals mit dem österreichischen aktuellen Studienplan verglichen", erklärt Bichl. Mit einem Stichprobentest wird das Wissen überprüft. Es gebe aber kein einheitliches Vorgehen, was von den jeweiligen Medizin-Unis angerechnet werde und was nachgeholt werden müsse.

Ähnlich verhält es sich bei den Gesundheits- und Pflegeberufen. Während für die diplomierten Ausbildungen die Fachhochschulen zuständig sind, sind für die Pflegefachassistenz sowie für die Pflegeassistenz die Länder und die dort ansässigen Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege zuständig. Als sehr komplex bezeichnet Bichl das österreichische Berufsanerkennungsverfahren. Und auch Zahnmediziner Christian Diesel kann ein Lied davon singen. Er kritisiert auch die hohen Rundumkosten, die für Übersetzungen und Beglaubigungen zu zahlen waren.

Besser ist es Adele Perte ergangen. Die Rumänin kam mit einem Masterabschluss in klinischer Psychologie und Psychotherapie inklusive vier Jahren Berufspraxis vor acht Jahren nach Österreich. Ihr Psychologiestudium wurde ihr binnen weniger Monate von der Uni Wien ohne Auflagen nostrifiziert. Die Berufsanerkennung – und damit auch die Eintragung auf die Liste der klinischen Psychologen des Gesundheitsministeriums – hat aber noch zwei Jahre gedauert. Es mussten Praktikumsstunden und zusätzliche Prüfungen nachgeholt werden. "Bei jedem Brief, den ich vom Ministerium bekommen habe, habe ich Herzrasen bekommen", sagt sie. Schlussendlich hat es doch geklappt. Deutschkenntnisse habe sie damals nicht nachweisen müssen, da sie ihre Dienstleistung auch an rumänischsprachige Personen in Österreich richten könne, lautete damals, so Perte, die Begründung.

Deutschkenntnisse als Voraussetzung

Mittlerweile sind, je nachdem welcher Beruf anerkannt werden soll, entsprechende Deutschkenntnisse Voraussetzung. Die Pflegefachassistentin aus Bosnien, die lieber anonym bleiben möchte, bekam daher die Berufsanerkennung mit Auflagen. Sie hat in Bosnien eine medizinisch-pflegerische Schule absolviert. Für die Berufsanerkennung als Pflegefachassistenz muss sie noch vier Prüfungen nachholen und 160 Praktikumsstunden absolvieren.

Seit zweieinhalb Jahren ist sie in Österreich und hat in Tirol als Zimmermädchen in einem Hotel gearbeitet, um Deutsch zu lernen. Bis Ende des Jahres kann sie dank einer Covid-Sonderverordnung bereits jetzt in ihrem Beruf arbeiten. Um danach auch in ihrem Beruf weiterarbeiten zu können, braucht sie aber den Nachweis ihrer Deutschkenntnisse auf B2-Niveau. Ob sich das ausgehen werde, sei ungewiss, sagt sie. Denn aktuell gebe es nur wenige Prüfungstermine für das Sprachniveau und Nostrifizierungen seien in ihrem Bezirk nur im Jänner oder Juni möglich.

Beratung und Hilfe

Unterstützung bekamen die beiden von den jeweiligen AST. Seit 2013 fördert das Arbeitsministerium diese Informationsstellen. Zwischen 2017 bis 2020 wurden insgesamt 25.173 Personen, davon 62,5 Prozent Frauen, von diesen Stellen beraten. Mehrheitlich nützen hochqualifizierte Personen, also solche mit Tertiärabschlüssen, das Beratungsangebot (60 Prozent). Vielfach stammen die beratenen Personen aus den neuen Mitgliedsstaaten (27 Prozent) und den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (19 Prozent), zeigt der aktuelle Evaluierungsbericht.

Dass den Anlaufstellen eine wichtige Unterstützungsrolle zukommt, zeigt sich nicht nur in der konstant hohen Nachfrage, sondern auch im Feedback der beratenen Personen. Knapp die Hälfte der für die Evaluierung befragten Personen hätte eine Anerkennung/Bewertung ohne die Unterstützung der Anlaufstellen nicht versucht. 60 Prozent meinen auch, dass sie die Anerkennung/Bewertung ohne Beratung der Anlaufstellen nicht geschafft hätten, heißt es im Bericht weiter.

Laut Statistik Austria fällt der Großteil der Berufsanerkennungen/-bewertungen in den Bereich Gesundheit und Sozialwesen. In der Periode 2019/20 wurden insgesamt 6791 Personen ihre Berufe anerkannt oder bewertet, 2635 davon sind dem Gesundheitswesen zuordenbar. Gerade dieser Bereich, der stark unter dem Fachkräftemangel leidet, konnte so ein großer arbeitsmarktbezogener Nutzen erzielen. (Gudrun Ostermann, 5.7.2021)