Der Druck war hoch: Moderation Lou Lorenz-Dittlbacher gab vor, dass man an diesem Abend etwas erfahren wolle, was man über die Neos-Chefin noch nicht wusste.

Foto: imago images / SEPA.Media

Wien – Das Ambiente und der Blick sind jedenfalls beeindruckend, das erste ORF-"Sommergespräch" mit Beate Meinl-Reisinger findet am Montagabend auf dem Dach des Leopold-Museums im Wiener Museumsquartier, auf der sogenannten Libelle, statt. Der Druck ist hoch: Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher hat vorgegeben, dass man diesen Abend etwas erfahren wolle, was man über die Neos-Chefin noch nicht wusste. Ehe Meinl-Reisinger sich erklären darf, werden allerdings Kinderbilder gezeigt, kommen Weggefährten, Konkurrenten und Journalistinnen zu Wort. Ungeduldig, konsequent und kämpfend sei sie, lobt sie der ÖVP-Politiker Othmar Karas, der ihren Abgang aus der einst gemeinsamen politischen Heimat durchaus nachvollziehen kann, wie man mutmaßen darf.

Meinl-Reisinger beschrieb ihren Weg in die Politik.
ORF

Dass Meinl-Reisinger "goschert" ist, stellt sie auch in diesem Format unter Beweis, sie ist schlagfertig und authentisch, der leichte Plauderton, der hier angeschlagen wird, liegt ihr. Auch wenn manches gut überlegt, wenn nicht inszeniert wirkt: Dass sie von der Besetzung der Hainburger Au, dem Fall der Eisernen Vorhangs und des Lichtermeers politisch geprägt wurde, klingt zumindest gut erzählt.

Nichts Neues über Corona

Trotz Vergangenheit in der Volkspartei bezeichnet sich Meinl-Reisinger als liberal und nicht als konservativ. Nach diesen grundsätzlichen Einordnungen geht es ans Eingemachte: Wir breit sind die Neos aufgestellt? Nur Nischenpartei, die über ihre acht Prozent der letzten Wahl nicht hinauskommen kann, oder doch breiter aufgestellt mit neuen Themen? Eine Antwort darauf geht im Platzwechsel auf der Libelle leider verloren, Corona wird als Nächstes besprochen, Impfen ja, Pflicht nein. Alles, was in dutzenden Pressekonferenzen schon ausgebreitet wurde, wird noch einmal abgefragt. Neues erfährt man hier nicht.

Impfen ja, aber freiwillig, so die Neos-Chefin.
ORF

Dass ihr Nachhaltigkeit wichtig ist, war zu erwarten, und jetzt setzt es erste Hiebe gegen ÖVP und Grüne: Sebastian Kurz wird sein Steinzeit-Sager umgehängt, den Grünen ihre angebliche Tatenlosigkeit in der Regierung. Einzig die Neos hätten ein ökologisches Steuermodell, mit einer echten CO2-Bepreisung sei Kostenwahrheit herzustellen.

Meinl-Reisinger erklärte, was der Staat aus Neos-Sicht gegen die Klimakrise tun sollte.
ORF

Fast zu angenehm

Auf manche schwierige Fragen, wie man etwa mit älteren Arbeitnehmern, die nicht weitermachen können oder wollen, umgehen soll, hat Meinl-Reisinger erstaunlich einfache Antworten, wenn sie eine "bessere Politik" einfordert.

Arbeitslosigkeit im Alter – ein komplexes Thema, auf das erstaunlich einfache Antworten zu hören waren.
ORF

Im parlamentarischen U-Ausschuss sei viel negative Energie gewesen, räumt die Neos-Chefin ein. Sie könne sich vorstellen, dass der nächste Ausschuss sich den Corona-Beschaffungen widme.

Eine Frage im "Sommergespräch": Was ist die Rolle der Neos in der Opposition?
ORF

Ungewöhnlich war jedenfalls die Frage von Lorenz-Dittlbacher, wen sich die Neos-Chefin als neuen ORF-Chef wünsche. Das legte Meinl-Reisinger die Möglichkeit auf, den Wahlmodus zu kritisieren, es sei eine Schande, dass diese Entscheidung auf der Spielwiese der Regierung falle, eine klare Antwort blieb sie aber schuldig. An diesem Abend war von Meinl-Reisinger also nichts Neues zu erfahren. Das Gespräch hatte einen guten Ton, es war angenehm, fast zu angenehm. (Michael Völker, 9.8.2021)