Vom Schatten- bis Puppentheater zieht Regisseurin Magdalene Schaefer in Telfs alle Register.

Viktor Malishev

Im Tiroler Telfs gibt es eine Ausstellung über Angelo Soliman zu sehen. Sie wissen schon: Der Wiener "Hofmohr", der im 18. Jahrhundert vom Kammerdiener zum Mitglied der Freimaurer-Loge "Zur wahren Eintracht" aufgestiegen ist, als Kind aus dem heutigen Nigeria verschleppt und versklavt, posthum gar zum Modell für erfolgreiche Integration, nach seinem Tod ausgestopft, mit Federschmuck ausstaffiert und als "edler Wilder" in der kaiserlichen Naturaliensammlung ausgestellt wurde.

Eine erschütternde Geschichte, aber auch eine faszinierende, sie ist ein beliebter Stoff für Film-, Theater- und Romanbearbeitungen. Gut, jetzt könnte man darüber reden, dass diese Bearbeitungen nicht selten in die Falle der Klischees tappen, die sich um Soliman ranken, aber schauen Sie sich doch zuerst einmal die tollen Leihgaben an, die da aus Wien angekarrt wurden: Kleidungsstücke, Briefe, persönliche Gegenstände, auch ein bisher nie gezeigtes Exponat ist dabei!

Man wird diese Ausstellung nie zu Gesicht bekommen, aber eine sehr eifrige Kuratorin, eine extra aus London angereiste Soliman-Nachfahrin, eine Putzfrau mit Gespür für die Themen Unterdrückung und Ausbeutung, ein paar sehr karikaturhaft angelegte Mitglieder der adeligen Gesellschaft, darunter den Fürsten Lobkowitz als triebhaften Prince-Imitator. Und man begegnet einem Soliman, der selbst in gegenwärtigen kulturellen Auseinandersetzungen mit kolonialer Geschichte bloß eine Marionette bleibt.

Das ist der durchaus interessante Grundgedanke in Ramsès Alfas als Auftragswerk für die Tiroler Volksschauspiele Telfs entstandenem Stück Hochgelobt und ausgestopft – Das Leben des Angelo Soliman und könnte auch die nötige Reibung für einen gelungenen Theaterabend erzeugen, würde sich diese Distanziertheit nicht durch den gesamten Plot, durch die Dialoge und Monologe ziehen und das Stück irgendwie unfertig, fragmentarisch, seltsam blutleer wirken lassen.

Christoph Nix, seit diesem Jahr als Intendant verantwortlich für das Programm der Volksschauspiele, engagiert sich seit vielen Jahren in Ländern wie Malawi oder Togo für das afrikanische Theater, an seiner früheren Wirkstätte Konstanz kam es zu zahlreichen Kooperationen, Ramsès Alfa war dort ebenso tätig wie die aus Malawi stammende Schauspielerin O’tooli Fortune Haase, die in Telfs als italienische Marquise sowie als Soliman-Nachfahrin zu sehen ist.

Hang zur Komödie

Knapp 60 Minuten dauert die Inszenierung der jungen deutschen Regisseurin Magdalene Schaefer, in der vom Schatten- bis zum Puppentheater alle möglichen Register gezogen werden. Eine verhüllte Ausstellungsvitrine (Bühne: Ingo Mewes) ist der Dreh- und Angelpunkt der zwei inhaltlichen Ebenen: Die angekündigte Ausstellungseröffnung wird von Szenen aus dem Leben Solimans durchbrochen, Josephine Buchwitz und Eileen Freiin von Hoyningen, beide Absolventinnen der Ernst-Busch-Hochschule, bestreiten sie mit manchmal allzu großem Hang zum Komödiantischen.

Der Autor konnte der Uraufführung übrigens nicht beiwohnen. Er hat kein Visum für die Einreise nach Österreich bekommen. (Ivona Jelcic, 13.8.2021)