Im Internet tummeln sich viele betrügerische Schlüsseldienste. Google-Bewertungen und der Firmensitz bieten Kunden wertvolle Infos.

Foto: Matthias Cremer

Keine Schuhe, kein Handy, kein Schlüssel; ein verzweifelt-hastiger Griff zur Türklinke, aber es ist zu spät. Die Tür ist zu. Den sehnlichen Wunsch, den Schlüssel doch noch aus dem untersten Rand der Hosentasche zu kramen, unterbricht das panische Klopfen an der Tür des Nachbarn. Dabei wäre Ruhe bewahren gerade in dieser Situation essenziell, um am fremden Handy nicht die erste Nummer zu wählen, die Google ausspuckt.

Denn während Betrüger normalerweise versuchen, nicht aufzufallen und in der Masse unterzutauchen, reiht sie eine geschaltete Anzeige in der Suchmaschine ganz oben. "Ist die Nummer erst einmal gewählt, nimmt das immer gleiche Drama seinen Lauf", sagt Alexander Wurditsch vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Der Schlüsseldienst eilt herbei, bricht die Tür auf, schwatzt den Ausgesperrten ein neues Schloss auf und verlangt für 20 Minuten Anfahrt und zehn Minuten Arbeit eine horrende Summe.

Ab zum Bankomaten

"Stutzig machen sollten Preise ab rund 800 Euro", sagt Wurditsch. Alles darunter gelte durchaus als marktüblicher Preis – sofern es sich um einen Notdienst außerhalb der Geschäftszeiten handelt. Weigern sich die Kundinnen und Kunden zu bezahlen, werde häufig Druck ausgeübt. Nicht selten begleiten Handwerker die Wohnungsbesitzer zum nächsten Bankomaten und drängen dort weiter zur Zahlung. "Sobald bezahlt ist, gehen die Chancen gegen null, das Geld jemals zurückzubekommen", sagt Wurditsch.

Auch Klagen helfen nur selten. Wenn Kundinnen und Kunden bezahlen, kann das das Gericht als sogenannte Anerkenntnis werten und für den angeklagten Schlüsseldienst entscheiden. Laut Wurditsch fallen Urteile nur selten zugunsten geprellter Kundinnen und Kunden aus. Das zeige auch die schwache Erfolgsquote des VKI. Und selbst wenn das Gericht im Sinn des Klägers urteilt, sei bei den Unternehmen oft nichts zu holen.

Die sichere Nummer

Um Betrügern zu entgehen, empfiehlt Wurditsch vor Google Nachbarn, Freunde oder die Hausverwaltung nach Schlüsseldiensten zu fragen. Auf der Website des Kuratoriums für Einbruchschutz und Objektsicherung ist eine Liste mit Aufsperrdiensten mit Gütesiegel zu finden. Ist eine derartige Recherche nicht möglich, dann am besten die Online-Bewertungen des Schlüsseldienstes lesen und auf der Website nach dem Firmensitz suchen. "Fehlt diese Angabe, ist Skepsis geboten."

Telefonisch kann eine Kostenschätzung eingeholt und per SMS zugeschickt werden. Ist die Tür einmal offen und will der Schlüsseldienst ein neues Schloss einbauen, rät Wurditsch, damit bis zum nächsten Werktag zu warten – das spart Geld. Apropos Geld: nicht in bar, sondern mit Erlagschein zahlen. Das bietet Sicherheit. (Julia Beirer, 12.11.2021)