Ein paar Quadratmeter Stauraum im Keller gehören für viele dazu – im besten Fall ist das Lager auch noch trocken und leicht zugänglich.

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Ein Kellerabteil gehört für viele zum Wohnen dazu. Im Untergeschoß landet, was in der Wohnung keinen Platz mehr findet. Alte Möbel, die Weihnachtsdeko, Fahrräder und Ski finden auf den paar Quadratmetern Platz. Vieles wird hier vergessen und beim nächsten Umzug neu entdeckt.

Seit einer Novelle der Wiener Bauordnung 2018 sind solche Einlagerungsräume bei Neubauprojekten aber nicht mehr vorgeschrieben, sondern werden nur noch auf freiwilliger Basis errichtet. Die Branche habe diese Deregulierung begrüßt, sagt Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wirtschaftskammer. Nicht nur, weil man sich so besser an der Nachfrage orientieren könne. Sondern auch, weil es teilweise baulich schwierig sei, Kellerabteile zu errichten.

Aber hat sich die Gesetzesänderung tatsächlich darauf ausgewirkt, was gebaut wird? Das vorweg: Der Großteil der Neubauten wird weiterhin mit Kellerabteilen errichtet. Und wenn doch auf einen Keller verzichtet wird, werden dafür oft Lagerräume in höheren Stockwerken geschaffen. Doch es gibt Ausnahmen.

Ulreich hat selbst bereits ein Projekt ohne Kellerabteile umgesetzt, nämlich das "Space Loft" in der Tauttenhayngasse im 15. Bezirk. Die im Bestandsgebäude ansässige Kfz-Werkstätte benötigt alle Erdgeschoß- und Kellerflächen, "wir konnten gerade noch den Müll- und Heizraum unterbringen", erzählt Ulreich. Und weiter: "Mit einer zwingenden Kellerverpflichtung wäre dieses Nachverdichtungsprojekt gestorben." Auf Lagerabteile wurde also verzichtet, dafür wurde die Werkstätte energetisch und lärmschutztechnisch saniert, was den Bewohnerinnen und Anrainern zugutekomme.

Einige Ausreißerprojekte

Auch andere Immobilienentwickler schließen ein Haus ohne Einlagerungsräume nicht mehr kategorisch aus: "Wir haben in den meisten Projekten noch Kellerabteile, aber nicht mehr überall", sagt Marion Weinberger-Fritz, Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnungs GmbH. Dabei handle es sich aber um "Ausreißerprojekte", bei denen eine Unterkellerung schwierig wäre – gerade in Gegenden, die schon sehr dicht verbaut sind.

Für Käuferinnen und Käufer würden die Abteile aber ohnehin keine große Rolle spielen. Gerade erst sei ein Projekt ohne Keller im zehnten Bezirk an einen Investor verkauft worden, "dem war das egal", sagt Weinberger-Fritz. Die, die später in den Wohnungen wohnen, seien oft Menschen, "die nicht so viele Dinge haben", ist sie überzeugt. Häufig handle es sich dabei nämlich um Starter-Wohnungen für junge Menschen.

Der auf Vorsorgewohnungen spezialisierte Bauträger C&P wiederum plant Kellerabteile immer mit – auch weil seine Wohnungen sehr kompakt ausfallen. Manchmal kauft der Entwickler auch bereits baugenehmigte Projekte, die also erst errichtet werden müssen.

Diese würden in Wien des Öfteren keinen Keller aufweisen. Solche Projekte werden aber laut Unternehmenssprecher noch durch einen Umplanungsprozess geschickt, um einen Keller und die dazugehörigen Abteile zu schaffen.

Möglichst große Kellerabteile werden auch beim Wiener Bauträger Glorit immer eingeplant, heißt es auf Nachfrage, das werde auch "sehr gut" angenommen.

Kein Fitnesscenter

Kein Wunder: Angesichts stetig schrumpfender Wohnungen brauchen viele Menschen mehr Stauraum. Davon profitiert auch das Lagerraum-Start-up Storebox, das an mittlerweile 120 Standorten im In- und Ausland die Möglichkeit bietet, ein Abteil zu mieten.

COO Ferdinand Dietrich ist davon überzeugt, dass die Menschen seit Corona nicht weniger, sondern mehr Graffl zu Hause angesammelt haben, das irgendwo verstaut werden muss.

Das Unternehmen arbeitet auch mit Bauträgern zusammen, die keinen Keller bauen, für künftige Bewohner aber Lagerflächen im Erdgeschoß schaffen wollen. Diese würden für die Abteile in unterschiedlichen Größen dann einen "Sonderrabatt" bekommen.

Andenken, "Bücher ohne Ende", Alltagsgegenstände, Fahrräder und die eine oder andere Briefmarkensammlung landen laut Dietrich in den Abteilen. Doch es gibt auch Grenzen. "Es kamen schon Leute, die sich in ihrem Abteil ein Fitnesscenter einrichten wollten", erzählt Dietrich. "Alles geht nicht." (Franziska Zoidl, 13.11.2021)