In den kommenden Jahren muss die Sanierungsrate nach oben geschraubt werden.

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Bis 2040 will Österreich klimaneutral sein. Das wirkt sich auf die Bauweise von Neubauten aus. Ganz besonders betrifft das aber den Gebäudebestand, der in den kommenden Jahren klimafit gemacht werden muss. Es steht also eine thermische Sanierung ins Haus, das Heizsystem muss in vielen Gebäuden außerdem von Öl und Gas in Richtung Fernwärme, Wärmepumpe oder Pelletofen gehen. Das große Problem: Die Sanierungsrate ist in Österreich zu niedrig, um das bis 2040 zu schaffen.

Geringe Dynamik

In der Vergangenheit hat es diesbezüglich schon einmal besser ausgeschaut: 2010 wurden noch 40.000 umfassende Sanierungen gefördert, 2018 waren es nur noch 13.000. Geförderte Einzelmaßnahmen – etwa der Austausch von Heizsystemen – steigen zwar aktuell wieder, allerdings mit geringer Dynamik und von einem geringen Ausgangsniveau, heißt es dazu in einer am Montag präsentierten Studie vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) und dem Umweltbundesamt. Dieses Monitoring der Sanierungsmaßnahmen wurde im Auftrag der Verbände der Bauprodukteindustrie bereits zum zweiten Mal durchgeführt.

Für manche Sanierungen holen sich Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen gleich gar keine Förderung ab. Auch in diesem Bereich ist die Anzahl der umfassenden Sanierungen von jährlich 8.000 auf zuletzt 4.000 zurückgegangen. Allerdings hat sich die Sanierung einzelner Bauteile positiv entwickelt, etwa beim Kessel- und Fenstertausch.

Die bislang erfolgreichste Phase der Dekarbonisierung des Gebäudesektors in Österreich gab es laut Studie in den Jahren 2005 bis 2012. In dem Zeitraum wurden Treibhausgasemissionen um ein Drittel reduziert. Zwischen 2012 und 2019 gab es dann nur noch eine Reduktion von sechs Prozent. Und: Für das Jahr 2021 schließt Wolfgang Amann, Geschäftsführer des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen, auch eine Steigerung der Emissionen und damit eine Überschreitung der gesetzlichen Vorgaben des Klimaschutzgesetzes nicht aus.

Mehr Förderungen

Zusammengefasst lag die Sanierungsrate 2020 knapp über 1,5 Prozent des Bestands, sie stagniert damit seit 2015, berichtete Amann. Seine Zielvorgabe bis 2025 sind 2,5 Prozent, um bis 2040 den Bestand komplett durchzusanieren. Besonders hoch ist der Bedarf bei Gemeindewohnungen, privaten Mietwohnungen, aber auch Eigenheimen.

Dieses Ziel will die Politik mit noch mehr Förderungen erreichen: Schon für 2021/22 wurden die Budgetmittel für den Sanierungsscheck und den "Raus aus Öl und Gas"-Bonus stark ausgeweitet. Jürgen Schneider vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kündigte beim Pressegespräch weiters an, dass zwischen 2022 und 2025 1,64 Milliarden Euro in diese Maßnahmen, aber auch in ein Paket für die soziale Abfederung davon fließen werden. Und auch nach 2025 werde die Förderung in diese Richtung weitergehen, kündigte Schneider gleich an.

Aber Geld ist nicht alles – es muss auch bei den richtigen Menschen ankommen. Robert Schmid, Obmann des Fachverbands Stein- und keramische Industrie, ortet ein Problem mit der Komplexität, "da haben wir alle gemeinsam die Welt der Förderung beim Bauen und Sanieren verkompliziert". Es gebe zu viele Stellen und zu viele Verantwortliche: "Im Nebel des Förderdschungels findet man die Quelle nicht und verdurstet – obwohl genug Geld da wäre."

Maßnahmen im Wohnrecht

Als Positivbeispiel nannte Schmid die Hauskunft in Wien. Das ist eine Beratungsstelle, von der man sich als Sanierungswilliger beraten und begleiten lassen kann. Wichtig ist laut Schmid auch, dass ein Haus erst thermisch saniert und somit der Energieverbrauch auf das notwendige Minimum reduziert wird – und erst als nächster Schritt die Heiztechnik getauscht wird. Auch diese Reihenfolge müsse noch verdeutlicht werden.

Darüber hinaus forderte Wohnbauforscher Amann aber auch noch ergänzende Maßnahmen, etwa im Wohnrecht. So darf sich heute ein Mieter noch ohne Angabe von Gründen weigern, dass seine Gastherme oder sein Gasherd ausgetauscht wird. Eine Sanierung sei aber nur dann sinnvoll, wenn in einem Zug im ganzen Stiegenhaus die Heizungen erneuert und umgestellt würden, betonte Amann.

Nicht zuletzt braucht es für die vielen Sanierungen, die man sich in den kommenden Jahren wünscht, auch viele Arbeitskräfte. Dem steht laut Studie aber der derzeitige Boom im Wohnungsneubau im Wege, weil bei der hohen Auslastung der Bauwirtschaft die Kapazitäten für die Sanierung fehlen. (Franziska Zoidl, 22.11.2021)