Barbara Staudinger: "Mit Barbra Streisand und Hannah Arendt in einer Bar, das wäre toll!"

Die Museumsleiterin Barbara Staudinger schätzt die beiden Feministinnen und würde sie gern auf eine Zigarette treffen.

Barbara Staudinger ist Historikerin. Seit 2018 leitet sie das Jüdische Museum Augsburg Schwaben. Im Juli 2022 übernimmt sie die Leitung des Jüdischen Museums Wien.
Foto: Mafalda Rakoš

"Barbra Streisand und Hannah Arendt sind spannende Feministinnen mit einem spezifisch jüdischen Blickwinkel. Warum ich mich mit diesen beiden Frauen treffen will? Mit Hannah Arendt würde ich wahnsinnig gern einen Abend verbringen, weil ich mich schon länger mit ihr beschäftige. Ich habe viele ihrer Publikationen gelesen. Dann dachte ich mir: Mit ihr allein könnte es etwas kopflastig werden. Wenn aber Barbra Streisand dazustößt, wird es sicher lustig! Und sie hat mich auch deshalb begleitet, weil mir immer wieder gesagt wurde, dass ich ihr ähnele. Außerdem singe ich gerne und trage denselben Vornamen.

Am liebsten würde ich mit ihnen in einer Bar wie dem Katscheli zusammensitzen. Im Idealfall fände das Treffen in den Achtzigerjahren statt. Damals hat sich unheimlich viel getan: Mit der Waldheim-Affäre wurde der österreichische Opfermythos aufgebrochen, und auch die feministische Bewegung war sehr stark.

Barbra Streisand wird durch eine Schallplatte symbolisiert, die ich mir von einer Freundin geborgt habe. Von Hannah Arendt habe ich ihr Hauptwerk Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft dabei – und natürlich Zigaretten!" (Anne Feldkamp)


Dalia Ahmed: "Dolly Parton zelebriert ihre Herkunft, ohne diskriminierend zu sein"

Die FM4-Moderatorin Dalia Ahmed ist vom Stil und gesellschaftlichen Engagement der Country-Ikone Dolly Parton begeistert.

Dalia Ahmed ist Muskikjournalistin und DJ. Sie moderiert beim Radiosender FM4, schreibt für Magazine wie "Missy" oder "An.Schläge". 2022 wird sie mit Andreas Spechtl das Popfest in Wien kuratieren.
Foto: Mafalda Rakoš

"Jedes Monatsblatt meines Wandkalenders ziert eine Figur aus der Popkultur. Im November war eine Collage aus ganz vielen Bildern von Dolly Parton zu sehen. Ich möchte sie gerne treffen, weil ich sie auf mehreren Ebenen großartig finde. Sie singt und schreibt ihre Lieder selbst, spielt diverse Instrumente. Sie ist auch eine schlaue Businessfrau, hat mit Dollywood einen ihr gewidmeten Freizeitpark in Tennessee. Dort würde ich mit Parton über ihre Musik und ihren Stil plaudern. Ihr Western-Look ist ikonisch! Sie trägt mit Strasssteinen besetzte Kleider von Nudie Cohn, Denim, aber auch Leopardenprint.

Es gibt Menschen aus dem weiß dominierten Country-Milieu, die durch rassistische oder homophobe Kommentare auffallen. Dolly Parton aber zelebriert ihre Herkunft, ohne dabei diskriminierend zu sein.

Die 1946 Geborene zeigt auch, dass das Alter keine Entschuldigung für problematische Aussagen und Ansichten ist. Sie engagiert sich gesellschaftlich, hat zum Beispiel vor einem Jahr eine Million Dollar für die Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs gespendet. Deshalb habe ich damals wahrscheinlich auch einmal ihr Lied Jolene auf FM4 gespielt, das sonst eher nicht auf dem Radiosender läuft." (Michael Steingruber)


Petra Hartlieb: "Mich interessiert, wie Schnitzlers Verhältnis zu Frauen war"

Die Schriftstellerin Petra Hartlieb wäre liebend gern Arthur Schnitzler begegnet, um mit ihm zu plauschen – so unter Kollegen.

2021 erschienen von Petra Hartlieb "Herbst in Wien" und "Der Geiger und der Regenwald", Michael Schnitzlers Autobiografie, die sie mitgestaltet hat. Sie betreibt den Buchladen Hartliebs Bücher.
Foto: Mafalda Rakoš

"Arthur Schnitzler ist die ‚Tapete‘ für meinen Romanzyklus über das Leben einer jungen Frau aus Oberösterreich, die in Schnitzlers Haushalt in Wien als Kindermädchen arbeitet. Zudem habe ich mit Michael Schnitzler, dem Enkel des Schriftstellers, an dessen Autobiografie mitgearbeitet. Naheliegend, dass ich gern Arthur Schnitzler begegnen würde. Was war er für ein Mensch? Ein grantiger alter Mann? Ein Hypochonder? Ein Macho? Einige Charakterzüge lassen sich aus seinen Tagebüchern herauslesen.

Mich interessiert, wie sein Verhältnis zu Frauen war. Er hatte viele Affären, darunter tragische. Er hatte aber auch Freundinnen, die er als gleichwertig ansah. Bei aller Ehrfurcht würde ich Schnitzler auf seine Scheidung ansprechen und darauf, wie es dazu kam, dass seine Tochter Lili bei ihm blieb und nicht zu ihrer Mutter ging. Selbstverständlich wäre auch sein Sohn Heinrich Thema, der Vater von Michael Schnitzler. Wie war der so als Bub? Speziell würde mich deren Kindermädchen interessieren, überhaupt das Personal, von dem in den Tagebüchern keine Rede ist.

Auch eine Unterhaltung über den Buchmarkt wäre lustig. Arthur Schnitzler hatte wohl mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie ein Autor der Gegenwart." (Markus Böhm)


Sebastian Meise: "Lieber als Picasso hätte ich meine Großmutter kennengelernt"

Der Regisseur Sebastian Meise begibt sich bei der Arbeit mit Schauspielern immer auch auf die Suche nach einem Mythos.

Der gebürtige Tiroler Sebastian Meise (45) ist Mitinhaber der Produktionsfirma Freibeuter-Film und Regisseur. Sein aktueller Spielfilm "Große Freiheit" erhielt dieses Jahr in Cannes den Jurypreis.
Foto: Mafalda Rakoš

"Das Porträtfoto zeigt meine Großmutter, der ich nie begegnet bin. Sie ist lange verstorben, bevor ich auf die Welt kam. Wenn ich es mir aussuchen könnte, ob Picasso oder sie – ich hätte lieber meine Großmutter kennengelernt.

Es gab nur dieses eine Bild von ihr bei uns zu Hause, meine Mutter hatte ein schwieriges Verhältnis zu ihr. Sie hat nie über sie gesprochen. Meine Großmutter war am Theater in Wiesbaden eine wohl relativ erfolglose Schauspielerin. Weil ich nichts über sie wusste, hatte sie eine Aura des Geheimnisvollen, Unerreichbaren, gewissermaßen wie eine Ingrid Bergman oder Grace Kelly.

Ich bedauere es ein wenig, dass ich mit meiner Mutter, die leider auch schon verstorben ist, nie über meine Großmutter gesprochen habe. Andererseits macht diese Ungewissheit auch den Reiz aus. Ein Teil der Faszination am Beruf des Regisseurs kommt wohl von diesem Mythos, der mich die gesamte Kindheit begleitete.

Die Arbeit mit Schauspielern ist das Schönste an meinem Beruf. Und ich habe manchmal den Eindruck, als würde ich meine Großmutter dabei suchen. Es ist spannend, dass jemand, den man nie kennengelernt hat, einen so großen Einfluss auf das eigene Leben ausüben kann." (Sascha Aumüller, RONDO exklusiv, 25.12.2021)