Wolfgang Brandstetter, Michael Tojners Verteidiger, sagte als Zeuge in jenem Verfahren aus, in dem Tojner Geld vom Burgenland will.

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Michael Tojner will es dem Land Burgenland ein bisschen billiger geben, so könnte man den Verfahrensstand in jenem Zivilprozess zusammenfassen, den der Unternehmer und Investor gegen das Land führt. Am Montag ist das am Landesgericht Eisenstadt anhängige Verfahren weitergegangen – mit der Einvernahme eines einst prominenten Zeugen. Da hat Tojners Verteidiger, der WU-Strafrechtsprofessor Wolfgang Brandstetter, ausgesagt, einst Justizminister und Mitglied des Verfassungsgerichtshofs (VfGH). Letzteres ist er seit dem Bekanntwerden von abfälligen Chats über den VfGH und einige seiner Mitglieder, die der suspendierte Justizsektionschef Christian Pilnacek mit ihm ausgetauscht hatte, nicht mehr. Gegen Brandstetter wird auch wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs ermittelt, er bestreitet den Vorwurf.

Die Angelegenheit Tojner gegen Burgenland leitet sich quasi aus dem Ermittlungsverfahren ab, das die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Tojner in der Causa Wohnungsgenossenschaften Gesfö/Riedenhof und Pannonia führt. Das Land Burgenland hat Tojner ja Anfang 2019 wegen Betrugsverdachts angezeigt, weil es sich von ihm bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Genossenschaften über den Tisch gezogen fühlt. Tojner habe den Wert der Liegenschaften, die er bzw. ihm zuzurechnende Gesellschaften erworben hatten, getäuscht und als zu gering dargestellt. Da sich daran die Abschlagszahlung des Bundeslands, in dem die Wohnungsgenossenschaften ihren Sitz haben, bemisst, sei auch diese Zahlung viel zu gering ausgefallen.

Die WKStA leitete Ermittlungen gegen Tojner ein, am 19. Februar 2019 verständigte sie den Unternehmer davon.

Klage eingeschränkt

Aber: Die Medien, STANDARD inklusive, hatten schon von der Anzeige berichtet. An diesem Punkt setzt Tojners Klage an. Seine Anwälte behaupten, das Land Burgenland habe die mediale Berichtsflut mit Informationen an Journalisten ausgelöst. Um zu erfahren, worum es geht, und Schaden von Tojners Unternehmen (seine Varta etwa ist börsennotiert) abzuhalten, beauftragte der Unternehmer Anwälte, Professoren und Immobilienexperten, die die Sache juristisch einordneten bzw. Liegenschaftsbewertungen vornahmen. Eingeklagt wurden 420.000 Euro, 320.000 davon entfallen auf Beratungskosten.

Seit kurzem geht es allerdings nur noch um rund 102.058,04 Euro, denn Tojners Anwälte, Karl und Stefanie Liebenwein, haben die Klage eingeschränkt. Grund dafür: Bestimmte Rechtsberatungskosten wären Tojner mit der offiziellen Einleitung des Ermittlungsverfahrens am 19. Februar 2019 sowieso entstanden, und spätestens mit der Hausdurchsuchung beim Unternehmer bzw. seiner Wertinvest am 25. Juni 2019 wären die Vorwürfe einer breiten Öffentlichkeit sowieso bekannt geworden. Dieses Thema war bei den Verhandlungen im vorigen Juni erörtert worden, am 1. Dezember schränkten die Anwälte das Klagsbegehren daher ein. Honorare für bestimmte Beratungs- und Gutachtenstätigkeiten fallen dadurch ebenso weg wie bestimmte Kosten für PR- und Kommunikationsberatung.

Tojner geht es nicht ums Geld

Wobei es aus Tojners Umgebung heißt, dass es ihm sowieso nicht um Geld gehe. Die Amtshaftungsklage solle klären, ob das Vorgehen des Landes, das laut Klägerseite eine Medienkampagne geführt und einen Reputationsschaden für Tojner bewirkt habe, zulässig sei. Sollte Tojner gewinnen, wolle er das Geld für einen karitativen Zweck spenden.

Eingeklagt wurde auch das Beratungshonorar von Brandstetter – wobei auch dieser Klagsbestandteil von der jüngst erfolgten Einschränkung betroffen ist. Tojner will nur noch jenes Honorar vom Burgenland zurückbekommen, das bis 19. Jänner anfiel, also bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem Tojner von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens verständigt wurde.

Insgesamt hat Verteidiger Brandstetter seinem Mandanten damals 300 Stunden zu je 440 Euro netto in Rechnung gestellt, mit Mehrwertsteuer waren es in Summe 158.400 Euro, die er bezahlt bekam, wie er als Zeuge in Eisenstadt bestätigt hat. Brandstetter ist am Montag übrigens nicht nach Eisenstadt angereist: Das Wetter im Waldviertel, wo er lebt, war schlecht, und er wurde am Bezirksgericht Horn befragt, per Videoschaltung wurde das übertragen.

Fact-Finding bei Journalisten

Brandstetter musste vor Gericht erklären, wann er was für sein Geld gearbeitet hat, wie und wann er als Tojners Berater ins Spiel gekommen war. Sehr gut konnte sich der 64-Jährige nicht erinnern, das sei ja alles schon drei Jahre her, wie er sagte. Von Journalisten habe man damals von der Sachverhaltsdarstellung des Burgenlands erfahren, "die haben mehr gewusst als wir", schilderte der Zeuge. Also habe man in einer Art "Fact-Finding-Mission" zunächst herausfinden müssen, worum es überhaupt gehe. Dass Tojner nicht von der Staatsanwaltschaft vom Verfahren erfahren habe, "ist nicht der gewöhnliche Weg, das Vorverfahren ist ja nicht öffentlich", und so entstehe eine "mediale Vorverurteilung, gegen die man sich schwer wehren kann", wie der Rechtsprofessor ausführte.

Tojner sei besonders beunruhigt gewesen, die Berichterstattung sei für ein börsennotiertes Unternehmen wie seine Batteriefirma Varta "eine Katastrophe". Er selbst habe sich zudem erst einlesen müssen in die Materie Verwaltungsverfahren bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit, erzählte der Zeuge. Was genau seine Aufgabe war? Zunächst zu prüfen, was der strafrechtliche Vorwurf sein könnte, was in der Strafanzeige drinstehen könnte, so Brandstetter. Er habe mit sehr vielen Journalisten gesprochen, mit den Rechtsanwälten Tojners und mit Tojner selbst, "wir waren damals wie aufgescheuchte Hendln", schilderte er seine Erinnerung. In der Folge habe er dann Kontakt mit den Vertretern des Burgenlands aufgenommen – auf der Suche nach einer Konsenslösung: Etwaige Fehler bei der Berechnung der Abfindungssumme hätte man ja korrigieren wollen. Es fand sich aber kein Konsens.

Kafkaeske Situation

Aber hätte er all seine Beratungsschritte nicht sowieso gesetzt, wenn vielleicht auch später, wollte der Richter vom Zeugen wissen. "Das kann ich nicht beurteilen", meinte der und kommentierte die damalige Situation, in der man nichts über den Verfahrensstand wusste, als kafkaesk. Ja, und noch eine Aktion hat der Ex-Justizminister unternommen, der den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) noch aus dessen Zeit als Verteidigungsminister kennt und ein "sehr, sehr freundschaftliches Verhältnis" mit ihm unterhielt, wie er erzählte. Er rief Doskozil aus Konsensfindungsgründen an, aber das habe eben nicht geklappt, und das freundschaftliche Verhältnis sei von da an zerstört gewesen – was ihm leidtue. Letztlich habe er Doskozil ja sagen müssen, dass er Berater von Tojner sei und damit auf der anderen Seite stehe.

Etwas unterkühlt stellte sich das Verhältnis zwischen dem Anwalt des Landes, Johannes Zink, und dem Zeugen Brandstetter bei der Befragung dar. Zink konfrontierte den Verteidiger mit einem Satz aus der Aussage Tojners, wonach es ihm darum gegangen sei, "das Thema mit aller Macht zu erschlagen". Zink wollte eruieren, ob derartiges Erschlagen auch Brandstetters Auftrag gewesen sei – oder Auftrag der Petrocelli GmbH, über die Brandstetter die Beratungsleistungen abgerechnet hat. Nein, meinte der Zeuge im fernen Horn, es sei unrealistisch gewesen, das Verfahren zu stoppen.

Keine Leistungsverzeichnisse

Die Frage des Anwalts des Burgenlands, ob es Brandstetters Ziel gewesen sei, ihn, Zink, bei einer Besprechung dazu zu bewegen, die Höhe des Privatbeteiligtenanspruchs des Bundeslands auf unter fünf Millionen Euro zu bringen, "damit nicht die WKStA für die Causa zuständig" ist, schmetterte Tojners Anwältin ab. Der Richter fragte den Zeugen dann nur grundsätzlich zur Höhe des Privatbeteiligtenanschlusses. Er habe keine konkrete Erinnerung daran, so der WU-Professor. Zur Erklärung: Wer durch ein Vergehen geschädigt ist, kann sich dem Strafverfahren mit seinen Ansprüchen als Privatbeteiligter anschließen. Bei einer etwaigen Verurteilung kann das Gericht diese Ansprüche gleich zusprechen oder den Betroffenen auf den Zivilrechtsweg verweisen.

Doch zurück zum Zeugen. Mit Stundenaufzeichnungen oder genauen Verzeichnissen über die Leistungen, die er Tojner verrechnete, konnte der Zeuge nicht dienen, er habe pauschal abgerechnet, die Stunden hätten die anderen Anwälte und Tojner sowieso aufgezeichnet. Er sei daher "von der Verpflichtung zu minutiösen Aufzeichnungen entbunden" gewesen, erklärte der Jurist. Und: Tojner hat das Honorar bezahlt bzw. die Bezahlung veranlasst. Was Brandstetter einräumt: Heute würde er es anders machen, "ich täte mir schon leichter, wenn ich solche Aufzeichnungen hätte. Ich habe aber nicht damit rechnen können, dass es rund um mein Honorar einmal zu einer Auseinandersetzung kommt."

Brandstetter rechnet über Petrocelli ab

Eher frostig wurde es im ohnedies recht kühlen, gut gelüfteten Verhandlungssaal, als Brandstetter von Anwalt Zink zur Petrocelli GmbH gefragt wurde. Die habe er vor vielen Jahren gegründet, der Name (Petrocelli war in den 1970ern der Titelheld einer US-Anwaltsserie, Anm.) sei Programm, "und um die haben mich schon viele Rechtsanwälte beneidet", führte Brandstetter aus. Über diese Gesellschaft verrechne er Rechtsberatung. "Zink wollte mich medial schlechtmachen", sagte Brandstetter aus, er und sein Sohn, der Geschäftsführer der GmbH sei, hätten "mediale Attacken erleiden müssen". Schließlich habe es auch eine Steuerprüfung gegeben, aber steuerlich sei das alles in Ordnung, so der Zeuge.

Nach etwas mehr als zwei Stunden war Brandstetters Befragung zu Ende. Weiter geht die Verhandlung Ende Februar – da sollen zwei Berater und ein Anwalt befragt werden, zudem wird die Einvernahme von Kläger Tojner fortgesetzt. Bei der ersten zur Zeit der Fußball-EM im vorigen Sommer musste er früher aufbrechen, um einen Flieger zu erwischen – selbiges dürfe im Februar aber nicht wieder passieren, ermahnte der Richter. Nein, nein, beeilte sich Tojners Anwältin nach Rücksprache mit Tojners Büro zu versichern, der Kläger werde den ganzen Tag im Kalender blocken. (Renate Graber, 7.12.2021)