Duck (Caroline Baas) und ihr böser Geist (Jonas Graber).

Foto: Susanne Hassler-Smith

Die "Frau" kommt, und das Haus ist ein Chaos: Zertretene Bounty-Schokoriegel auf dem Boden, das Klo steht unter Wasser, den ganzen Tag läuft der Fernseher und in der Nacht der Computer, wahrscheinlich Pornos. Das versetzt die 16-jährige Schülerin Duck, die wochenends im Supermarkt jobbt, in Stress. Denn die Frau ist vom Jugendamt und soll sich einen Eindruck von den Lebensumständen des Mädchens und seines Vaters verschaffen.

Ist er faul? Nein, er leidet an Multipler Sklerose, kann sich daher eher schlecht als recht um sich selbst und die Tochter kümmern. Die Hände wollen nicht mehr so recht, die Augen auch nicht. Doch die beiden sind ein eingeschworenes Team.

Scharade mit Makkaroni

David Greigs Stück Monster für Publikum ab 13 Jahren erzählt im Vestibül des Burgtheaters auf bedrückende Weise von der Problematik pflegender Minderjähriger. Die Mutter ist vor langer Zeit gestorben. Vater (Rainer Galke) und Tochter (Caroline Baas) wollen beide nicht, dass sie ihm weggenommen wird. Also wird für den Besuch der mutmaßlich Unheil bringenden Frau vom Amt (Katharina Pichler) eine Scharade eingeübt: Der blinde Vater soll die nötigen Handgriffe auswendig lernen, um Makkaroni mit Käse zu kochen – nicht so einfach auch deshalb, weil er nie in seinem Leben gekocht hat. Zudem muss die fleckige Hose gewechselt und natürlich der Browserverlauf mit den Sexseiten vom Computer gelöscht werden.

Zwar ist Duck mit der täglichen Belastung alleingelassen – ganz allein ist sie aber nicht. Denn ihr im Ohr sitzt eine Art böser Geist (Jonas Graber). Mit dunklem Mantel, schwarzer Sonnenbrille und perfide weicher Stimme spielt er diabolisch mit dem Mädchen und dessen Ängsten. Zur Ablenkung schreibt Duck an einem Prinzessinnenabenteuerroman, in dem sie ihre Situation unterbewusst verarbeitet. Der Vater ist darin eine königliche "Bestie", die mit einer steinernen Fernbedienung auf dem steinernen Sofa sitzt ...

Regisseur Felix Metzner inszeniert das traurig-turbulente Stück auf einer mit einem roten Lacksofa und ein paar Vorhängen farblich knallenden Bühne (Anneliese Neudecker), auch die Kostüme (Elena Kreuzberger) sind gemäß dem Handlungsverlauf aus Chaos und Vortäuschen alles andere als öde.

Ernst und heiter

Witzige Regieeinfälle sind auch ein Crashkurs in Sachen Multiple Sklerose im Stil der Millionenshow oder eine Motorradverfolgungsjagd. So halten die eineinhalb Stunden die Balance aus Bedrückung und Lebensmut, Ernst und Heiterkeit. Um die Geschichte breiter zu machen, geht es nebenbei noch um erste Verliebtheit und sexuelle Zuschreibungen. Der Schulkollege, den Duck mag, steht nämlich plötzlich vor der Tür. Allerdings nicht, um ihr, wie erhofft, seine Liebe zu gestehen: Es geht ihm auf die Nerven, dass ihn alle für schwul halten, dabei schneidert er bloß gern Kostüme. Ein liebevoller und gelungener Abend, der nichts beschönigt, aber doch hofft. (Michael Wurmitzer, 13.12.2021)