Wenn Eis und Schnee auf den Gehwegen des Landes einziehen, sollte man vorsichtig sein. Ein falscher Schritt kann einen Sturz und daher eine Verletzung bedeuten. Solche Fälle gibt es immer wieder. Dabei ist die Frage, wer für die Räumung von Gehwegen verantwortlich ist, klar geregelt.

Schneeschippen ist mühsam, aber notwendig.
Foto: imago

"Ganz allgemein haftet der Liegenschaftseigentümer für die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auf (und vor) Liegenschaften. Gibt es mehrere Liegenschaftseigentümer, so haften diese gemeinsam", sagt Rechtsanwalt Christoph Rechberger. Die Eigentümer haben demnach dafür zu sorgen, dass Gehsteige, -wege und Stiegenanlagen zwischen 6 und 22 Uhr von Schnee und Eis befreit sowie bestreut sind – Gleiches gilt übrigens auch für Schnee und Eis auf dem Dach.

Konkret bedeutet das, dass dies auf Anlagen innerhalb von drei Metern der gesamten Liegenschaft passieren muss. Ist kein Gehweg vorhanden, muss der Straßenrand in der Breite von einem Meter geräumt und bestreut werden – so auch in einer Fußgängerzone.

Bloß nicht auf die Straße

Auf die Straße sollte man den Schnee aber nicht schieben. Erstens ist das nicht erlaubt, eine Faustregel besagt, zwei Drittel des Weges müssen freigeräumt werden, das letzte Drittel dient zur Schneelagerung. Zweitens schiebt der nächste Schneepflug den ganzen Kram eh wieder auf den Gehsteig – das ist nämlich sein gutes Recht, um die Straßen kümmert sich die Straßenverwaltung.

Nun gibt es Eigentümer, die diese Pflicht durch einen externen Winterdienst erfüllen lassen. Das geht, damit ist man aber nicht automatisch aus dem Schneider. Sollte es dann nämlich trotzdem zu einem Unfall auf dem Gehsteig kommen, kann darüber diskutiert werden, ob es sich um ein Überwachungsverschulden handelt, also dass die Eigentümer die Arbeit des Unternehmens nicht ausreichend kontrolliert haben.

Ob Ladenpächter vor ihrem Geschäft räumen und streuen müssen, hängt von der Vertragssituation ab, sagt Rechberger. "Üblicherweise wird diese Aufgabe, vor allem bei Gebäuden mit mehreren Bestandobjekten, vom Vermieter übernommen, der die Kosten der Schneeräumung als Hausbetreuungskosten über die Betriebskosten verrechnet."

Dass diese Pflichten eingehalten werden, kontrolliert die jeweilige Gemeinde. Kommt jemand durch einen nicht geräumten und gestreuten Weg zu Schaden, hat das Opfer Anspruch auf Schadenersatz. Die Höhe hängt laut Rechberger davon ab, wie schwer die Verletzung ist. Bei einer Prellung könnten es "ein paar Hunderter" sein, bei Brüchen "ein paar Tausender" und bei komplizierten Brüchen auch "ein paar Zehntausender". "Richtig teuer" kann es dann werden, wenn es in der Folge zu Verdienstentgang kommt, beispielsweise bei einem jungen aktiven Profisportler.

Mit Gurkenwasser gegen das Glatteis

Bei aller Sicherheit darf der Umweltschutz nicht vergessen werden. Immerhin versickert Streusalz mit dem Schmelzwasser im Boden und kann dort Bäumen und Sträuchern schaden. Die Devise ist daher: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Die Stadt Wien verbietet sogar das Streuen von Salz im Umkreis von zehn Metern rund um unversiegelte Flächen, dazu zählen auch Baumscheiben.

Wie es anders geht, zeigt ein Pilotprojekt im niederbayrischen Dingolfing. Hier wird seit mehr als einem Jahr unter anderem mit dem übriggebliebenen Gurkenwasser aus der naheliegenden Essiggurkenfabrik gegen Schnee und Glatteis vorgegangen. Der hohe Salzanteil in der Flüssigkeit eignet sich laut Dingolfinger Winterdienst hervorragend für die Aufgabe, zudem sei es wesentlich umweltfreundlicher.

Ob das jetzt Liegenschaftseigentümer dazu veranlassen sollte, mit den Gurkenwasserresten aus dem Kühlschrank zu "streuen", ist eine andere Sache. "Davon habe ich noch nie gehört", gibt Rechberger zu. Dann doch lieber zum Salz greifen. (Thorben Pollerhof, 29.12.2021)