Gerade jetzt, wo viele Firmen überlegen, wie sie nach der Pandemie ins Büro zurückkehren und bestmöglich hybrid arbeiten, sollte der Lärm nicht unterschätzt werden.

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Tastaturklappern, Telefonklingeln, tratschende Kollegen, die Kaffeemaschine und der Drucker im Hintergrund, das Rauschen der Klimaanlage: Ruhe – ganz zu schweigen von Stille – ist im Büro eine Seltenheit.

Das fällt nach eineinhalb Jahren unter pandemischen Arbeitsbedingungen im Büro, aber auch im Homeoffice auf. Manch einer vermisst zu Hause die Geräuschkulisse und lässt sich mit Bürosounds berieseln. Manch andere hält nach Monaten am ruhigen Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden die Lautstärke im – mitunter gar nicht vollbesetzten – Office kaum mehr aus.

Immerhin erreicht der Lärmpegel im Gemeinschaftsbüro Messungen zufolge 50 bis 70 Dezibel – ein Presslufthammer kommt auf ungefähr 90 Dezibel. Ein Büro ist, was die Lautstärke angeht, nicht mit einem Stahlwerk zu vergleichen, dennoch ist die Kakofonie alles andere als harmlos. Lärm lenkt uns nicht nur ab, sondern ist auch ein Stressfaktor, der krank machen kann.

Warnorgan

Woran liegt das? Wir können zwar unsere Augen zumachen und sehen nichts mehr. Aber unseren Hörsinn können wir nicht ausschalten. Selbst im Schlaf selektiert das Gehirn wichtige von unwichtigen Geräuschen – und weckt uns je nachdem. Unser Ohr ist ein Warnorgan: Ungewohnter Lärm über 60 Dezibel aktiviert das Angstzentrum, und Stresshormone werden ausgeschüttet.

Sind wir permanent Lärm ausgesetzt, kann das zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, dem Immunsystem schaden, Entzündungsprozesse oder Schlafprobleme verstärken. Ist es hingegen ruhig, kann das Gehirn seine Ressourcen aufladen, die es für aufmerksamkeitsfordernde Aktivitäten wie Problemlösen benötigt. Wir können uns auch besser konzentrieren, arbeiten und lernen, wenn es leise ist. Ebenso kann uns Stille zu mehr Kreativität und neuen Ideen verhelfen.

Die neue Folge von "Besser leben", dem STANDARD-Podcast zum Glücklichwerden, widmet sich der Stille und der Frage, wie wir ihr mehr Platz im Alltag geben können. Neue Folgen donnerstags auf dSt/Podcast.
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Schallschlucker

Wie bringen wir also insbesondere im lauten Großraumbüro mehr Stille in den Arbeitsalltag? Einerseits über die Gestaltung: Möbel aus schallschluckenden Materialien können bereits viel bewirken. Auch die Anordnung der Plätze macht viel aus: Je enger Schreibtische gestellt würden, desto größer werde zwangsläufig auch die Lärmbelästigung, sagen Arbeitsmediziner.
Gerade jetzt, wo viele Firmen überlegen, wie sie nach der Pandemie ins Büro zurückkehren und bestmöglich hybrid arbeiten, sollte der Lärm nicht unterschätzt werden. Zumal mehr Räume für unterschiedlich lautes Arbeiten benötigt werden: für Videocalls oder Brainstormings im Team – und ruhige, konzentrierte Tätigkeiten allein.

Andererseits können kleine Helferlein wie Ohrstöpsel oder Noise-Cancelling-Kopfhörer die Störgeräusche beseitigen. Hier ist aber Achtung geboten: Wir können uns an die Ruhe gewöhnen und ohne Helferlein selbst das leiseste Geräusch als Stressor wahrnehmen.
Ebenso kann man die Geräuschkulisse mit sogenannten Noisern kontern. Deren künstliches Rauschen soll etwa die störenden Gespräche im Hintergrund ausblenden. Wer lieber Klänge im Ohr hat, kann Naturgeräusche abspielen. Hören wir Vogelgesang und Bachrauschen, haben wir laut einer aktuellen Studie unter anderem weniger Stress und erzielen bessere kognitive Leistungen. (set, 27.12.2021)