24,7 Prozent der Klienten der Schuldnerberatungen im Jahr 2020 waren 30 Jahre oder jünger.

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Wer sein eigenes Geld verdient, kann sich, ein verantwortungsvoller Umgang damit vorausgesetzt, materielle Wünsche und so manche Träume erfüllen, aber auch Schritt für Schritt finanzielle Sicherheit und Stabilität für sein späteres Leben aufbauen. Doch wer sein eigenes Geld verdient, weiß trotzdem nicht automatisch (zumindest nur sehr selten), wie man damit richtig haushalten kann und soll.

Ein Übermaß an geschickten Werbungen bringt so manchen dazu, das hart verdiente Geld für Dinge auszugeben, die man eigentlich nicht braucht oder nicht einmal wirklich will. Noch schlimmer ist es, wenn man dazu verführt wird, Geld auszugeben, das man de facto nicht hat. Eine mangelhafte Finanzbildung macht sich bei Jugendlichen so manches Mal in Form von wenig durchdachtem Konsumverhalten und risikobehafteten Entscheidungen, das eigene Geld zu investieren, bemerkbar. So kann es passieren, dass man schon in jungen Jahren in eine Schuldenfalle gerät, aus der man nur schwer wieder herauskommt.

Hohe Verschuldung

Seit 2015 steigt die Jugendverschuldung in Österreich stetig an, immer mehr Jugendliche unter 25 Jahren müssen eine Schuldnerberatung in Anspruch nehmen. Ein sinnvoller Umgang mit Geld sowie Kenntnisse über das Funktionieren der Wirtschaft sind grundsätzlich essenzielle Kompetenzen für die Selbstständigkeit. Vonseiten der Eltern, aber ganz besonders im Bildungsbereich wird eine fundierte Wissensvermittlung in diesen Dingen aber regelmäßig vernachlässigt.

Ganz besonders für Lehrlinge wären Wirtschafts- und Finanzbildung eine wichtige Angelegenheit. Denn sie haben schon in jungen Jahren ein regelmäßiges Einkommen und müssen lernen, mit ihrem eigenen Geld richtig hauszuhalten. Dies ist vor allem für den Zeitpunkt wichtig und notwendig, ab dem sie nicht mehr zu Hause wohnen und ihre Lebenserhaltungskosten selbst tragen müssen. Und nicht nur für die Lehrlinge selbst, auch für Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden, stellen junge Menschen, die wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen und Unternehmergeist beweisen, zweifellos einen zusätzlichen Mehrwert dar.

Wenig Aufmerksamkeit

Zwar scheint es nicht daran zu liegen, dass junge Menschen kein Interesse an diesen Bereichen haben. Laut einigen Studien fühlt sich zumindest die Hälfte der Jugendlichen in diesen Bereichen nicht ausreichend informiert und fordert selbst, dass diesem Thema schon in der Schule mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eine IBW-Studie im Jahr 2019 erachtet die "gegenwärtige Ausgestaltung des Wirtschaftsunterrichts" als nicht ausreichend, um "grundlegende Wirtschaftskompetenz zu vermitteln und zur erfolgreichen Bewältigung wirtschaftlicher Lebenssituationen zu befähigen". Zudem zeigte auch eine Studie der AK Tirol in den Jahren 2017 bis 2019 auf, dass bei 14- bis 17-Jährigen hinsichtlich ihrer finanziellen Grundbildung großer Aufholbedarf besteht.

Ein weiterer wichtiger Aspekt fiel außerdem auf: Burschen schnitten bei der Studie deutlich besser ab als Mädchen. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass der Wirtschafts- und der Finanzbereich auch heute noch sehr häufig männlich dominiert sind. Die Frage nach dem Warum ist jedoch – nach dem "Henne-oder-Ei-Prinzip" – kaum zu beantworten: Ist dies der Fall, weil sich viele Mädchen wirklich nicht für Wirtschaft und Finanzen interessieren? Oder ist es eine Folge davon, dass der Fokus in diesen Bereichen einfach noch immer stärker auf ihre männlichen Altersgenossen gelegt wird (und vielleicht schon zu Hause seltener mit Töchtern als mit Söhnen über Geld und Finanzen diskutiert wird). Liegt es daran, dass Mädchen vermittelt wird, dass Wirtschaft und Finanzen eher "Männersache" sind und sie sich aufgrund der fehlenden (Basis-)Kenntnisse erst gar nicht wirklich zutrauen, sich damit wirklich auseinanderzusetzen? Doch auch wenn sich Mädchen aktuell tatsächlich weniger für diese Themen interessieren, kann ihr Interesse mit großer Wahrscheinlichkeit durch vermehrte Bildungsangebote geweckt werden.

Große Bedeutung

Somit ist es nicht nur von entscheidender Bedeutung, Lehrlingen während der Lehrlingsausbildung spezifische Angebote zur Vermittlung von allgemeinem Wissen über Wirtschaft und Finanzen bereitzustellen, sondern auch dabei ganz besonders einen Fokus auf weibliche Lehrlinge und die Stärkung ihrer Kompetenzen in diesen Bereichen zu legen.

Und auch Eltern sollten verstärkt mit ihren Kindern über Geldangelegenheiten sprechen, mit ihren Söhnen und auch ihren Töchtern. Und dadurch schließt sich der (Wirtschafts-)Kreis: Junge Menschen, die verantwortungsvoll mit Finanzen umgehen können, sind weitaus besser in der Lage, als verantwortungsvolle Mitarbeiter in Unternehmen und Teilnehmer unserer Wirtschaft zu handeln und können gleichzeitig die Vorteile unserer Wirtschaft besser nutzen. (Mario Derntl, Laya Harnoncourt, 18.1.2022)