Bild nicht mehr verfügbar.

Manche Superhelden tragen Masken, aber keine Umhänge: Elizabeth Ann, die vor gut einem Jahr zur Welt kam, soll den Genpool der bedrohten Spezies Mustela nigripes erweitern.
Foto: USFWS National Black-footed Ferret Conservation Center / Reuters

Der kommende Frühling wird ein besonderer für Elizabeth Ann: Die junge Iltisdame soll sich erstmals mit einem Artgenossen paaren. Unter den Anwärtern wird derzeit sorgsam der vielversprechendste ausgewählt. Er muss gute genetische Voraussetzungen mitbringen und darf nicht zu aggressiv sein, um für die Partnerin keine Gefahr darzustellen.

Eine wie sie erhält diesbezüglich eine Sonderbehandlung. Elizabeth Ann ist eines der ersten geklonten Tiere einer vom Aussterben bedrohten Art, die die Geschlechtsreife erreicht haben. An ihrem ersten Geburtstag im Dezember wurde dies gebührend mit einer fleischlastigen Torte zelebriert. Auf dem Raubtier, das gut 20 Stunden pro Tag schläft, ruhen hohe Erwartungen – und eine Investition von mindestens 35.000 Euro: Es soll seiner Art, den Schwarzfußiltissen, zu größerer genetischer Varianz verhelfen und so deren Fortbestand sichern.

Anfällig für Krankheiten

Die nordamerikanische Spezies aus der Familie der Marder galt im vergangenen Jahrhundert zeitweise schon als ausgestorben. Ihre bevorzugte Beute, der murmeltierartige Präriehund, hatte populationsmäßig zunächst stark zugelegt und sich durch seine Überfälle auf Getreide- und Gemüseäcker Feinde in der Landwirtschaft gemacht, woraufhin er fast ausgerottet wurde. Dies setzte auch den Iltissen enorm zu.

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Schwarzfußiltis war einst das seltenste Säugetier der Welt. Der Bestand in Nordamerika hat sich etwas erholt – doch die Tiere sind eng miteinander verwandt.
Foto: LuRay Parker / Wyoming Game and Fish Department / Reuters

In den 1980er-Jahren konnten Tierschützer nur mehr wenige Iltis-Exemplare finden, um sie zu züchten und ihren Bestand zu erhöhen: Sieben Individuen stehen seither an der Spitze des Stammbaums aller Wildtierkolonien, die heute noch leben. Die schätzungsweise 10.000 Schwarzfußiltisse sind also sehr eng miteinander verwandt. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich schädliche Mutationen im Genom ansammeln.

Das macht sie besonders anfällig für Krankheitserreger wie das Pestbakterium, zudem werden vermehrt deformierte Knochen und Schwänze beobachtet.

Paarungsbörse und Klonen

Abhilfe schaffen ein Computerprogramm, das die besten Matches auf der Paarungsbörse berechnet, sowie eingefrorenes Iltissperma von verstorbenen Tieren. Der nächste Schritt war Elizabeth Ann: Ihre DNA stammt aus dem Zellkern eines vor 34 Jahren verstorbenen Iltis namens Willa. Deren genetische Ausstattung hat drei- bis zehnmal mehr einzigartige DNA-Fragmente als alle anderen lebenden Artgenossen. Willas Erbgut wurde in eine Frettchen-Eizelle eingesetzt und von einer Leihmutter – Lizzie – ausgetragen; Annie wiederum säugte das neugeborene Baby. So entstand auch der elegant anmutende Name des heutigen Tiers.

Wenn alles gutgeht, paart sich das neugierige Iltisweibchen im Frühjahr mit einem würdigen Männchen – zur Not mithilfe künstlicher Befruchtung. Dann könnte es etwa eineinhalb Monate später drei bis fünf Jungtiere zur Welt bringen.

Revolution im Artenschutz

Das wäre ein Meilenstein in der Geschichte des Klonens. Seit Klonschaf Dolly (1996–2003) hat sich einiges getan, mit dem nötigen Kleingeld werden sogar regelmäßig Haus- und Nutztiere geklont. Doch an die Entwicklungen im Iltisprojekt sind vor allem Hoffnungen für die Bewahrung einiger Arten geknüpft.

Das Nördliche Breitmaulnashorn beispielsweise, von dem derzeit nur noch zwei Repräsentanten leben, könnte durch ein ähnliches Verfahren vor dem Aussterben gerettet werden. Und vor zwei Jahren wurde das geklonte Przewalskipferd Kurt geboren, das ebenfalls den Genpool auffrischen soll. Aktuell lebende Tiere dieser Art stammen von lediglich zwölf Vorfahren ab. Wie beim Iltisprogramm ist hier die Non-Profit-Organisation "Revive & Restore" federführend beteiligt.

Bild nicht mehr verfügbar.

Przewalskipferd Kurt ist wenige Monate vor Elizabeth Ann zur Welt gekommen und soll bald ebenfalls den Genpool seiner Art auffrischen.
Foto: Christine Simmons / San Diego Zoo Global / AP

Gleichzeitig gestaltet sich die Methode nicht so einfach. Die Genetikerin Samantha Wisely von der Universität Florida, die ebenfalls an der Züchtung von Elizabeth Ann mitwirkte, betont, dass für jede Spezies ein eigenes "Rezept" entwickelt werden muss, das auf die jeweiligen Details der Fortpflanzung zugeschnitten ist: "Reproduktionstechnologie ist enorm artspezifisch." Und nicht jede Art eignet sich dafür, immerhin muss einerseits DNA in einer Biobank zur Verfügung stehen, andererseits braucht es die Leihmutterschaft eines nahe verwandten Tieres, das aber nicht in ähnlichem Ausmaß vom Aussterben bedroht sein darf.

Ethische Dimensionen

Das Thema ist auch ethisch heikel. Im Falle der Schwarzfußiltisse wurde sorgfältig abgewogen, ob der Klonversuch überhaupt unternommen werden sollte und unter welchen Bedingungen die Nachkommen wieder in der freien Wildbahn ausgesetzt werden dürfen.

Zudem befürchten Fachleute Nachteile für den Biodiversitätsschutz: Wenn die Möglichkeiten wachsen, sensible Arten im Labor nachzuzüchten, wird womöglich weniger Wert auf den Schutz bestehender Populationen gelegt. Statt auf präventive Maßnahmen zu setzen, könnte durch den Erfolg dieser Methoden letztendlich mehr Geld in das aufwendige "Nachklonen" fließen, das freilich teurer ist als vorausschauender Artenschutz. (Julia Sica, 20.1.2022)