Die Multiinstrumentalisten Christof Spörk (rechts) und Alberto Lovison (links) singen, spielen und tanzen sich im Kabarett "Dahaam" durch die kollektiven Erfahrungen der letzten zwei Jahre.

Ernesto Gelles

Es soll ja im vorpandemischen Zeitalter durchaus Menschen gegeben haben, die ihr trautes Heim eher wie eine Notunterkunft behandelten: Zur Not geht man dorthin halt zum Schlafen, alles andere geht spaßiger auch anderswo.

Seit zwei Jahren aber sind nicht mehr sie die Stars in der Manege, nicht mehr den unbekümmerten Hedonisten, die mit einem A auf 17 Kirtagen tanzen, sondern den häuslichen Biedermeiern gehören die oberen Plätze im Gesellschaftsspiel:

Wer hat die schönsten eigenen vier Wände? Wer die aufmunitionierteste Bücherwand im Rücken zum Schutz vor bösen Zungen im Zoom-Call? Wer weiß super leiwand sozial distanziert mit Haus, Keller, Garten und Hundehütte aufzutrumpfen?

Christof Spörk, promovierter Politologe, Musikwissenschafter, Multiinstrumentalist, früherer Bandleader (Global Kryner) und seit 2011 Solo-Musikkabarettist, kennt beide Welten, den Hedonismus und das Biedermeier. In seinem neuen Kabarettprogramm Dahaam (das sechste insgesamt, Regie: Gabi Rothmüller) hat Spörk nun alle möglichen Eindrücke verarbeitet, die ihm sein Eigenheim im Burgenland in den letzten zwei Jahren lieferte.

Aufmüpfige Rasenmähroboter

Da geht es um aufmüpfige Rasenmähroboter oder ums Offenlassen der Haustür, weil im Kaff eh noch nie was passiert ist. Es geht um den Männergesangsverein als vielleicht letzten Safe Space des Patriarchats, um polygame Söhne und neidische Väter oder auch darum, dass die junge "Corona-Generation" wegen der ausgefallenen Samstagabend-Vollräusche einmal über Milliarden von Synapsen mehr im Hirn wird verfügen können als ihre Vorgänger.

Zur Seite steht Spörk in diesem Programm der italienische Percussionist Alberto Lovison, der einen sympathischen Sidekick abgibt und ebenso multiinstrumental nicht nur das Schlagwerk bedient, sondern auch eine elektrische Zahnbürste.

Musikalisch vermengt Spörk – ob am Keyboard, der Klarinette oder der Steirischen Harmonika – die altwienerische Grandezza eines Georg Kreisler mit der politischen Wachheit Konstantin Weckers. Der Hit des Abends ist ein Lied über die Ironie der Datenschutzverordnung: "Ich stimme zu, immer nur zu." (Stefan Weiss, 2.2.2022)