Das neue Exekutionsrecht hat nicht die erhofften Ergebnisse gebracht.

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Nach zwei Jahren Ebbe bei den Privatkonkursen kehrt die Flut zurück. Laut Daten des Kreditschützers KSV 1870 lag über das Gesamtjahr 2021 gesehen die Anzahl der Privatpleiten mit etwas mehr als 7.200 Fällen deutlich unter Vorkrisenniveau, im Schlussquartal des Vorjahres wurde dieses jedoch wieder erreicht. Für heuer gehen Schuldnerberater davon aus, dass etwa 9.000 bis 10.000 Personen in die Pleite rutschen werden. "Wir erwarten, dass es wieder mehr Konkurse geben wird", erklärt Clemens Mitterlehner, Chef der ASB Schuldnerberatungen.

Dafür sieht er vor allem drei Ursachen: Die staatlichen Corona-Hilfen und Stundungen hätten ebenso für einen Rückstau gesorgt wie die im Sommer des Vorjahres erfolgte Reform des Privatkonkurses, die eine mögliche Verkürzung der Dauer bis zur Restschuldbefreiung von fünf auf drei Jahre brachte. Dieser Rückstau werde nun aufgelöst, zudem bereite die hohe Inflation Sorgen: "Das wird vor allem Personen, bei denen es sowieso knapp ist mit dem Geld, auf Dauer zusätzliche Probleme bereiten", sagt Mitterlehner. Menschen mit geringem Einkommen seien besonders stark von der hohen Teuerung betroffen.

Exekutionsrecht greift noch nicht

Eine erste Bilanz der ebenfalls Mitte 2021 erfolgten Änderungen im Exekutionsrecht zeigt für Mitterlehner, dass diese nicht die erhoffte Wirkung entfalten – nämlich mehr Konkursanträge von überschuldeten Personen. Über Schuldner kann nun eine sogenannte Gesamtvollstreckung verhängt werden, sofern gerichtlich eine offensichtliche Überschuldung festgestellt wurde. Das ist eine Art Insolvenzverfahren, das von Gläubigern beantragt wird, aber nicht zu einer Entschuldung des Gläubigers führt. Um diese zu erreichen, muss der Schuldner einen Konkursantrag stellen.

Im zweiten Halbjahr 2021 seien bloß 333 Fälle offensichtlicher Überschuldung festgestellt worden – bei vermutlich mehreren hunderttausend Betroffenen in Österreich. "Letztlich sind daraus 51 Fälle einer Insolvenzeröffnung geworden", sagt Mitterlehner. Der neue Modus habe sich offensichtlich noch nicht eingespielt, zudem werde die elektronische Abwicklung nur schleppend in die IT der Justiz implementiert.

Fast nur kurze Verfahren

Höher als erwartet ist dafür der Anteil der Pleiten mit drei Jahren Verfahrensdauer ausgefallen, die redlichen Schuldnern offensteht. Statt der von der Regierung prognostizierten 25 Prozent hätten seit der Reform Mitte 2021 bei Abschöpfungsverfahren 98 Prozent diesen Weg gewählt.

Genau aufgeschlüsselt hat unterdessen der KSV 1870 die im Vorjahr eröffneten Privatkonkurse. Demzufolge entfallen mit 62 Prozent fast doppelt so viele Privatpleiten auf Männer, die dafür mit doppelt so hohen Schulden wie Frauen zu kämpfen haben. Insgesamt ging die Schuldenlast aber zurück: 2020 waren Betroffene noch mit durchschnittlich etwa 150.000 Euro verschuldet; im Vorjahr waren es nur noch 121.000 Euro. (Alexander Hahn, 1.2.2022)