Was befand sich auf diesen Festplatten? Diese Frage konnte auch die Staatsanwaltschaft nicht klären.

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Die ÖVP-Schredderaffäre hat mehrere Kapitel: Zuerst waren da die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), ob das Zerstören von Festplatten aus dem Kanzleramt nach Erscheinen des Ibiza-Videos mit Korruptionsverfahren zusammenhängen könnte. Zweites Kapitel war dann das "Störfeuer" durch Oberbehörden, wie es die ermittelnde Staatsanwältin nannte, samt Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft Wien. Die stellte das Verfahren gegen jenen Mitarbeiter von Sebastian Kurz, der unter falschem Namen schreddern ließ und die Rechnung dafür nicht bezahlte, schlussendlich ein.

Im Frühjahr 2021 erhielt die Schredderaffäre dann plötzlich ein Sequel: Die Abgeordneten Kai Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (Neos) hatten wegen ihrer Erkenntnisse aus dem Ibiza-U-Ausschuss eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Sie vermuteten, dass nicht alle Festplatten aus Multifunktionsgeräten (also Druckern) stammten, wie vom Kanzleramt behauptet worden war. Und sie warfen einem hochrangigen Beamten vor, dies in einem Bericht an die WKStA falsch dargestellt zu haben.

Massive Vorwürfe, aber keine Beweise

Die Staatsanwaltschaft Wien eröffnete daraufhin ein neues Verfahren wegen des Verdachts auf Zerstörung von Beweismitteln und wegen Amtsmissbrauchs, Beweismittelunterdrückung und Begünstigung. Ermittler befragten Mitarbeiter des Unternehmens Ricoh, das die Festplatten getauscht hatte, und beschäftigten sich eingehend mit der IT-Infrastruktur im Bundeskanzleramt.

Zwar konnten zwei Festplatten nicht rekonstruiert werden, diese seien aber "jedenfalls nicht geschreddert worden", heißt es in der Einstellungsbegründung. Und warum waren manche Festplatten nicht von Toshiba, wie die meisten anderen, sondern von Hitachi? "Es scheint daher nicht unüblich gewesen zu sein, sich für den Tausch von Festplatten handelsüblicher aus Fachmärkten zu bedienen", sagt die Staatsanwaltschaft. Laut Bundeskanzleramt lägen auch keine Fehlbestände für Notebooks, Stand-PCs oder verbaute Festplatten im fraglichen Zeitraum vor.

Kurzum: Es fehlten Hinweise darauf, dass Festplatten, die nicht aus Druckern stammen, vernichtet wurden. Freilich können auch dort heikle Restbestände existieren, wenn interessante Dinge gedruckt wurden – angeblich gelangten über Druckerdaten im Außenministerium einst Informationen über das "Projekt Ballhausplatz" an die Öffentlichkeit. Was sich auf den Festplatten aus dem Kanzleramt befand, wird vermutlich nie rekonstruiert werden können – die Staatsanwaltschaft hat jedenfalls sämtliche Verfahren eingestellt. (Fabian Schmid, 3.2.2022)